II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 4

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gesagt, daß es sich im ursprünglichen Kern der Handlung au
die Frage „Arzt oder Priester“ zuspitzt, dann aber vielerle
andere Fragen berührt und im ganzen den Eindruck hinterläßt
neben dem „Weg ins Freie“ wohl das mannhafteste Stüc
im bisherigen Lebenswerk des Wieners zu sein. Das wäre
noch mit wenig Worten zu erläutern, damit das künstlerische
Ergebnis klärlich festgestellt sei.
Der erste Akt spielt in einem Aerztezimmer eines Kranken¬
hauses, das von Wohltätern abhängig ist. Der Oberarzt läßt
den Priester mit den Sterbesakramenten nicht zu einer jungen
Sterbenden, weil sie in der holden Täuschung über ihren Zu¬
stand befangen ist, die dem Nahen des Todes oft trostbringend,
verklärend vorangeht. Der Oberarzt ist in diesem Augenblick
nach seiner tiefsten Ueberzeugung frei von Feindseligkeit gegen
Kirchenglauben und Christentum, nur der Arzt spricht und
handelt aus ihm. Doch tut er das mit einer Schroffheit, die der
unbeteiligte Zuschauer und Zuhörer nicht als notwendig anzu
erkennen vermag und die auch wenig wahrscheinlich anmutet
weil der Oberarzt Jude, in Wien heimisch und kein Jüngling
mehr ist. Der Verfasser des Theaterstücks brauchte einer
scharfen Zusammenstoß; daraufhin nahm er es mit der Wahr
scheinlichkeit in diesem Punkt nicht zu genau. In seinem Be¬
streben, Licht und Schatten tunlichst gerecht zu verteilen, lief
er sich das naheliegende Hilfsmittel entgehen, den freilich seh:
bestimmt auftretenden Geistlichen zu einem hitzigen Eifere¬
zu steigern. So behielt die Grundlage der ganzen Hand
lung, nicht ohne die Nebenwirkung künstlerischer Rücksicht, einer
künstlerischen Makel.
Der Charakter des Titelhelden gewinnt denn auch bis zun
Schluß keine völlig überzeugende Kraft, kein unzweifelhafte¬
Eigenleben. Es geht wie so oft bei Thesendichtungen: der
Hauptträger der Tendenz bleibt Wort, Gedanke, Absicht, Alle
gorie, während aus Nebenfiguren viel glücklich erhaschtes Wirk¬
lichkeitleben aufleuchtet. Die ärztliche Welt, die der Arzt und
Dichter Schnitzler meines Wissens nie zuvor so ausgiebig ge¬
schildert hat, stellt sich hier mit einer Fülle unterschiedlich leben
diger Typen überzeugend und fesselnd dar. Die politische Welt
Oesterreichs wird ziemlich stark hereingezogen; der Konflikt
zwischen Arzt und Priester führt zu parlamentarischen Ränken,
zu gesellschaftlicher Boykottierung des Arztes und schließlich zur
gerichtlichen Verurteilung des Arztes wegen Religionsstörung.
Schnitzler hat es klug vermieden, einen „Märtyrer“ vorzuführen;
sein Held sitzt seine zwei Monate Gefängnis (oder nenn
man es nicht in Oesterreich Kerker? ab, ohne weiteren Schaden
zu nehmen, und hilft sich teils mit Humor und Berufsarbeit
teils mit geschärfter Dialektik gegen den allzu weltklugen
Minister, seinen ehemaligen Studienfreund. Die vielfältiger
Erörterungen, die Schnitzler im Krankenhaus, im Arbeit¬
zimmer des Arztes, im Sitzungsaal der Stiftung, in einem
Gasthofszimmer und endlich im Ministerium unermüdlick
vornehmen läßt, beruhen auf einer freidenkerisch=jüdischen, aber
nicht parteipolitisch versteiften Grundlage. Es sind wirklich
Erörterungen, die den Hauptgegenstand und mehrerlei Neben¬
fragen recht vielseitig beleuchten. In der letzten Szene zwischer
Priester und Arzt, nach der Gerichtsverhandlung, läßt der
Dichter die Vertreter der zwei unüberbrückbar gegensätzlicher
Weltanschauungen zu guter Letzt einander die Hände reichen, ohne
eine sentimentale „Versöhnung“ des Unpereinbaren auch nur
zu versuchen. Das ist menschlich schön. Und das Stück mi
seinem entschlossenen Verzicht auf jedes Liebschaftmotiv führ
auf mannhafte Art ins bewegte Leben der Gegenwart.
Unserer armen Gegenwartbühne hat Schnitzler also einer
Dienst erwiesen. Aber die Kunst, die dramatische Dichtung is
dabei entschieden zu kurz gekommen. (Auch in der Sprache
es gibt da streckenweise, beispielsweise gerade auch zwischer
Priester und Arzt, viele Sätze von bedenklichstem Zeitungs
deutsch.) Ein ernsthaftes, wohl zu erörterndes Theaterstüt
mehr. Aber keine Komödie.
Willy Rath. „
Bericht der öffentlichen Wetterdienststelle Berliner GI
Sonnenaufgang: 7.55 Sonnenuntergang: 3.5
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Ausschnitt ausg
KLINER TAGSLATT
29N001972
vom:
Schnitzlerg „Drofessor Bernhardi“.
Uraufführung im Kleinen Theater.
F. E. Den aus dem Theater Zurückkehrenden trifft die Nachricht
vom Tode Otto Brahms. Um dem Toten sein Recht zu geben und¬
auch dem Lebenden, sei es erlaubt, erst morgen auf Schnitzlers
neuestes Stück einzugehen. Für heute, daß es vom dritten Akt an
stärkeren Beifall fand. Es zählt nicht zu Schnitzlers Bestem, fängt
als schweres und zähes Gesinnungsdrama an und besinnt sich erst in
der letzten Viertelstunde, daß es eine „Komödie“ sein will. So hat
es kein rechtes Pathos und keinen rechten Humor. Schnitzler be¬
handelt den Konflikt des Arztes mit der Kirche am Bett einer Ster¬
benden, und er wirft Lichter auf Politik und mächtige Parteien.
Beides hat dem österreichischen Zensor das Stück unbequem gemacht
und ihn zum Verbot gereizt. Die Darstellung im Kleinen Theater
war musterhaft. Decarli in der Titelrolle, dann Klein¬
Rohden, Herzfeld, Salfner, Landa und viele andere ein
ganzer Stab von Aerzten, zu denen als Nichtärzte noch die Herren
Adalbert und Abel traten, leisteten das Beste, um die Komödie
durch ihre Längen hindurch am Leben zu erhalten.

Galenende den Gerite
Ausschnitt aus: Prager Tugblatt, PAg!
29 NOV 1312
vom:
Schutstere“-„Profesler Vernharot¬
in Berlin.
Vonn, 8. Koventer (Prio) In Arineg
Beuer vundehente Schuttere maneses Bühnen.
nen, de finstutige Kondie „Prosser. dem.
Jad“ der man nach den Wiener Honstwerter
mit besonderem Interesse entgegensah, zum ersten¬
male aufgeführt, und errang einen starken Er¬
folg, der sich in lebhaften Beifallskundgebungen
Were. Die Parstelung vor angesichnet ud
der anwesende Autor konnte mehrmals, insbe¬
sendere nach dem hachbramalischen schr wirsenen
dritten Akt, erscheinen.