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25. Profe.nor Bernhardi
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: PESTEP LLOVE
lung zwischen Autor und Publikum konnte nur durch
die Vermittlung einer so tadellosen Darstellung hervor¬
17 4 1913
vom:
gebracht werden, wie sie das Ensemble des Berliner
Kleinen Theaters bot. Das Schauspielerische ist in diesem
Stück ziemlich dezeutralisiert, und so muß an allererster
Arthur Schuitzlers „Professor Bernhardi“
Stelle der Regisseur Direktor Viktor Barnowsky
im Ungarischen Theater.
genannt werden. Dieses Stück bietet keine bedeutenden
(Gastspiel des Berliner Kleinen Theaters.)
szenischen Probleme, wenigstens im dekorativen Sinne
nicht; und so wurde alle Sorgfalt, alles virtuose Können,
Von Elsa Stephani.
das diesem Regisseur eigen zu sein scheint, auf das
Budapest, 16. April.
Akustische verwendet. Ein wunderbar feines Bühnen¬
Es ist für ein Stück in künstlerischer Hinsicht nie von
gehör hat hier Abstufungen, Klangfarben, Raffinements
Vorteil, wenn es lange vor seiner Aufführung zum Zank¬
im Tempo und Rhythmus des Dialogs gefunden, die
objekt politischer Kämpfe gemacht wird. Selbst der unbe¬
reichlich für alle Farbigkeit aufzukommen vermochten, die
fangenste Zuschauer erliegt leicht der Versuchung einer
das Auge hier naturgemäß entbehren mußte.
Stellungnahme, die sich nicht zwingend aus dem inneren
Unter den Schauspielern fiel zunächst Alfred Abel
Sinne des Werkes selbst ergibt. Vermag ein Werk kraft
auf, nicht nur weil er als Pfarrer wesensfremd unter
der ihm innewohnenden dichterischen Wahrheit diese nur
den anderen stand. Er hat eine Art den Kopf zu nei¬
scheinbar und ganz äußerlich günstige, in Wirklichkeit aber
gen, die Hände zu krampfen und seine Worte schneidend
höchst gefahrbringende Reklame so zu überwinden, daß alle
und schwer zu sprechen, die auf seine größeren Gestaltun¬
Aeußerlichkeiten zusammenschrumpfen und der eigene Gehalt
gen neugierig macht. Bruno Decarli in der Titel¬
plötzlich sehr wichtig erscheint, so ist es eine vollgültige
rolle war von entsprechender ironischer Liebenswürdigkeit;
Kraftprobe.
seine angenehme Stimme und warmherzige Art nahmen
Um Arthur Schnitzlers „Professor Bernhardi“ hätte
günstig für ihn ein. Guido Herzfeld, Rudolf Klein¬
die Wiener Zensur wirklich nicht so viel Aufhebens machen
Rohden, Hans Sternberg und Erich Platen
waren vier Professoren von prachtvoller Verschiedenheit
müssen, um ihm zu einem stürmischen Budapester Erfolg
und bewunderungswürdiger Unterordnung unter den
zu verhelfen. Wäre es nur „aktuell“ nur satirisch innerhalb
lokaler Grenzen, so wären ihm wahrscheinlich auch seine
Charakter ihrer Rollen. Ihre persönliche Eigenart wird
deutschen Erfolge nicht beschieden gewesen. Aber es ist
an den folgenden Abenden festgestellt werden müssen.
eben mehr als ein Pamphlet; in dem meisterhaft kon¬
Max Landa und Max Adalbert müssen auch ge¬
struierten Einzelfall erweist sich eine menschlich überlegene
nannt werden. An dem stürmischen Erfolg des Abends
aber hatte jeder einzelne teil.
und abgeklärte Philosophie. Arthur Schnitzler ist Arzt;
und der Held dieses Aerztedramas sagt in einem bedeut¬
Den Höhepunkt erreicht dieser Erfolg nach dem drit¬
samen Augenblick: „Unsere Aufgabe ist es, auch jene zu ten Akt, als Arthur Schnitzler selbst erschien, um für
verstehen, die uns nicht verstehen können.“ Die parteilose
den lauten Beifall zu danken. Dichter und Publikum,
Skepsis, das leichtironische Lächeln des Allesverstehens
Darsteller und „Zuschauer, konnten miteinander zu¬
gibt dem Stücke seine persönliche philosophische Tönung.
frieden sein.
Der Inhalt darf als bekannt vorausgesetzt werden.
—
Der Fall des jüdischen Professors Bernhardi, der als Arztf
einem Priester den Zutritt zu einer Sterbenden verweigert,
um ihr den glücklichen Wahn der Genesung nicht rauben
zu müssen, ist oft und ausführlich wiedererzählt worden.
Heute konnte man sich aus eigener Anschauung überzeugen,
wie wenig tendenziös, wie ganz und gar nicht gehässig
Schnitzler die Hetze darstellt, die gewisse Elemente gegen
Professor Bernhardi in Szene setzen, wie scharf er
zeichnet, ohne irgend etwas zu verzeichnen. Ein Stück
Oesterreich wird in diesem Drama lebendig, und, was
schwerer wiegt, viele Stücke lebenswarmen Menschentums.
Schnitzler hat sich reichlich Zeit gelassen, uns den Fall
Bernhardi von allen Seiten zu beleuchten; fünf lange Akte
hindurch spinnt sich die Sache in gemächlichem Tempo fort,
während der dramatische Höhepunkt schon am Schluß des
ersten erreicht ist. Doch die Energie des Dichters erlahmt
höchstens für die Dauer des vierten Aktes ein ganz klein
wenig und der Zuschauer ist am Schlusse noch ebenso frisch
und empfänglich wie zu Beginn, obwohl der letzte Akt der
Handlung etwas lose, wie ein Epilog, angehängt ist —
allerdings ein sprühend witziger und amüsanter Epilog.
Zwei Dinge sind an diesem Stück bewunderungs¬
würdig und selbst bei Schnitzler überraschend, und wenn
man genau zusieht, so machen die beiden allein ein
ganzes Stück aus: die Menschen und der Dialog. Für
die Art, wie Schnitzler die anderthalb Dutzend Charaktere
auseinanderhält, die beinahe alle Aerzte sind, also mehr
oder weniger der gleichen Sphäre angehören, ist kein
Wort der Bewunderung zu warm. Ueber ein Dutzend
Menschen, lauter Männer — die kleine Rolle der Schwester
Ludmilla zählt nicht —, alle im Straßenanzug, alle bar
jener koloristischen Reizmittel, die sich dem Dramatiker
in Typen aus verschiedenem Milieu bieten und jeder
einzelne das, was man in der alten Theatersprache eine
Kabinettfigur nennt. Echte Menschen und bühnenwirksame
Rollen alle, ohne eine einzige Ausnahme.
Die Sprache ist die eigene potenzierte Sprache Arthur
Schnitzlers. Die Leichtigkeit dieses Meisterdialogs, der
#aekünstelt klinat und hehe Kunst ist. dessen Treffsicherheit
ereea
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25. Profe.nor Bernhardi
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: PESTEP LLOVE
lung zwischen Autor und Publikum konnte nur durch
die Vermittlung einer so tadellosen Darstellung hervor¬
17 4 1913
vom:
gebracht werden, wie sie das Ensemble des Berliner
Kleinen Theaters bot. Das Schauspielerische ist in diesem
Stück ziemlich dezeutralisiert, und so muß an allererster
Arthur Schuitzlers „Professor Bernhardi“
Stelle der Regisseur Direktor Viktor Barnowsky
im Ungarischen Theater.
genannt werden. Dieses Stück bietet keine bedeutenden
(Gastspiel des Berliner Kleinen Theaters.)
szenischen Probleme, wenigstens im dekorativen Sinne
nicht; und so wurde alle Sorgfalt, alles virtuose Können,
Von Elsa Stephani.
das diesem Regisseur eigen zu sein scheint, auf das
Budapest, 16. April.
Akustische verwendet. Ein wunderbar feines Bühnen¬
Es ist für ein Stück in künstlerischer Hinsicht nie von
gehör hat hier Abstufungen, Klangfarben, Raffinements
Vorteil, wenn es lange vor seiner Aufführung zum Zank¬
im Tempo und Rhythmus des Dialogs gefunden, die
objekt politischer Kämpfe gemacht wird. Selbst der unbe¬
reichlich für alle Farbigkeit aufzukommen vermochten, die
fangenste Zuschauer erliegt leicht der Versuchung einer
das Auge hier naturgemäß entbehren mußte.
Stellungnahme, die sich nicht zwingend aus dem inneren
Unter den Schauspielern fiel zunächst Alfred Abel
Sinne des Werkes selbst ergibt. Vermag ein Werk kraft
auf, nicht nur weil er als Pfarrer wesensfremd unter
der ihm innewohnenden dichterischen Wahrheit diese nur
den anderen stand. Er hat eine Art den Kopf zu nei¬
scheinbar und ganz äußerlich günstige, in Wirklichkeit aber
gen, die Hände zu krampfen und seine Worte schneidend
höchst gefahrbringende Reklame so zu überwinden, daß alle
und schwer zu sprechen, die auf seine größeren Gestaltun¬
Aeußerlichkeiten zusammenschrumpfen und der eigene Gehalt
gen neugierig macht. Bruno Decarli in der Titel¬
plötzlich sehr wichtig erscheint, so ist es eine vollgültige
rolle war von entsprechender ironischer Liebenswürdigkeit;
Kraftprobe.
seine angenehme Stimme und warmherzige Art nahmen
Um Arthur Schnitzlers „Professor Bernhardi“ hätte
günstig für ihn ein. Guido Herzfeld, Rudolf Klein¬
die Wiener Zensur wirklich nicht so viel Aufhebens machen
Rohden, Hans Sternberg und Erich Platen
waren vier Professoren von prachtvoller Verschiedenheit
müssen, um ihm zu einem stürmischen Budapester Erfolg
und bewunderungswürdiger Unterordnung unter den
zu verhelfen. Wäre es nur „aktuell“ nur satirisch innerhalb
lokaler Grenzen, so wären ihm wahrscheinlich auch seine
Charakter ihrer Rollen. Ihre persönliche Eigenart wird
deutschen Erfolge nicht beschieden gewesen. Aber es ist
an den folgenden Abenden festgestellt werden müssen.
eben mehr als ein Pamphlet; in dem meisterhaft kon¬
Max Landa und Max Adalbert müssen auch ge¬
struierten Einzelfall erweist sich eine menschlich überlegene
nannt werden. An dem stürmischen Erfolg des Abends
aber hatte jeder einzelne teil.
und abgeklärte Philosophie. Arthur Schnitzler ist Arzt;
und der Held dieses Aerztedramas sagt in einem bedeut¬
Den Höhepunkt erreicht dieser Erfolg nach dem drit¬
samen Augenblick: „Unsere Aufgabe ist es, auch jene zu ten Akt, als Arthur Schnitzler selbst erschien, um für
verstehen, die uns nicht verstehen können.“ Die parteilose
den lauten Beifall zu danken. Dichter und Publikum,
Skepsis, das leichtironische Lächeln des Allesverstehens
Darsteller und „Zuschauer, konnten miteinander zu¬
gibt dem Stücke seine persönliche philosophische Tönung.
frieden sein.
Der Inhalt darf als bekannt vorausgesetzt werden.
—
Der Fall des jüdischen Professors Bernhardi, der als Arztf
einem Priester den Zutritt zu einer Sterbenden verweigert,
um ihr den glücklichen Wahn der Genesung nicht rauben
zu müssen, ist oft und ausführlich wiedererzählt worden.
Heute konnte man sich aus eigener Anschauung überzeugen,
wie wenig tendenziös, wie ganz und gar nicht gehässig
Schnitzler die Hetze darstellt, die gewisse Elemente gegen
Professor Bernhardi in Szene setzen, wie scharf er
zeichnet, ohne irgend etwas zu verzeichnen. Ein Stück
Oesterreich wird in diesem Drama lebendig, und, was
schwerer wiegt, viele Stücke lebenswarmen Menschentums.
Schnitzler hat sich reichlich Zeit gelassen, uns den Fall
Bernhardi von allen Seiten zu beleuchten; fünf lange Akte
hindurch spinnt sich die Sache in gemächlichem Tempo fort,
während der dramatische Höhepunkt schon am Schluß des
ersten erreicht ist. Doch die Energie des Dichters erlahmt
höchstens für die Dauer des vierten Aktes ein ganz klein
wenig und der Zuschauer ist am Schlusse noch ebenso frisch
und empfänglich wie zu Beginn, obwohl der letzte Akt der
Handlung etwas lose, wie ein Epilog, angehängt ist —
allerdings ein sprühend witziger und amüsanter Epilog.
Zwei Dinge sind an diesem Stück bewunderungs¬
würdig und selbst bei Schnitzler überraschend, und wenn
man genau zusieht, so machen die beiden allein ein
ganzes Stück aus: die Menschen und der Dialog. Für
die Art, wie Schnitzler die anderthalb Dutzend Charaktere
auseinanderhält, die beinahe alle Aerzte sind, also mehr
oder weniger der gleichen Sphäre angehören, ist kein
Wort der Bewunderung zu warm. Ueber ein Dutzend
Menschen, lauter Männer — die kleine Rolle der Schwester
Ludmilla zählt nicht —, alle im Straßenanzug, alle bar
jener koloristischen Reizmittel, die sich dem Dramatiker
in Typen aus verschiedenem Milieu bieten und jeder
einzelne das, was man in der alten Theatersprache eine
Kabinettfigur nennt. Echte Menschen und bühnenwirksame
Rollen alle, ohne eine einzige Ausnahme.
Die Sprache ist die eigene potenzierte Sprache Arthur
Schnitzlers. Die Leichtigkeit dieses Meisterdialogs, der
#aekünstelt klinat und hehe Kunst ist. dessen Treffsicherheit
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