II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 33

I8, Berlin
Kunst und Wissenschaft
Kleines Theater
„Professor Bernhardi“. Komödie in sünf Alten
von Arthur Schnitler—
Arthur Schnitzler hat einmunges Stück schreiben wollen, ein
Stück von der Verquickung der Politik mit Religion; doch ihn
verließ, nachdem er einen beherzten Anlauf genommen hatte, die
Courage. Oder vielleicht hat er das mutige Stück gar nicht
schreiben wollen, sondern, seiner Art entsprechend, nur ein nach¬
denkliches und ironisches, und dabei ist ihm aus Versehen ein starker
zweiter und ein noch kräftigerer dritter Akt gelungen? Jedenfalls
hat er in den zwei letzten Akten die Kampfstimmung, die er im
Zuschauer geweckt hat, in Nachdenklichkeiten und Betrachtungen der
verschiedenen Standpunkte ertränkt, und seine Angriffslust zeigte
sich nur noch in müden Sarkasmen. Die wienerische Note siegte,
und die Wiener Not blieb unbehelligt am Wege. Wozu der Lärm?
mußte man am Schlusse der Komödie fragen, die wegen seines für
die Wiener „Maßgebenden“ heiklen Stoffes in der Heimat
Schnitzlers verboten worden ist.
Professor Bernhardi, der Direktor eines großen Wiener Kran¬
kenhauses verbietet einem Geistlichen den Zutritt zu einer Ster¬
benden, weil diese von ihrem bevorstehenden Tode nichts weiß, im
Gegenteil in das Stadium der Euphorie, einer gesteigerten Lebens¬
frende und Hoffnung geraten ist. Eine hysterische Krankenschwester
#nu der Kromodle „Pantpis dan v. 2—.
verrät der Kranken, daß der Geistliche draußen wartet, um ihr
das Sakrament zu reichen, worauf diese sofort stirbt. Diesen
Fall greifen die Klerikalen und Antisemiten auf, um ihn politisch
auszuschlachten und besonders an Bernhardi ein Exempel zu sta¬
tuieren, der obendrein Jnde ist und ihrem Wunsche, die Besetzung
einer frei werdenden Stelle im Krankenhause mit einem unfähigen,
aber politisch genehmen Arzte
zu
besetzen, sich nicht
fügte. Es kommt zu
einer Intervellation im Reichsrat.
Der kompromisselnde Kultusminister, ein Jugendfreund Bernhardis,
der ihn hatte stützen wollen, verlor während seiner Rede gegenüber
den stürmischen Zurufen den Mut und sagte eine gerichtliche Unter¬
suchung wegen Religionsstörung zu. In einer stürmischen Pro¬
fessorensitzung legt Bernhardi gegenüber den Intrigen eines Teils
seiner eigenen Kollegen das Direktorium nieder. — Das ist der
kämpferische und lebendige Auftakt, der Dreifünftel des Werkes
ausmacht. Nun kommt der müde Abstieg. Bernhardi wird auf
Grund falscher Aussagen zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt.
Er verzichtet auf weitere Rechtsmittel und auf Gnade, sondern
sitzt die Strafe sofort ab. Im letzten Akt ist er frisch und gesund aus
der Haft entlassen, ist politisch so populär, daß er vor seinen An¬
hängern flüchten will,
denn er ist nur Wissenschaftler und
Arzt und will von Politik nichts wissen, er will nur seine
Ruhe haben; und eine neuerliche Aussage jener Krankenschwester,
daß sie damals ein falsches Zeugnis abgelegt hat, jagt ihm nur
Schreck ein. Ihm ist es gleichgültig, ob er in der Oeffentlichkeit
Recht behält oder nicht. Soll der ganze „Schwindel“ wieder von
vorn anfangen? . . . Damit hat Schnitzler uns selbst die Gleichgültig¬
keit des ganzen dramatischen Streitfalls aufoktroyiert. Der
Pulverdampf verfliegt, und man sieht, daß keine rinzige Kugel ge¬
troffen hat. Schnitzler hat uns wieder einmal nur zeigen wollen:
Kinder, regt Euch nicht auf! Es lohnt sich nicht. Der Wahrheits¬
mut ist ebenso gleichgültig wie das Kompromisseln. Und ob
Intriganten siegen oder nicht siegen, ob der Wahrheitskämpfer treu
bleibt oder nicht, darauf kommt es ja gar nicht an. Menschen,
Menschen sind wir alle.
Die Feststellung, daß die neueste Komödie Schnitzlers durch
ihre Behutsamkeit und ihren Mangel an Konsequenz sich selbst vernichtet,
wird hier vom rein künstlerischen Standpunkte aus getan. Nicht
weil die Klerikalen und Antisemiten keine Abfuhr erhalten, nicht
weil Professor Bernhardi den Kampf, den er ursprünglich auf¬
nehmen wollte, sehr rasch wieder aufgibt, ist das Stück zu verur¬
teilen. Es hätte eine prächtige Komödie werden können, auch
wenn Schnitzlers Sympathie auf Seiten der Gegner des Libe¬
ralismus gestanden hätte. Es hätte auch eine prächtige Komödie
werden können, wenn er von Anfang an den ganzen Fall von einer
höheren Warte aus ironisch behandelt hätte. Der künstlerische Fehler
liegt eben darin, daß das Stück zwei Stilarten zeigt, daß
der erste und zweite Teil sich nicht vereinigen lassen.
Die drei ersten Akte sind Teile eines Gesinnungsstückes, eines
Thesendramas, die letzten zwei Akte das Gegenteil. Es ist schade
darum; denn Schnitzler hat hier eine Reihe lebenswahrer
Charaktere geschaffen, und sein Dialog ist, von einigen Längen ab¬
gesehen, wiederum fesselnd, treffend und meistens charmant. Dazu
kommt, daß die ersten Akte auch technisch vorzüglich gearbeitet sind.
Die Regie Barnowskys hatte für die ersten drei Akte,
entsprechend ihrer Kampfstimmung, ein beflügeltes, feuriges Tempo
genommen, die letzten zwei Akte wurden entsprechend der über¬
handnehmenden philosophischen Tendenz schleppender. Die Auf¬
führung war durchweg gut. Bruno Decarli als Gast aus
Leipzig in der Titelrolle, Klein=Rohden als sein gegnerischer
Kollege, die anderen Professoren (das Stück enthält bis auf die
Episode der Krankenschwester nur Männerrollen), so Guido Herz¬
feld, Heinz Salfner, Platen, Wolff, Wurmser
— alle sind mit
warmem Lob zu nennen. Das gleiche gilt von dem Kultus¬
minister des Herrn Landa, vom Hofrat des Herrn Adalbert, vom
Geistlichen Alfred Abels und dem geplagten jüdischen Landar##
Dr. Feuerzugun des John Gottowt. Der Beifall war, nach dem
dritten Ak süisch, flaute aber nachher ab.
p.
ueschalt aus! hr Est, Budagast
Wpernter.
Schnltzier- premter Verlinben.
Gerlnber-Tarkentorzält: A. Kiemes
Theaterben legnap este ulattak be
Schn#zr Artur Bernhardi proesz¬
Szore cimü uj darabjat, a melynek
bécsi clöadnsät a cenzura indva¬
lévöen betiltotta. A premièren ki¬
tünt, hogy az az ok, a mely mialt
Bérsben betiltolläk a darrbot, esak
az oszträkok szümära fontos, a pro¬
testans Beilint a darab vallási kon¬
Miktusa nem nagyon igathafja. A
konfliktus az, hogy Bernhardi ta¬
när, a kl egy nagy körhäz ignz¬
gatoja, nem engedi egy beteg halalos
ngyähoz a papol az utolsó kenettel,
mee pedig az en beriesseg nevenen,
mert a pap megielenése felvilägosi
land a beteget menthetetlen ällapo¬
täröl. Bernhardi pro esszor azonben
zsido erber, a eselekmény a bécsi
keresztény-szochälista uralom idejen
jätszik és igy az eselet politikai okok¬
bôl kihasznalják és Bernhardi pro¬
fesszort vallashäbori ás cimen elitel¬
tetik. A tendenciatól elrekintve a
darab pompäs felépitése, dialögusal¬
nak linomsäga es elmessege meglio,
dilolta a beilni közönseget.
Ausschnitt aus Budapesti Hirlap
vom:
30
B

* (Schnitzler-bemutató Berlinben.) Berlin¬
böl jelehli levelezönk: Ma került bemutatóra Schnifz.
der Arturnak Bécsben eltiltott uj vigjätéka: Bern¬
hardi professzor a Klenics Thealer-ben. Az uidonsäg
zajos külsd sikert aratoft. Schnitzler ötletes. elmés
dialögusa gyuitott, mulattalott, de a drämai bonyo¬
dalom, a melyért a bécsi cenzor szükebb hazäjaböl
Szämüzte, nem tudta a közönséget fölmelegiteni.
Bernhardi orvos-tanär az utolsó pillanatig meg
akaria örizni a beteg reményeit. Nem engedi haldlos
ügyähog d lelkipäsztort. Ezèrt összeütközésbe kerül
körhäza vezelöségével, az egyhäzzal s a kormännyal.
Es mert Bernhardi zsidó, belejätszik a darabba az
oszträk klerikülizmus, a bécsi antiszemitizmus, Ezt
az éles konfliktust Schnitzler nem fudta sem drä¬
mai magassägba emelni, sem megoldani. Csak az
életböl ellesett es kitünden megfigyelt külsösegek
csilloglak a darabban. A közönség egész este kitü¬“
nöen mulatott.

Ausschnitt aus:
Pestl Naplé, Bndspest
SONoV 1972
vom:

—(*) Schnitzler-premier Berlinben. Berlinböl
#elentik: A Bécsben betitott „Professor Bernhardi“
cimü Schnitzler-darab a tegnap esti premièren nagy
sikert aratott a Kleines Theaterben. Különösen a har¬
madik felvonäs hatott, amelyben a tanäri kollégium
lemondäsra kényszeriti Bernhardit igazgatói älläsd¬
röl. Az elöadäs nagyszerü volt. A szerzö többször
megielenhetett a lämpäk elôtt.