eS8
Be
box 30/1
25. Proforrnbardi
ganzen Kraft eines zum Kämpfer geborenen, zum des heute an andern Altären betenden Theaterbe
Feuilleton. 1
Helfer erkorenen Mannes für sie einsetzte; der sie mit
triebes verehrend im Gedächtnis behalten.
U E
aller Lauterkeit seines Wesens förderte und ihr mit
Berliner Theater.
Heute — heute stehen wir mitten im Verfall
der Einseitigkeit des Fanatikers, aber auch mit der
Reinhardt repräsentiert sozusagen das Rom der Kai#
Als man ins Kleine Theater kam, erfuhr man.
Treue eines edlen Tieres bis zum letzten Atemzug
serzeit. Aber die Vergnügungsstätten neben ihm er
Otto Brahm, der Direktor des Lessingtheaters,
ergeben blieb — das war Otto Brahm.
füllen uns nicht mit dem Gedanken an die ruhm¬
liege im Sterben. Tiefe Teilnahme bemächtigte sich
Damals lohnte es noch, über dab Theater zu
volle Gegenwart, sondern lassen uns den umschleier
der Anwesenden....
schreiben. Es war eine von allem Firlefanz freie
ten Blick in die Vergangenheit zurücklenken.
Der Zufall, der das Leben beherrscht, hatte es
Kunst. Mehr: eine Lebensangelegenheit. Von hier
.Als der vierte Akt der Schnitzlerschen Komö
gefügteaß just an diesem Abend Arthur Schnitz¬
aus traten Ibsen und Hauptmann ihren Siegeszug
die begann, war die Nachricht vom Tode Otto Brahms
ler in Wien verbotene Komödie
drchdie Lande an. Hier wurden die literarischen
eingetroffen. Wir grüßen dich, du mutiger Kämpfer
Bernhardi“ in Berlin ihre Feuerprobe bestehen
Schlachten ausgefochten.
du Sieger ohne Hochmut. Wir legen dir den Lor¬
föllte, — das erste Schnitzlersche Werk, das nicht bei
Auch Brahm vermochte natürlich nicht, die ein¬
beer auf die Bahre, du singulärer Mensch in eine#
Brahm, sondern bei seinem Nachfolger Barnowsky
mal erreichte Höhe zu behaupten. Seine Dichter
lauen Zeit!“
in Szene geht.
hielten seinem Wagemut nicht gleichen Schritt; seine
Der erste Akt führte uns an die Schwelle eines
Schauspieler flüchteten teilweise zu andern Göttern.
Sterbezimmers. Jedes Wort, das da über die letzten
Der Lebende verlangt sein Recht. An demselben
Schon in den letzten Jahren seiner Direktionsfüh¬
Augenblicke eines armen Menschenkindes gesprochen
Abend feierte Arthur Schnitzlers „Professor Bern¬
rung am Deutschen Theater war ein Abstieg unver¬
wurde, war in doppelter Beziehung belangvoll.
kennbar.
hardi“*) im Kleinen Theater einen Triumph, der zum
Man erinnerte sich jenes unvergleichlichen Abends
Hälfte auf das Konto der unvergleichlichen Darstel¬
Als er dann ins Lessingtheater übersiedelte, wech¬
vor sechzehn Jahren, an dem Arthur Schnitzlers köst¬
lung zu setzen ist. Herr Barnowsky hat mit dieser
selte er nur den Schauplatz seiner Tätigkeit, nicht
lichste Dichtung „Liebelei“ von Otto Brahm. damals
neuen Regietat seine fest begründeten Rechte auf
seine Prinzipien. Auch ihm blieben Kompromisse
noch im Deutschen Theater, aufgeführt wurde. Seit¬
die Nachfolge im Lessingtheater erwiesen.
nicht erspart, aber die Konsequenz war seines Le¬
dem hat man ein Kapitel deutscher Theatergeschichte
Die Komödie setzt mit einem schwerwiegenden
bens Leitstern. Und die Konsequenz führte ihn ge¬
miterlebt. Eines der glorreichsten Kapitel. Im Deut¬
Konflikt ein. Professor Bernhardi untersagt einem
legentlich zur Enge. Aber dann raffte er noch ein¬
schen Theater wurde die deutsche Theatergeschichte
Priester, ein sterbendes junges Mädchen mit den
mal alle Kraft zusammen und stellte Ibsens Werk
gemacht. Und der sie machte, hieß Otto Brahm. Die
letzten Tröstungen der Religion zu versehen, weil
mustergültig in einem Zyklus dar. Unauslöschlich,
zehn Jahre, die er dort regierte, sind mehr als ein
sich die Patientin im Zustand der „Euphorie“ befin¬
unwiederbringlich. Menschen, die diese vollendeten
strahlender Abschnitt der Theatergeschichte — sie sind
det, also völlig im unklaren über ihr nahes Ende
Aufführungen miterlebt hatten, schüttelten sich die
Lebenseindrücke geworden. Unauslöschlich, unwieder¬
ist und durch den Eintritt des Geistlichen jäh aus
Hand zum Zeichen ihrer Zusammengehörigkeit. Das
bringlich. Eine neue Kunst hatte mit dem Ungestüm
ihrer Illusion gerissen würde. Hie Priester — hie
Theater — eine Lebensangelegenheit. Wir haben es
der Jugend an die Pforte gepocht. Der ihr die Tore
Arzt; hie Glaube — hie Wissenschaft.
miterlebt, wir werdenses in dankbarer Erinnerung
sperrangelweit öffnete; der von Anbeginn einsah, daß
Der Konflikt wird erschwert, dadurch, daß Pro¬
bewahren, und wir wesden Otto Brahm, den Cato
dieser Jugend die Zukunft gehöre; der sich mit der dieser Epoche, alt die fußergewöhnlichste Erscheinung
*) Buchausgabe: S. Fischer Verlag, Berlin.
Be
box 30/1
25. Proforrnbardi
ganzen Kraft eines zum Kämpfer geborenen, zum des heute an andern Altären betenden Theaterbe
Feuilleton. 1
Helfer erkorenen Mannes für sie einsetzte; der sie mit
triebes verehrend im Gedächtnis behalten.
U E
aller Lauterkeit seines Wesens förderte und ihr mit
Berliner Theater.
Heute — heute stehen wir mitten im Verfall
der Einseitigkeit des Fanatikers, aber auch mit der
Reinhardt repräsentiert sozusagen das Rom der Kai#
Als man ins Kleine Theater kam, erfuhr man.
Treue eines edlen Tieres bis zum letzten Atemzug
serzeit. Aber die Vergnügungsstätten neben ihm er
Otto Brahm, der Direktor des Lessingtheaters,
ergeben blieb — das war Otto Brahm.
füllen uns nicht mit dem Gedanken an die ruhm¬
liege im Sterben. Tiefe Teilnahme bemächtigte sich
Damals lohnte es noch, über dab Theater zu
volle Gegenwart, sondern lassen uns den umschleier
der Anwesenden....
schreiben. Es war eine von allem Firlefanz freie
ten Blick in die Vergangenheit zurücklenken.
Der Zufall, der das Leben beherrscht, hatte es
Kunst. Mehr: eine Lebensangelegenheit. Von hier
.Als der vierte Akt der Schnitzlerschen Komö
gefügteaß just an diesem Abend Arthur Schnitz¬
aus traten Ibsen und Hauptmann ihren Siegeszug
die begann, war die Nachricht vom Tode Otto Brahms
ler in Wien verbotene Komödie
drchdie Lande an. Hier wurden die literarischen
eingetroffen. Wir grüßen dich, du mutiger Kämpfer
Bernhardi“ in Berlin ihre Feuerprobe bestehen
Schlachten ausgefochten.
du Sieger ohne Hochmut. Wir legen dir den Lor¬
föllte, — das erste Schnitzlersche Werk, das nicht bei
Auch Brahm vermochte natürlich nicht, die ein¬
beer auf die Bahre, du singulärer Mensch in eine#
Brahm, sondern bei seinem Nachfolger Barnowsky
mal erreichte Höhe zu behaupten. Seine Dichter
lauen Zeit!“
in Szene geht.
hielten seinem Wagemut nicht gleichen Schritt; seine
Der erste Akt führte uns an die Schwelle eines
Schauspieler flüchteten teilweise zu andern Göttern.
Sterbezimmers. Jedes Wort, das da über die letzten
Der Lebende verlangt sein Recht. An demselben
Schon in den letzten Jahren seiner Direktionsfüh¬
Augenblicke eines armen Menschenkindes gesprochen
Abend feierte Arthur Schnitzlers „Professor Bern¬
rung am Deutschen Theater war ein Abstieg unver¬
wurde, war in doppelter Beziehung belangvoll.
kennbar.
hardi“*) im Kleinen Theater einen Triumph, der zum
Man erinnerte sich jenes unvergleichlichen Abends
Hälfte auf das Konto der unvergleichlichen Darstel¬
Als er dann ins Lessingtheater übersiedelte, wech¬
vor sechzehn Jahren, an dem Arthur Schnitzlers köst¬
lung zu setzen ist. Herr Barnowsky hat mit dieser
selte er nur den Schauplatz seiner Tätigkeit, nicht
lichste Dichtung „Liebelei“ von Otto Brahm. damals
neuen Regietat seine fest begründeten Rechte auf
seine Prinzipien. Auch ihm blieben Kompromisse
noch im Deutschen Theater, aufgeführt wurde. Seit¬
die Nachfolge im Lessingtheater erwiesen.
nicht erspart, aber die Konsequenz war seines Le¬
dem hat man ein Kapitel deutscher Theatergeschichte
Die Komödie setzt mit einem schwerwiegenden
bens Leitstern. Und die Konsequenz führte ihn ge¬
miterlebt. Eines der glorreichsten Kapitel. Im Deut¬
Konflikt ein. Professor Bernhardi untersagt einem
legentlich zur Enge. Aber dann raffte er noch ein¬
schen Theater wurde die deutsche Theatergeschichte
Priester, ein sterbendes junges Mädchen mit den
mal alle Kraft zusammen und stellte Ibsens Werk
gemacht. Und der sie machte, hieß Otto Brahm. Die
letzten Tröstungen der Religion zu versehen, weil
mustergültig in einem Zyklus dar. Unauslöschlich,
zehn Jahre, die er dort regierte, sind mehr als ein
sich die Patientin im Zustand der „Euphorie“ befin¬
unwiederbringlich. Menschen, die diese vollendeten
strahlender Abschnitt der Theatergeschichte — sie sind
det, also völlig im unklaren über ihr nahes Ende
Aufführungen miterlebt hatten, schüttelten sich die
Lebenseindrücke geworden. Unauslöschlich, unwieder¬
ist und durch den Eintritt des Geistlichen jäh aus
Hand zum Zeichen ihrer Zusammengehörigkeit. Das
bringlich. Eine neue Kunst hatte mit dem Ungestüm
ihrer Illusion gerissen würde. Hie Priester — hie
Theater — eine Lebensangelegenheit. Wir haben es
der Jugend an die Pforte gepocht. Der ihr die Tore
Arzt; hie Glaube — hie Wissenschaft.
miterlebt, wir werdenses in dankbarer Erinnerung
sperrangelweit öffnete; der von Anbeginn einsah, daß
Der Konflikt wird erschwert, dadurch, daß Pro¬
bewahren, und wir wesden Otto Brahm, den Cato
dieser Jugend die Zukunft gehöre; der sich mit der dieser Epoche, alt die fußergewöhnlichste Erscheinung
*) Buchausgabe: S. Fischer Verlag, Berlin.