II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 132

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B
25 ProfzOernhandi
in welcher
ein wissenschaftliches Heilinstitut gegründet. Gleichsam ein
Liberalis¬
außerstaatliches Krankenhaus, dessen Getriebe in kleinerem
aktion auch
Maße dem Getriebe einer medizinischen Fakultät ähnelt.
und Gleich¬
Er hat durch seine Persönlichkeit sich die Verbindungen
icht hatten,
geschaffen, welche dem auf Unterstützungen angewiesenen
Rasse, die
Institut seinen Bestand ermöglichen. Er ist Erfinder,
das den
Begründer und Erhalter dieser Neuform einer wissen¬
im Anstieg
schaftlich=klinischen Anstalt. Und trotzdem wollen auch hier
die Ellenbogen=Politiker Wandel schaffen. Arier und
frage
Juden, die bislang neben= und miteinander an dem
im Unter¬
Werke gearbeitet, stehen allmählich — gegeneinander. Den
llgemeinen
von Bernardi selbst gewählten Professor lder Chirurgie
oder einer
Dr. Ebenwald treibt ehrgeizige Sehnsucht, an die Spitze
sgleichende
des Instituts zu gelangen. Und schon gärt es in der
zu einer
kleinen Menschengruppé dieses kleinen Weltbildes. Schon
der Allge¬
nimmt Vorteil, Feigheit, Ueberklugheit und allgemeine
tom einer
Lust am Verrat diesen und jenen ins Schlepptau. Schon
vor.
ist die Einheit gelockert. Schon werben die „Reinigung“
Problem
erstrebenden Aner sich den notwendigen Sukkurs der
Juden.
eie“ eine
seinander¬
Benardi bleibt diesen Unterwühlungen unbefangen
ium, war
gegenüber. Oder er tut wenigstens so. Er fühlt sich stark
rlebnisses,
und sicher, fühlt sich als des Instituts Seele. Und das
matischer
angesammelte Konflikt=Dynamit würde auch wohl niemals
lebnisses“
seine Sprengkraft offenbaren können, wenn nicht von
ungefähr ein Zufallsfunke hier gezündet hätte.“
steht
Denn das die Spannung in Entladung wandelnde
Moment findet Schnitzler durch die Einbeziehung eines
ge¬
Problems, welches ja eigentlich auch nur immer mit der
Ghetto=Wiederauferstehung lebendig wird. Der militante
Klerikalismus glaubt an die Judenfrage nur, wenn er sie
lich=#
zu Zeiten politisch braucht. Und die von Hetzkaplänen
eber,
aufgebauschte, von den im „Elisabethinum“ Bernardi an¬
der
springenden Gegnern geschickt benützte Meinungsver¬
en Dr.
schiedenheit, welche zwischen Vernardi und einem katholischen
wies
Geistlichen ausbricht, steht als dramatisches Begleitmotiv im
Volke
engsten logischen Zusammenhang mit dem angeschlagenen
Grundthema. Der Seelensorger will einer Sterbenden,
die auf der Abteilung des Professors Bernardi liegt, die
en und
letzte Oelung geben. Ahnungslos des Endes, befindet sich
chen und
die Kranke in einem ekstatischen Moment der Freude und
Bernardi
der vollkommensten Schmerzlosigkeit. Sie wird, ohne das
raft fünf¬
Grauen des Abschiedes kosten zu müssen, frohen Jugend¬
einsetzt,
gefühls voll, ins Dunkle entschwinden können. Die Vor¬
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bereitung auf den Tod wäre hier gleichbedeuteno mit
um, die Behandlung eines
qualvoller Todesgewißheit. Als Arzt, der den ihm an¬
Es liegt ihm fern,
vertrauten Körper nicht von der Seele zu trennen ver¬
der zwischen Bernardi
mag, will Bernardi, der eben das Hoffnungsglühen mit¬
steht, die Frage v#
angesehen hatte, welches ein seltenes Mitleid der Natur
zu entrollen. Bernardi ty
hier vor dem Nachtwerden entzündete, dem Willen der
Frondeurs fertig in der
Kirche entgegentreten. Er bittet in diesem einen
das Drama entspringt nich
Fall von dem Rechte Gebrauch machen zu dürfen,
eine heldische Kraft um de
seine Kranke jeder Aufregung zu entziehen. Menschlich
kämpft. Sondern erst dur
bewegt, doch als Priester unerbittlich, muß der Seelen¬
sich Fragen ein, die dem
sorger diesen Vorgang beim Kapitel zur Anzeige bringen.
der bislang nur die Inter
Er selbst fühlt es wohl, und alle jene, die Zeugen der
dunkle Färbung seelischer
Szene gewesen, wissen es, daß hier kein Fall einer
prinzipiellen Auflehnung gegen die Gesetze der Kirche
Selbst eine übervorsi
vorlag. Daß es der warmherzigen Impulsivität Bernardis
Stück ruhig freigeben müssen
entsprach, Sterben und Sterben zu differenzieren, und
daß es rein psychologische
daß er deshalb die „Euphorie“, der Kranken als Aus¬
giöse Gewissensfragen, um di
nahmsgesetz empfunden sehen wollte. Aber dennoch muß
Dr. Flint, von Färbung
liberaler Oportunist,
der Einzelfall zu typischer Bedeutung aufgebauscht werden.
Denn er paßt der klerikal=antisemitischen Partei trefflich
schwäche nach außen hin zu
nachdenklichen Sätzen das P#
als Agitationsmittel; und den deutschnational = anti¬
das eigentliche Motiv des 2
semitischen Kollegiumsmitgliedern des „Elisabethinums“
trefflich als Hebel zum Sturze seines judenliberalen Be¬
In einem Gespräch sagt
gründers.
sagen, mein lieber Bern
unbeträchtlichen Einzelfall
Die Jagd beginnt. Vier Akte hindurch sehen wir
willst, überzeugungstreu
Bernarzi zum unfreiwilligen Helden emporwachsen. Ein
sich darum, der imman
Gelegerheitsheld einer Gelegenheitstat. Welcher mannhaft
Lebens mit Treue zu
die Koisequenzen einer Handlung trägt, die ihn der
das ist der Blick fürs Weset
Oeffentichkeit gegenüber zum militanten Freigeist stempelt,
obwohl er im innersten Grund seines Wesens ein Gleich¬
zeugungstreue doch nur
kommt nicht aufs Rechthab
gültige in Dingen religiöser Observanz ist und überhaupt
aufs Wirken im Großen. 1
ein Statsbürger comme il faut. Hier liegt der tiefe
kens hinzugeben für das
Unterschied zwischen der Anzengruberschen Tendenz¬
irgend einem gleichgültigen
dramatk gegen die Dunkelmänner und dieser Schnitzlerschen
haben, erscheint mir nicht n
Problemstellung. Anzengruber war der Konflikt zwischen
Sinn unmoralisch.“
Gewissensfreiheit und Kirchenzwang das Grundmotiv seines
Schaffens. Er warder dichterische Anwalt der Kulturkämpfe
Und ein zweitesmal
die aus Oesterreichs Konkordatszeit weit ins folgende
liches vom Verschweigen ma
Jahrzehnt nachzitterten. Ihm war die Bekämpfung der
gilt, ein schönes Detail der
Kircherpräponderanz, die zu der Unterjochnung freien
opfern. Der Priester, den S#
Rechte und freier Vernunft führte, dramatischer Selbst¬
seiner Weise sogar freidenken
zweck. In Schnitzlers Bernardi lebt nichts von diesem
Gerichtssitzung, in der Bern
Notschlei einer anderen Epoche. Ihm geht es hier nur I verurteilt wurde, in dessen H#
um das persönliche Recht eines Einzelnen und treibt: daß es Bernardis Re¬
.