II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 185

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Zeusurbehörde tut diesen Leuten Wenn also durch das Verbot nicht
immer wieder den Gefallen, Wasser
religiöse Gefühle geschützt werden
auf die Mühle ihrer G'schaftelhuberei
sollten, was dann? Das hohe Mi¬
zu treiben. Seit Wochen und Monden
nisterium fühlte sich durch zwei Ge¬
geht nun schon das Gebimmel und
stalten in seinem Ansehen bedroht.
Gebammel um Schnitzlers jüngste Ko¬
Darum der ganze Rummel, von
mödie „Professor Bernhar¬
dem uns endlich Befreiung winkt.
di“, deren Uraufführung sich vor der
Das
Berliner Kleine Theater
Wiener Zenfur in das Berliner Kleine
wird für die Wiener eine Vor¬
Theater hat flüchten müssen, und der
stellung von „Professor Bernhardi“
Scheinerfolg, der ihr dort ward, war
veranstalten. Versteht sich: nicht
nur ein Erfolg der Reklame, die ihr
in Wien, sondern in — Preßburg.
das Wiener Aufführungsverbot be¬
Ein Sonderschiff wird sie nach Un¬
reitet hatte. Alle Berliner Blätter
garn zu dem Kunst= und Kultur¬
hoben hervor, daß man es weder
ereignis bringen und in einem Son¬
mit einem Drama, noch mit einem
derzug werden sie mit einem Katzen¬
Helden zu tun habe, sondern nur
jammer heimkehren, gemildert ein¬
mit parlamentarischen und unparla¬
zig durch die harmlose Freude, der
mentarischen Redeschlachten, in deren
Zensur ein artig Schnippchen geschla¬
langwierigem, mitunter langweiligem
gen zu haben. Die Behörden aber,
Verlauf Professor Bernhardi von der
deren Schutz das geistige Wohl der
Würde eines Kulturkämpfers zur
Landeskinder anvertraut ist, werden
Wurschtigkeit eines mattherzigen Iro¬
nach wie vor unentwegt fortfahren,
nikers herabsinke. Man darf also an¬
Gefahren für Religion und Sitte zu
nehmen, daß das Stück ohne Hin¬
wittern, wo es sich schlimmsten Fal¬
zutun der Zensur nach zwei oder
les um eine mehr oder weniger ge¬
drei Aufführungen zu den Toten ge¬
schmacklose Art des Tantiemenerwer¬
worfen worden wäre. Nur das Ver¬
bes handelt, und durch Verbote Kul¬
bot ließ die Frucht schmackhafter er¬
turkämpfe heraufbeschwören, die bei
scheinen, als sie in Wirklichkeit ist,
stillem Dulden auch nicht einen
nur das Verbot erweckte und erwei¬
Schein von Wichtigkeit erlangen, son¬ #
terte ein Begehren, das vielleicht gar
dern in ihrer Nichtigkeit ertrinten“
nicht vorhanden war oder andernfalls
würden.
doch nur auf eine Handvoll Leute
beschränkt geblieben wäre. Und nun

ist das Unheil im Zuge, der Bern¬
hardi=Rummel in Permanenz!
Di¬
rektor Weisse ließ das Stück heim¬
lich von den Darstellern des Dent¬
schen Volkstheaters studieren, um es
in einer § 2=Vorstellung durchzu¬
drücken. Umsonst. Man gab ihm zu
verstehen, daß man dem „Professor
Bernhardi“ nie und nimmer erlauben
werde, was man der „Büchse der
Pandora“ gestattet hatte. Unwillkür¬
lich fragt man sich, was an dem
Stücke denn so Gefährliches sei.
Wohlan: ein jüdischer Arzt verwei¬
gert einem katholischen Priester den
Zutritt zu einer Sterbenden, um ihr
die beseeligende Wohltat einer letz¬
ten Hoffnung nicht zu rauben. Also
ein Akt der Religionsstörung? Mög¬
lich. Aber nur als Vorwand zu einem
tragischen Konflikt. Denn schließlich
wird Professor Bernhardi an der Be¬
rechtigung seiner Handlungsweise sel¬
ber irre und er wendet sich just von
seinen freisinnigen Anhängern ab,
die den Fall zu einer Kulturkampf¬
angelegenheit aufbauschen möchten.