II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 2), Das Bacchusfest, Seite 9

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Zürcher Schauspielhaus.
„Bacchusfest" und „Boubouroche“
Die Ausgrabung und Zusammenstellung zweie
schon von einer dünnen Alterspatina überzogene
Komödien, das noch leidlich frische „Bacchusfest
Tawon Arthur Schnitzler und die tragische Posse
me „Boubouroche“ von Cpurteline, ergab einen amid
persanten Theaterabend, der shauptsächlich den Dar“
lim stellern Gelegenheit gab, sich wohlig ihren dank“
on baren Aufgaben hinzugeben. Literarisch von ges¬
ringerer Bedeutung — besonders die handfest ge
zimmerte Posse des Franzosen — enthalten beid.
Stücke je drei dankbare Rollen und schauspielerisa
war denn auch der Stoff prächtig ausgemünzt.
Der Schnitzler=Akt empfängt sein Salz aus den
ungewohnten Milien der Bahnhofshatte, die Re¬
gisseur Shallecht bis in die letzten Pfauch= und
Türenschlag=Töne herzauberte; ein hübsches Re¬
quisitenkunststück. Die Auseinandersetzung zwi¬
schen der etwas flattrigen Frau Agnes, dem heim¬
kehrenden Gatten und dem Liebhaber, dem die
Felle so nett davonschwimmen, mitten im Hin und
Her der Halle ist gepflegte, wenn auch nicht ins
Letzte ausgefeilte Schnitzler'sche Konversation.
Theo Shall wußte sie weltmännisch und Fflüssig
wie immer zu führen, Carl Goldner zeigte die fa¬
mose Studie eines hohltönenden marklosen Typs:
die Halbheit dieser Null war mit brillantester Tech¬
nik gestaltet. Traute Carlsen saß mit reizender Un¬
sicherheit zwischen den ungleichen Partnern.
Das zweite Stück gibt in einer Skatszene einen
wirksamen Auftakt und geht dann zur Posse über,
die trotz dick aufgetragener Mache künstlerisch ziem¬
lich harmlos bleibt. Aber was machten Eßler
und Goldner aus ihren Rollen! Eßler als Othello
im Spießergewand mit der Abbiegung ins Tra¬
gisch=Lächerliche, ein guter, dummer Teufel, der
sich von der ganzen Welt übers Ohr hauen läßt,
und Goldner, der Jago, ein kriechendes Gewürm,
das sein dickes Opfer umringelt, eine famose, ins
Letzte ausgefeilte und fast schauerliche Grotesk¬
figur. Das Publikum überschüttete diese meister¬
lichen Leistungen, denen Traute Carlsen und
Werner Hinz gut assistierten, mit verdientem Bei¬
fall.
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Schauspielhaus.
„Bas Bacchusfest.“ — „Boubouroche.“
E. S. Schnitzteys Einakter „Das Bacchusfest“.
der in früheren Jahren (öfters bei uns gespielt !
wurde (wenn ich nicht irre, brachte ihn auch das
Gastspiel des Wiener Burgtheaters), ist eine harm¬
# los verlaufende „Eheirrung“=Affäre, die ebenso gutso
1
von Fulda stammen könnte, ja sogar Erinnerungen
an den alten Theaterpapa Görner heraufruft.. Das.
am leichtesten wiegende Stück des Zyklus „Komödie
der Worte“ Gespielt wurde es von Frau Carl=be
ien, den Herren Shall und Goldner mit den
llüren herkömmlicher und bewährter Schauspiel¬
funst — mehr zu tun, ist in diesem Falle auch nichte
möglich. Herr Shall als Regisseur setzte den ganzen
Bahnhofbetrieb in Funktion mit Gepolter, Rauch
und Türenzuschlagen, woran das Publikum, nicht
mit Unrecht, mehr Freude zu haben schien als an
Schnitzlers Stück.
Es folgte eine zweiaktige „tragische Posse“ von
[Courteline: „Boubouroche“ Der arme Herr#
Boubouroche! Seit acht Jahren hat er eine Freun¬
din. Seit acht Jahren wird er betrogen und merk
es nicht. Da öffnet ihm ein Unberufener, ein alten
Türen= und Treppenhorcher, die Augen. Sein In
nerstes kommt in Wallung, und als er den Neben
buhler wirklich entdeckt, will die Sache gar einen
tragischen Ausgang nehmen. Aber nichts geht über
Frauenfalschheit und Weiberlist. „Sie“ dreht den
Spieß um, spielt die Beleidigte, zieht die Gefühls,
register und macht den guten Boubouroche komplet
dumm, daß er ihr gerührt an den Busen sinkt. Den
Unberufenen aber, der ihm der Eisensucht gärend
Drachengift eingeflößt hat, verhaut er. Woraus
die Lehre zu ziehen ist: mische dich nie in anderer
Angelegenheiten, wirf dich nie zum Warner und
Retter Dritter auf, denn sonst kriegst du die Hiebe.
Der Boubouroche des Herrn Eßler wirkte von
selbst. Er war da, und sein Zorn und seine Weh¬
mut — alles war eins, war Boubouroche, wie er
leibt und lebt. Frau Carlsen als Adele ließ
alle weiblichen Künste spielen, sie schmollte und
drohte, lachte und weinte, log und kajolierte, wie es
ergötzlicher und virtuoser nicht geschehen kann.
Frisch, froh, frech gab Herr Hinz den André, der
„alte Herr
des Herrn Goldner war eine so
eigene, so ganz besondere Erscheinung, so zwingend
und konsequent in der Charakteristik, daß er bei
offener Szene spontanen Beifall hervorrief. In
solchen Charakterchargen — ein weites und dank¬
bares Gebiet — scheint Herrn Goldners Stärke
vor allem zu liegen.
Kunsthaus