II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 329

box 30/4
25. PrefesBenhadi
#earteten Ideale der christlichen Religion nicht saubern Geschäft gute Kollegen. Die antisemitische; der Konflikt gerät wieder in die unsaubere Atmo¬
chnung als da sind: Reue des Sünders über
Presse nützt den Fall natürlich ganz für ihren sphäre politischer Machenschaften; das Fatalste aber:
Verfehlungen, Bußfertigkeit als unumgäng¬
notwendige Grundlage der Versöhnung mit
vornierten Standpunkt aus, und die Sache der Re¬ am Ende läßt Schnitzler den Professor selbst skep¬
ligion dient ihr nur als Sturmbock gegen die ver¬
der Gewißheit der Sündenvergebung und der
tisch lächeln über den ganzen Handel; schließlich will
haßten Juden; und der Herr Kultusminister schafft
ht auf ein Dasein in der Seligkeit. Die Art
er ja nichts reformieren; nur in dem speziellen Fall
sich aus dem Fallenlassen des Professors eine gün¬
ernhardi dem Tod seinen Stachel zu nehmen
hat er seine Handlungsweise für die richtige erachtet.
stige parlamentarische Situation, gerade wie er, so¬
it findet, und die Art, wie dies die christliche
Aber, ironisiert der Hofrat, mit dem „das Richtige“
bald nach Bernhardis Verurteilung wegen Reli¬
in triumphierender Sicherheit zu tun die
tun kommt man höchstens ins Kriminal; nicht
gionsstörung der Wind zu dessen Gunsten um¬
in sich fühlt, sind himmelweit von einander
einmal einen Tag lang läßt sich das durchführen.
springt, sofort mit dem Märtyrer Bernhardi poli¬
t; aber diese Discrepanz besteht nicht des¬
Und mit einem Witzwort schließt das Stück, das nur
tische Geschäfte auf eigene Rechnung zu machen be¬
weil Bernhardi ein Jude ist, sondern weil er
reit ist.
eine Komödie sein will, an einer Stelle aber doch
seinem ganzen Denken und Empfinden völlig
weit mehr ist.
So wird der Gegensatz Religion und Wissenschaft
tig gerichteter Mensch ist, den das Drüben
Oesterreichische Verhältnisse werden beleuchtet,
oder besser: kirchlich festgelegte und wissenschaftlich
kummern kann. So wächst denn das ganze
wie dies schärfer und wohl auch treffender nicht ge¬
freie, jenseitig und diesseitig orientierte Weltanschau¬
zu keiner großen Auseinandersetzung zwischen
schehen kann. Wundervoll ist die Fülle individuell ge¬
ung sofort verdeckt vom üppigsten Rankenwerk per¬
zwei fundamental geschiedenen Weltanschau¬
zeichneter Figuren. Und die jüdischen Porträte sind
sönlicher Ambitionen, politischer Berechnungen,
aus. Schnitzler wollte dieses Drama
durchaus nicht etwa geschmeichelt. „Der Weg ins
wüsten Rassenkampfs. Aber einmal stellt ihn dann
us nicht schreiben (könnte es übrigens wohl
Freie“ war in dieser Hinsicht schon äußerst aufschlu߬
doch Schnitzler gewissermaßen in Reinkultur heraus:
icht seiner ganzen geistigen Physiognomie
reich für Schnitzlers Objektivität. Die technische
in der großen Szene im 4. Akt zwischen dem Pro¬
er sah in erster Linie die Endigungen des
Meisterschaft Schnitzlers feiert im ersten Akte ihren
fessor und dem Pfarrer. Sie ist unstreitig der Höhe¬
ktfalles ins Komödienhafte hinein. Dieses
eigentlichen Triumph. Für die Darsteller ergibt sich
punkt des Stückes. Ohne Pathos. ohne große äußere
ich darin aus, daß es von allem Anfang an
eine Fülle lohnendster Aufgaben. Man wird ihnen in
Gebärden entwickelt sie sich, und wie sich die beiden
unde niemandem ernst ist mit der prinzipiel¬
unserer Aufführung zum Teil in ausgezeichneter
Männer am Ende die Hand reichen — „über den
ite des Zusammenstoßes des Professors mit
Weise gerecht. Hr. Danegger bleibt dem Professor
Abgrund“ (in den der Pfarrer „für einen Augen¬
eistlichen, sondern daß das Vorkommnis so¬
Bernhardi nur das einigermaßen schuldig, was
blick“ nicht hinabschauen möchte): das ist von einer
den Kreis von Kalkulationen hineingezogen
Schnitzler mit dem Wort „Weltmann“ bezeichnet
seelischen Feinheit und zugleich einer intellektuellen
die auf ganz andern Gebieten als auf dem
(Bernhardi zeige im Gehaben mehr vom Weltmann
Sauberkeit, die Bewunderung verdient. Schade, daß
igiösen oder wissenschaftlichen Ueberzeugung
als vom Gelehrten); sein Gestus und seine Körper¬
das Stück nicht mit dieser Szene abschließt. Denn
Im Elisabethinum, dessen Direktor Bern¬
wendungen werden dem nicht durchweg gerecht.
was im 5. Akt folgt, ist nicht nur kein Gewinn für die
st, liegt genügend Zündstoff schon bereit, zu
Seinen Rivalen Ebenwald spielt Hr. Czimeg rot¬
Bühne, es drückt auch die geistige Höhe, die in dem
Explosion gegen Bernhardi es nur einer gu¬
haarig mit beträchtlichem Bart; kleiner Vollbart
Gespräch der beiden ehrlichen, die Achtung sich gegen¬
legenheit bedarf. Der Vizedirektor Ebenwald
heißt's bei Schnitzler, und vom typischen Judas=Rot
seitig nicht versagenden Gegner erreicht ist, ent¬
verlautet nichts. Vorzüglich sind Hr. Stieda als
ingst auf der Lauer, und er hat in diesem schieden herab. Das Komödienspiel beginnt aufs neue. temperamentvoller Prof. Pflugfelder und Hr.