II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 180

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nicht vom Nachfolger übernommen und Paulien könnte aue
jeden Tag den Marschbefehl erhalten! Gewiß keine kleine Sorge
für Herrn Thimig und erst recht nicht für die Gattin des
Künstlers, deren Rekonvaleszenz durch das Damoklesschwert be¬
trächtlich verzögert worden ist. Uebrigens sind es erst wenige
Jahre her, daß die Hofbühne aus einem ähnlichen Grunde
Herrn Paulsen einen längeren Urlaub gegeben hat: zur Ab¬
leistung seines Einjährig=Freiwilligen=Präsenzdienstes nämlich.
Der damals engagierte Liebhaber Herr Wanka und ein anderer
Kollege mußten förmlich über Nacht den Rollenkreis Paulsens
übernehmen, der später, zum Fähnrich avanciert, sich aus dem
Stehparterre mehrmals gut gelaunt die Vorstellungen ansah.
Hoffentlich bemächtigt sich die partielle militärische Bereitschaft
diesmal nicht auch seiner Person, so daß Regiekollegium und
Gattin ruhig bleiben können. Es genügt ihr, eine Künstlerin
zu sein und glückliche Frau dazu. Nach einer „Gattin des
Kommandeurs“ trägt sie keine Gelüste.“
„Weil Sie gerade vom Burgtheater reden, müchte ich mir
in Anbetracht gewisser auf die Hoftheater bezüglicher Gerüchte
eine Feststellung erlauben. Reformen sollen bevorstehen in
der Richtung, daß in Wien ein Generaldirektor für beide Hof¬
theater mit je einem Beirat für Burg und Oper ernannt
würde. Möglich, daß hier der Wunsch wieder einmal der
Vater des Gedankens war. Ich aber kann, auf Grund von
Erklärungen von maßgebender Seite erklären, daß hier wieder
Leute das Gras haben wachsen hören. Mit demselben Rechte
und dem gleichen Tonfall könnte eine andere Version ver¬
lautbart werden, wonach „der Fürst“ die alte Zwischeninstanz
der Generalintendantur wieder herzustellen vorgeschlagen hat.
Speziell das mit Baron Weckbecker ist eine Kombination; nichts
weiter. Er ist einer der kunstsinnigsten und gebildetsten unter
den Hofbeamten und hat in Opernkreisen und in der Aristo¬
kratie großen gesellschaftlichen Anhang; das ist vorläufig alles.
Im Kämmereramt ist er einfach nicht zu entbehren, kein Bild,
keine Münze und Medaille wird vom kunsthistorischen Museum
erworben, ohne daß er sein Votum abgibt. Für diesen Teil
des Hofdienstes ist weit und breit kein ebenbürtiger Mann
zu finden. Man lächelt bei dem Gedanken, ein Revirement
vornehmen zu sollen. Eigentlich schade, denn mit ihm zöge
eine modern denkende, im besten Sinne liberale Persönlichkeit
in die Theaterwelt ein.“
„Was wollen Sie; aller Liberalismus wird sich zu Kon¬
zessionen bequemen. Aus Klugheit und, — wenn wir an den
Lärm um den Professor Bernhardy denken, — auch aus Grün¬
den des Taktes und Geschmacks. Nein, Weltanschauung und
Freiheit dichterischen Schaffens in allen Ehren, aber die Re¬
masuri, die mit dem neuesten Schnitzler gemacht wird, ist
gewiß nicht anmutend. Wer Sehnsucht nach dem dramatisier¬
ten Leitartikel hat, der sich in der Zeitschrift „Der Zirkel“
ganz gut ausgenommen hätte, der braucht ja nur in die nächste
Buchhandlung zu gehen. Und ist auch gegangen, denn die
Besitzer von Platzkarten im Separatzug nach Preßburg, ein
einig Volk von „Brüdern“ haben allein schon zwei Auflagen
angekauft. Sind es wirklich schlechtweg Kunstenthusiasten, die
das Geld, die energische Organisation, diese ganze effektvoll
inszenierte Kampagne ins Treffen geführt hatten? Wer ist
diese „Freie literarische Vereinigung"? Steckt hinter Herrn
Hugo Heller wirklich diesmal nichts anderes, als ein auf Sen¬
sation spekulierender Geschäftsgeist? Nun, ich kann Ihnen ver¬
raten, daß es einfach die Freimaurerei ist, daß es die
Logen „Treue" und „Lessing“ waren, welche die Auf¬
führung in Preßburg, der ehrwürdigen „Großlogenstadt“ arran¬
gieren wollten und daß der „Bruder“ Heller einfach nur ihr
Exekutivorgan vorgestellt hat. Mit dieser Tatsache aber ist der
unangenehme Nebengeschmack der ganzen Sonderaktion noch
deutlicher fühlbar, die Separatvorstellung verzichtet auf dich¬
terische Objektivität, nimmt dem Werk die künstlerisch=ästhetische
Beurteilung und stempelt auch das Objekt zu einer einseitigen
politischen Demonstration. Ich bezweifle, ob dem Poeten da¬
mit gedient war, ob er's so gemeint hat. Und lärmende Ge¬
schmacklosigkeiten oder ähnliche Reklame, — das hat Schnitzler!
wohl nicht nötig.“
„Kleinere Leute, in minderen Regionen der Kunst= und
Theaterwelt, die denken freilich anders, da müssen die Mittel den
Zweck heiligen. Wie komm' ich in aller Leute Mund, wie
mach' ich mich interessant, wie möglichst rasch Karriere? Ich
will Ihnen ein Beispiel anführen, das selbst für amerikanische
Begriffe geradezu — amerikanisch ist. Erinnern Sie sich noch
der kleinen Mizzi Hajos, einer unbedeutenden Choristin
aus Budapest, die dank ihrem damaligen Freunde, einem hiesi¬
Stetrdoim, OL. Pstefbburg.
Groll#####sls ehse Gewüls).
chrn
Grschritt aus: Presseurger Tagblatt
75 S. 1913
FAR#
2
Zur Aufführung der Komödie „Professor
Bernhardi“ in Pozsony. (Antwort auf
zahlreiche Anfragen.) Um die von der
Wiener Zeusur verbotene Komödie Arthur
Schnitzlers: „Professor Bernhardi“
denssoch anf der Bühne sehen zu können, be¬
schloß die Wiener „Freie literausche Gruppe“
dieses Bühnenwerk, als Veranstaltung einer
geschlossenen Gesellschaft, am Pre߬
burger Stadttheater mit dem Ensemble des
Kleinen Theaters in Berlin aufführen zu
lassen. Diese von Wienern für Wiener
veranstaltete Vorstellung findet Donners¬
tag, den 1. Maj statt. Die Vorstellung wird
von unserer Theaterdirektion nicht plakatiert;
der Kartenverkauf geht in Wien vor sich.
Um sich eine Vorstellung von den Kosten die¬
ser Aufführung bilden zu können, geben wir
Aufschluß über die Preise der Plätze.
Es kosten: Logen=Vordersitz im Parkett 30 K,
Logen=Rücksitze im Parkett 15 K, Logen=Vor¬
dersitz im 1. Rang 20 K, Logen=Rücksitz im 1.
Rang 12 K, Logen=Vordersitz im 2. Rang( 12 K,
Logen=Rücksitz im 2. Rang 9 K, Parkettsitz
(Cerele) 1.—3. Reihe 30 K, Parkettsitz 4.—13.
Reihe 20 K, Balkonsitz 2. Rang 1. Reihe 10 K,
Balkonsitz 2. Rang 2.—6. Reihe 9 K, Sperrsitz
3. Rang 1. Reihe 9 K, Sperrsitz 3. Rang 2.—6.
Reihe 8 K, Sperrsitz 4. Rang 6 K, Stehplatz im
Parterre 6 K und Stehplatz im 3. oder 4. Rang
5. K.
Die Direktion Paul Blasel hat mit der
Leitung des Gastensembles Verhandlungen
eingeleitet um für das hiesige, Preßburger
Theaterpublikum eine Wiederholung der
Aufführung, allerdings zu bedeutend geringe¬
ren Preisen, zu erzielen.
Wir würden es äber entschieden lieber se¬
hen, wenn diese Aufführung „für Preßburger“
nicht zustandekäme. Die Wiener Zensur hat
die Komödie „Professor Bernhardi“ deshalb
beanständet, weil sie den Konflikt eines
katholischen Priesters mit einem
jüdischen Arzte — am Kranken¬
bette einer Sterbenden — auf die
Bühne bringt. Bei uns gibt es zwar keiné
Zensur, in Pozsony aber sollte der Thea¬
terdirektor von selbst so viel Takt
besitzen, ein Stück, das die religiö¬
isen Gefühle eines großen Teiles
[der Zuhörer zu verletzen imstande
ist, nicht um jeden Preis auf die
Bühne bringen zu wollen.
Aus der Thesiersanglei erhaften wir fol¬
geudt Teleansei:
Für heute, Freitag, ist es der Direk¬
tion gelungen einen interessanten Gast, Herrn
Wilhelm Klisch, vom Deutschen Volksthea¬
ter, in Wien, zu einem einabendlichen Gast¬
spiel zu gewinnen und wird anläßlich dieses
Auftretens Heinrich v. Kleist's hier seit Jah¬
ren nicht mehr gegebenes großes historisches
Ritterschauspiel
„Das Käthchen von
Heilbronn“
gegeben.
Herr Klitsch
spielt den „Grafen Walter vom Strahl“ eine
Paraderolle des Künstlers. Das Kätchen
spielt Frl. v. Asten und die übrigen Haupt¬
rollen sind besetzt mit den Damen Weinber¬
ger, Weyrich, Czernsitz und den Herren Nor¬
solk, Herbst, Miksch, Weyrich und Czernitz.
Es wird darauf hingewiesen, daß nur diese
eine Klassikervorstellung während der dent¬
n