box 30/4
25. Professer Bernhandi
(Guellenasgabe cul. .WE
Ausschnitt aus:
Der Humesist, Wien
vom:
—L
Frankfurter Theaterbrief.
Im Neuen Theater hatle. St
chef
in Oesterreich ver¬
bstene Komödie „Professor Bernhardi“ trotz der übermäßigen
Jialoglängen und des im theatermäßigen Sinne wenig eingängigen
Sujets einen großen, starken Erfolg. Eine Glanzaufführung bis
zur kleinsten Rolle. Der Sitzungsakt ein Meisterstück von Plastik
Fschaltt aus:
Hamburger Nachrichten
und individualisierender Beherrschtheit. Herr Hellmer offenbarte
zmit dieser Regieleistung, was sein Ensemble kann und — was er
Im: 138PR.1975
Hamburg
kann. Der Konflikt des Stückes, kirchliche Dogmatik gegen Menschen¬
pflicht ist von einer hohen Geistigkeit durchströmt, politische und
kulturelle Verhältnisse unseres Nachbarreiches werden grell belichtet,
des Arztes
nur die Problemlösung ist mehr zeitgeschichtlich als künstlerisch,
befindet sich
deutsches Schaufpielhaus.
schaft Euph
im ethischen Sinne, behandelt. Technische Schwerfälligkeiten stören,
wie im letz
ein angeklebter Schlußakt ermüdet. Trotz allem aber ein Werk
Arthur Schnitzler:Professor Bernhardi“.
täuschen ung
von packendem Interesse. Den Zensurstreich im Heimatlande des
wieder herch
Der ewige Kampf des Individuums mit der Allgemeinheit ist
Dichters muß man bedauern, immerhin kann man ihn angesichts
somit nur
nicht nur die Ursache jedes kulturellen Fortschritts, er ist zu¬
der dort herrschenen parteipolitischen Strömungen verstehen!
nichts sorge
gleich auch die tiefste Quelle der dramatischen Kunst. Dabei ver¬
Herr Senius gab den Professor Bernhardi mit der ganzen
Sterben.
schlägt es wenig, ob man die sich aus dem Zusammenleben
Charakterisierungskunst seines reichen darstellerischen Talentes, Herr
versagt er
des Einzelnen mit der Gesamtheit ergebenden Notwendigkeiten
Heding den Kultusminister mit einem feinen Diplomateninstinkt
um der St
als ein menschliches Ideal oder als etwas Gottgewolltes emp¬
für die Schwankungen des politischen Barometers. Die Herren
ins Kran
findet. Schicksal können sie so oder so sein. Um in diesem
Bernstein, Großmann, Schwartze, Semler und Rei¬
ewigen Kampf die Katastrophen zu vermindern, entsteht als
ganzen Sti
mann boten vorzüglich gezeichnete Charakterköpfe, Herr Künzer
schließt, un
gemeinsame Schöpfung beiden Parteien gleichsam ein idealer
heller Sonn
als Vertreter des geistlichen Elementes war von klar disponigeler
Mittler, an dem beide einzelne Teile ihres Wesens abgeben:
über Gläse
der Beruf. In ihm trifft sich das Individuelle mit dem All¬
Dialektik. In dem Habitus eines soignierten wiener Hpfrates
um das H
gemeinen. Im Beruf erst kann der Einzelmensch die Herrschaft
lieferte Herr Hellmer ein kleines Kabinettstück.
Mck.
Dann
über die Masse erreichen, und im Beruf beherrscht auch
Drama, d
wiederum die Masse ihn. Je mehr der Beruf nun den ganzen
Kunstform
Menschen ergreift, um so mehr tritt das Individuum in ihm
Zeitbild. Di
zurück, um so weniger eignet er sich zum Helden eines dra¬
Breite aus
matischen Geschehens. Denn Konflikte, die nur der Beruf,
Wien, das
nicht der von ihm umfangene Mensch, mit der Allgemeinheit
Bühne. P
ausficht, sind im Grunde eigene Angelegenheiten der Masse
sucht für sil
und entbehren damit des tiefsten künstlerischen Interesses. Man,
grunde der
könnte also schließen, daß mit der fortschreitenden Kultur, die
werden im
Jahr für Jahr eine stärkere Betonung des Berufs mit sich
wortet, und
bringt, allmählich eine Abnahme der Bedeutung des Gegen¬
Bewegung
wartsmenschen für die dramatische Kunst entstehen müsse. Das
aase dewühs).
fast den He
wäre aber ein Trugschluß. In Wahrheit handelt es sich nicht
sprachen wil
um ein Aufhören des Kampfes zwischen dem Individuum und
schnitt aus:
Neue Hamburger Zeitung
in uns die
der Allgemeinheit, sondern nur um ein Verlegen des Kampf¬
13 APR. 1972
ihm eine
platzes. Denn je mehr der Beruf vom Menschen Besitz ergreift,
12—
9
droht unse
desto weiter dringt die Allgemeinheit in sein inneres Wesen ein,
sammenzub
bis sich im Grunde seiner Persönlichkeit das Individuum
Kunst und Wissenschaft.
Arzt, den
wieder regt, und der Kampf in der eigenen Brust aufs Neue
Deutsches Schauspielhaus. Artha#Schnitz¬
uns der
anhebt. Darum gibt es im Grunde weder eine Tragödie noch
lers Komödie „Professor Bernhardi“, die eist“
geben solle
eine Komödie des Arztes, des Richters, des Soldaten, sondern
kurz vor Mitternacht schloß, interessierte und unterhielt
immer mi
nur eine des Menschen im Arzte, im Richter, im Soldaten.
vom ersten bis zum letzten Augenblick und wurde mit ein¬
minister g#
Den tragischen Konflikt finden wir in den ersten Auftakten
mütigem, stürmischem und andauerndem Beifall aufge¬
entgegen.
zum „Faust“, im „Prinzen von Homburg“, den komischen im
nommen. Der gehaltvollen Novität, die von Carl
Wirken im
„Zerbrochenen Krug“. In Siegoder Niederlage muß aber letzten
Hagemanns energischer und eleganter Regie zu den
zugeben fül
Endes das Menschliche über das Berufliche triumphieren, wenn
lebendigsten Wirkungen gebracht wurde, kam eine geistig
gleichgültig
der Eindruck des Konflikts mehr als interessant, wenn er
rege und anregende Darstellung fast in sämtlichen Figuren
klein, sond
künstlerisch sein soll. Es ist das Auffallende an dem neuesten
entgegen. Neben Robert Nhil (Bernhardi) sah man
vor uns
Werke des liebenswürdigen Wiener Poeten, daß er gerade den
in schwierigen und dankbaren Rollen Carl Wagner,
stärkere M#
umgekehrten Weg wählt.
Ludwig Brahm, Max Montor, Franz Kreide¬
nächsten,
Nur einen kurzen Augenblick vergönnt er seinem Helden,
mann, Carl Sartory, Heinrich Lang, Herman
wegen Reli
dem Professor der inneren Medizin und Direktor des
Wlach, Emil Stettner, Gustav Kallenberger,
worden ist,
Elisabethinums, Dr. Bernhardi, gleichsam aus der Hülle des
Conrad Holstein, Hans Andresen, Hugo Keßler
Krankenzim
Berufs herauszutreten und nur Mensch zu sein. In seiner
und Otto Röhl. — Robert Nhil und Carl Hagemann,
sich gegenü
Klinik liegt nämlich ein junges Geschöpf, das ein flüchtiges,
die nach dem letzten Akte oft gerufen wurden, dankten
kurzes Liebesglück mit dem Leben bezahlen soll. Die Kunst selbst gestell
wiederholt vor der Rampe für den allgemeinen Applaus.
TEL SAPE
25. Professer Bernhandi
(Guellenasgabe cul. .WE
Ausschnitt aus:
Der Humesist, Wien
vom:
—L
Frankfurter Theaterbrief.
Im Neuen Theater hatle. St
chef
in Oesterreich ver¬
bstene Komödie „Professor Bernhardi“ trotz der übermäßigen
Jialoglängen und des im theatermäßigen Sinne wenig eingängigen
Sujets einen großen, starken Erfolg. Eine Glanzaufführung bis
zur kleinsten Rolle. Der Sitzungsakt ein Meisterstück von Plastik
Fschaltt aus:
Hamburger Nachrichten
und individualisierender Beherrschtheit. Herr Hellmer offenbarte
zmit dieser Regieleistung, was sein Ensemble kann und — was er
Im: 138PR.1975
Hamburg
kann. Der Konflikt des Stückes, kirchliche Dogmatik gegen Menschen¬
pflicht ist von einer hohen Geistigkeit durchströmt, politische und
kulturelle Verhältnisse unseres Nachbarreiches werden grell belichtet,
des Arztes
nur die Problemlösung ist mehr zeitgeschichtlich als künstlerisch,
befindet sich
deutsches Schaufpielhaus.
schaft Euph
im ethischen Sinne, behandelt. Technische Schwerfälligkeiten stören,
wie im letz
ein angeklebter Schlußakt ermüdet. Trotz allem aber ein Werk
Arthur Schnitzler:Professor Bernhardi“.
täuschen ung
von packendem Interesse. Den Zensurstreich im Heimatlande des
wieder herch
Der ewige Kampf des Individuums mit der Allgemeinheit ist
Dichters muß man bedauern, immerhin kann man ihn angesichts
somit nur
nicht nur die Ursache jedes kulturellen Fortschritts, er ist zu¬
der dort herrschenen parteipolitischen Strömungen verstehen!
nichts sorge
gleich auch die tiefste Quelle der dramatischen Kunst. Dabei ver¬
Herr Senius gab den Professor Bernhardi mit der ganzen
Sterben.
schlägt es wenig, ob man die sich aus dem Zusammenleben
Charakterisierungskunst seines reichen darstellerischen Talentes, Herr
versagt er
des Einzelnen mit der Gesamtheit ergebenden Notwendigkeiten
Heding den Kultusminister mit einem feinen Diplomateninstinkt
um der St
als ein menschliches Ideal oder als etwas Gottgewolltes emp¬
für die Schwankungen des politischen Barometers. Die Herren
ins Kran
findet. Schicksal können sie so oder so sein. Um in diesem
Bernstein, Großmann, Schwartze, Semler und Rei¬
ewigen Kampf die Katastrophen zu vermindern, entsteht als
ganzen Sti
mann boten vorzüglich gezeichnete Charakterköpfe, Herr Künzer
schließt, un
gemeinsame Schöpfung beiden Parteien gleichsam ein idealer
heller Sonn
als Vertreter des geistlichen Elementes war von klar disponigeler
Mittler, an dem beide einzelne Teile ihres Wesens abgeben:
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der Beruf. In ihm trifft sich das Individuelle mit dem All¬
Dialektik. In dem Habitus eines soignierten wiener Hpfrates
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über die Masse erreichen, und im Beruf beherrscht auch
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wiederum die Masse ihn. Je mehr der Beruf nun den ganzen
Kunstform
Menschen ergreift, um so mehr tritt das Individuum in ihm
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zurück, um so weniger eignet er sich zum Helden eines dra¬
Breite aus
matischen Geschehens. Denn Konflikte, die nur der Beruf,
Wien, das
nicht der von ihm umfangene Mensch, mit der Allgemeinheit
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und entbehren damit des tiefsten künstlerischen Interesses. Man,
grunde der
könnte also schließen, daß mit der fortschreitenden Kultur, die
werden im
Jahr für Jahr eine stärkere Betonung des Berufs mit sich
wortet, und
bringt, allmählich eine Abnahme der Bedeutung des Gegen¬
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wartsmenschen für die dramatische Kunst entstehen müsse. Das
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wäre aber ein Trugschluß. In Wahrheit handelt es sich nicht
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schnitt aus:
Neue Hamburger Zeitung
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platzes. Denn je mehr der Beruf vom Menschen Besitz ergreift,
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desto weiter dringt die Allgemeinheit in sein inneres Wesen ein,
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bis sich im Grunde seiner Persönlichkeit das Individuum
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Deutsches Schauspielhaus. Artha#Schnitz¬
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anhebt. Darum gibt es im Grunde weder eine Tragödie noch
lers Komödie „Professor Bernhardi“, die eist“
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kurz vor Mitternacht schloß, interessierte und unterhielt
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vom ersten bis zum letzten Augenblick und wurde mit ein¬
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Den tragischen Konflikt finden wir in den ersten Auftakten
mütigem, stürmischem und andauerndem Beifall aufge¬
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zum „Faust“, im „Prinzen von Homburg“, den komischen im
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Endes das Menschliche über das Berufliche triumphieren, wenn
lebendigsten Wirkungen gebracht wurde, kam eine geistig
gleichgültig
der Eindruck des Konflikts mehr als interessant, wenn er
rege und anregende Darstellung fast in sämtlichen Figuren
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künstlerisch sein soll. Es ist das Auffallende an dem neuesten
entgegen. Neben Robert Nhil (Bernhardi) sah man
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Werke des liebenswürdigen Wiener Poeten, daß er gerade den
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Ludwig Brahm, Max Montor, Franz Kreide¬
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mann, Carl Sartory, Heinrich Lang, Herman
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Wlach, Emil Stettner, Gustav Kallenberger,
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Elisabethinums, Dr. Bernhardi, gleichsam aus der Hülle des
Conrad Holstein, Hans Andresen, Hugo Keßler
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Berufs herauszutreten und nur Mensch zu sein. In seiner
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sich gegenü
Klinik liegt nämlich ein junges Geschöpf, das ein flüchtiges,
die nach dem letzten Akte oft gerufen wurden, dankten
kurzes Liebesglück mit dem Leben bezahlen soll. Die Kunst selbst gestell
wiederholt vor der Rampe für den allgemeinen Applaus.
TEL SAPE