sophische Gedanke des Sakraments
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zu betrachten, das an der Grenze des Endli¬
box 30/2
25. Prof ar Bernhandi
chen und der Unendlichkeit sich aufrichtet. Der
philosophischen Ausführung, die unerläßlich
gewesen wäre, hätte sich allerdings nur ein
großer Dichter fähig gezeigt. In diesem
Belange versagt die Komödie Ar¬
tur Schnitzlers vollends, da sie an die
Philosophie kaum leise tupft und ihre fünf
Akte sich durchaus ins Dingliche, in die poli¬
unslienangsor onst d.winr.
tische Faustrede und Fingersprache,
in die Phrase des Alltags, der Bezirks¬
aus Pressburger Tagbatt
versammlungen der Tischgesellschaft
1- 5 1913
medizinischer Kannegießer verlie¬
ren. Demgemäß verdickt sich der sonst so gra¬
ziöse, leicht schwebende Schnitzlersche Dialog,
und weniger die oft bewunderte Biegsamkeit
Ein Jude über „Professor Bernhardi“.
als die Schlagkraft der Worte wird erprobt.
In der gestrigen Nummer des „N. W. Tag¬
Dieser Hang zür Banalität, der in
blatt“ findet sich ein Feuilleton aus der Feder
des bekannten Wiener Schriftstellers Dr. Ro¬
einer Schnitzlerschen Komödie gar fremd an¬
bert Hirschfeld. Der Aufsatz führt den Ti¬
mutet, offenbart sich schon im ersten Griffe, in
tel: „Innere Zensur“ und behandelt in völlig
der Formulierung des ohnehin eng um¬
sachlich=kritischer Weise das Arthur Schuitzler¬
schnürten Problems. Artur Schnitzler begnügt
sche Tendenzstück „Professor Bernhardi“ des¬
sich nicht, dem Pfarrer, der die Pflicht seines
en Aufführung in Pozsony durch das Thea¬
geistlichen Amtes zu erfüllen strebt, einen
terkomitee inhibiert wurde.
Mann der Wissenschaft entgegenzustellen —
Dr. Hirschfeld führt aus, es gebe auch
nein, das Problem wird dadurch noch verkno¬
„eine innere Zensur, die dem Gemüte
tet, daß Professor Bernhardi Inde ist. Der
die Teilnahme an einem Werke verbietet.“
allgemein religiöse Konflikt wird damit zu
Diese innere Zensur „ist stärker als der
den Fragen der Rasse und des Bekenntnisses
gewaltsame äußere, weil sie aus dem ästhe¬
abgelenkt, die in dem ganzen Stück nicht zur
tischen Urtheil fließt, das keinen Ein¬
Ruhe kommen und in grelle Tendenz aus¬
spruch gestattet.“ Sodann schreibt Dr. Hirsch¬
schlagen. Der Dichter schwingt sich noch einmal
feld:
auf einen schon fast beruhigten Kampfplatz hin¬
„Professor Bernhardi, Direktor der Wiener
ab und füllt ihn wieder mit ärgerlichem
Poliklinik oder des Elisabethinums, wie sie
Zank. Die Komödie schreckt auch vor unver¬
im Stücke genannt wird, verbietet dem Pfar¬
dienter Kerkerstrafe, die Professor Bernhardi
rer, der einer Sterbenden die letzten Tröstun¬
erduldet, nicht zurück, und liefert ihm ex ma¬
gen reichen will, den Zutritt zu der Kranken.
china auch nach bekanntem Beispiel die rei¬
Diese hat eine schwere Schuld auf sich geladen.
tende Revision seines Prozesses.
Sie weiß nicht, daß sie in wenigen Minuten
Professor Bernhardi bleibt Sieger, aber
verloren ist. „Sie ist heiter,“ sagt Professor
ist beileibe kein großer Held. Unter al¬
Bernhardi zum Pfarrer, „glücklich und reue¬
len Starrköpfen und Rechthabern
los“ Der Pfarrer aber, der nicht eingelassen
der Literatur verdient dieser Professor Bern¬
wurde, als sie starb, klagt: „Das arme Ge¬
hardi die geringste Sympathie. Sein
schöpf da drin ist als Sünderin und ohne die
anmaßender, immer überlegener Tou wird
Tröstungen der Religion dahingegangen
unert räglich wie sein Eigendünkel,
Wir sind somit vor ein Problem gestellt,
seine Eigenliebe; er deklamiert in einem¬
das dem Gläubigen nichts weniger
fori von seinem unbengsamen Rechtssinn, von
denn als Problem erscheint und
seiner Unbeirrtheit; er belehrt ewig die
als sakramentaler Bestandteil der
Umwelt; auf Menschen und Dinge sieht er wie
Religion vor der weiteren komö¬
von unnahbarer Höhe herab; von seiner Un¬
dienhaften Erörterung, wie sie dem
sehlbarkeit, die ihn nicht hindert, Torheiten
Autor des „Professor Bernhardi“ bellebte,ku begehen, ist er durchdrungen. Erst am Ende
empfängt auch er von einem Hofrat eine derbe###
Lehre: „Wenn man immerfort das Richtige
täte, oder vielmehr, wenn man nur einmal in
der Früh, so ohne sich's weiter zu überlegen, 3
aufing', das Richtige zu tun und so in einem¬
fort den ganzen Tag lang das Richtige, so säße
man noch vor'm Nachtmahl im Kriminal.“
Die Sprache ist uns vertraut. Der Hofrat hat
von Max Burckhardt, dessen Andenken
Artur Schnitzler seinen „Professor Bernhardi“
widmete, den feschen Zynismus geerbi
Auch mit anderen Porträts, deren Urbilder
in Wiener Arztekreisen mihr oder minder
freudig wiedererkannt werden dürften, hat
Artur Schnitzler seine Komödie aufs glücklich¬
ste bereichert. Es ist nur schade, daß das
Werk mit seinem engen Horizont
uirgend einen großen Absblick
bietet.“
Es freut uns, mit dem geistvollen und
gründlich versierten Kritiker des „N. W. Tag¬
blatt“, mit Dr. Hirschfeld, der sich als
Inde die Unparteilichkeit des Urteils zu
wahren versteht, in bezug auf den Wert und
Unwert der Schnitzlerschen Tendenzkomödie
eines Sinnes zu sein.
Sener
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zu betrachten, das an der Grenze des Endli¬
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25. Prof ar Bernhandi
chen und der Unendlichkeit sich aufrichtet. Der
philosophischen Ausführung, die unerläßlich
gewesen wäre, hätte sich allerdings nur ein
großer Dichter fähig gezeigt. In diesem
Belange versagt die Komödie Ar¬
tur Schnitzlers vollends, da sie an die
Philosophie kaum leise tupft und ihre fünf
Akte sich durchaus ins Dingliche, in die poli¬
unslienangsor onst d.winr.
tische Faustrede und Fingersprache,
in die Phrase des Alltags, der Bezirks¬
aus Pressburger Tagbatt
versammlungen der Tischgesellschaft
1- 5 1913
medizinischer Kannegießer verlie¬
ren. Demgemäß verdickt sich der sonst so gra¬
ziöse, leicht schwebende Schnitzlersche Dialog,
und weniger die oft bewunderte Biegsamkeit
Ein Jude über „Professor Bernhardi“.
als die Schlagkraft der Worte wird erprobt.
In der gestrigen Nummer des „N. W. Tag¬
Dieser Hang zür Banalität, der in
blatt“ findet sich ein Feuilleton aus der Feder
des bekannten Wiener Schriftstellers Dr. Ro¬
einer Schnitzlerschen Komödie gar fremd an¬
bert Hirschfeld. Der Aufsatz führt den Ti¬
mutet, offenbart sich schon im ersten Griffe, in
tel: „Innere Zensur“ und behandelt in völlig
der Formulierung des ohnehin eng um¬
sachlich=kritischer Weise das Arthur Schuitzler¬
schnürten Problems. Artur Schnitzler begnügt
sche Tendenzstück „Professor Bernhardi“ des¬
sich nicht, dem Pfarrer, der die Pflicht seines
en Aufführung in Pozsony durch das Thea¬
geistlichen Amtes zu erfüllen strebt, einen
terkomitee inhibiert wurde.
Mann der Wissenschaft entgegenzustellen —
Dr. Hirschfeld führt aus, es gebe auch
nein, das Problem wird dadurch noch verkno¬
„eine innere Zensur, die dem Gemüte
tet, daß Professor Bernhardi Inde ist. Der
die Teilnahme an einem Werke verbietet.“
allgemein religiöse Konflikt wird damit zu
Diese innere Zensur „ist stärker als der
den Fragen der Rasse und des Bekenntnisses
gewaltsame äußere, weil sie aus dem ästhe¬
abgelenkt, die in dem ganzen Stück nicht zur
tischen Urtheil fließt, das keinen Ein¬
Ruhe kommen und in grelle Tendenz aus¬
spruch gestattet.“ Sodann schreibt Dr. Hirsch¬
schlagen. Der Dichter schwingt sich noch einmal
feld:
auf einen schon fast beruhigten Kampfplatz hin¬
„Professor Bernhardi, Direktor der Wiener
ab und füllt ihn wieder mit ärgerlichem
Poliklinik oder des Elisabethinums, wie sie
Zank. Die Komödie schreckt auch vor unver¬
im Stücke genannt wird, verbietet dem Pfar¬
dienter Kerkerstrafe, die Professor Bernhardi
rer, der einer Sterbenden die letzten Tröstun¬
erduldet, nicht zurück, und liefert ihm ex ma¬
gen reichen will, den Zutritt zu der Kranken.
china auch nach bekanntem Beispiel die rei¬
Diese hat eine schwere Schuld auf sich geladen.
tende Revision seines Prozesses.
Sie weiß nicht, daß sie in wenigen Minuten
Professor Bernhardi bleibt Sieger, aber
verloren ist. „Sie ist heiter,“ sagt Professor
ist beileibe kein großer Held. Unter al¬
Bernhardi zum Pfarrer, „glücklich und reue¬
len Starrköpfen und Rechthabern
los“ Der Pfarrer aber, der nicht eingelassen
der Literatur verdient dieser Professor Bern¬
wurde, als sie starb, klagt: „Das arme Ge¬
hardi die geringste Sympathie. Sein
schöpf da drin ist als Sünderin und ohne die
anmaßender, immer überlegener Tou wird
Tröstungen der Religion dahingegangen
unert räglich wie sein Eigendünkel,
Wir sind somit vor ein Problem gestellt,
seine Eigenliebe; er deklamiert in einem¬
das dem Gläubigen nichts weniger
fori von seinem unbengsamen Rechtssinn, von
denn als Problem erscheint und
seiner Unbeirrtheit; er belehrt ewig die
als sakramentaler Bestandteil der
Umwelt; auf Menschen und Dinge sieht er wie
Religion vor der weiteren komö¬
von unnahbarer Höhe herab; von seiner Un¬
dienhaften Erörterung, wie sie dem
sehlbarkeit, die ihn nicht hindert, Torheiten
Autor des „Professor Bernhardi“ bellebte,ku begehen, ist er durchdrungen. Erst am Ende
empfängt auch er von einem Hofrat eine derbe###
Lehre: „Wenn man immerfort das Richtige
täte, oder vielmehr, wenn man nur einmal in
der Früh, so ohne sich's weiter zu überlegen, 3
aufing', das Richtige zu tun und so in einem¬
fort den ganzen Tag lang das Richtige, so säße
man noch vor'm Nachtmahl im Kriminal.“
Die Sprache ist uns vertraut. Der Hofrat hat
von Max Burckhardt, dessen Andenken
Artur Schnitzler seinen „Professor Bernhardi“
widmete, den feschen Zynismus geerbi
Auch mit anderen Porträts, deren Urbilder
in Wiener Arztekreisen mihr oder minder
freudig wiedererkannt werden dürften, hat
Artur Schnitzler seine Komödie aufs glücklich¬
ste bereichert. Es ist nur schade, daß das
Werk mit seinem engen Horizont
uirgend einen großen Absblick
bietet.“
Es freut uns, mit dem geistvollen und
gründlich versierten Kritiker des „N. W. Tag¬
blatt“, mit Dr. Hirschfeld, der sich als
Inde die Unparteilichkeit des Urteils zu
wahren versteht, in bezug auf den Wert und
Unwert der Schnitzlerschen Tendenzkomödie
eines Sinnes zu sein.
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