II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 353

box 30/4
25. Professor Bernhardi
Zeitung
Aufregung vom Krankenbette, vom Todes¬
gespielt und der österreichische Ton gut ge¬
uteilen. Zu zwei Monaten Gefängnis. Aber¬
bette fernzuhalten. Die Agonie breitet ihre
troffen wurde — wenngleich in Sprache und
#j#e dies geschieht, hat man ihn fast aus dem
Haltung nicht von allen Darstellern —
Schatten über die Kranke aus — ein letzter
Gesichtskreise verloren. Der aus dem Ge¬
hielt das Interesse der Zuhörer bis zuletzt
und schwerster Seufzer — nun ist es Nacht
ihle tiefster Menschlichkeit heraus handelte,
im Haus
an. „Professor Bernhardi“ ist ein Männer¬
ihm ist nicht die Kraft gegeben, den Weggerabe
stück, Frauenrollen kommen außer der kleinen
Als dies arm-reichselige Geschöpf diesem
weiter zu gehen. Er schwenkt zur Ansicht
einer Krankenschwester in ihm nicht vor. Der
eines Freundes und Berufskollegen ein, der
Sterben entgegengeht, klopft es an die Türe
Leiter der Aufführung hatte die einzelnen
sagt: Dieser Einzelfall ist nicht maßgebend,
des Ordinationszimmers — ein Priester teitt
Wiener Dich¬
Rollen wirksam besetzt. Es seien vor allem
ja für das höhere Ziel des Wirkens im Gro¬
mit dem Allerheiligsten, den Sterbesakramen¬
eine Szene
Karl Schmidt als Bernhardi genannt,
ßen, das allein moralischen Wert besitzt,
ten, ein. Was dem Gottesmann als eine
Eindringlich¬
der
den weichen Zug
in
heilige Pflicht erscheint, dünkt dem Manne
gleichgültig. Es gilt, einzulenken, wenn
des
m stockt. Sie
Professors Wesen von Anfang an stark be¬
der Wissenschaft eine Störung des glücklichen
auch nur der Form nach. Er traut einem fal¬
Aktes. In
tonte so daß man den lauwarmen Ausgang
Friedens dieser letzten Stunde seiner Pa¬
schen Freunde und seiner sophistischen Lebens¬
iener Arztes
des Stückes mit einiger Wahrscheinlichkeit vor¬
tientin: er versagt dem Priester den Eintritt
weisheit, daß es als oberstes Lebensgesetz
enen viel zu
aussah. Aber Groß hat einen temperament¬
zum Krankengemache. Besindet er sich im
gelten müsse, „der immanenten Idee seines
genden Son¬
vollen — Bernhardi, obgleich er auf dem
Recht? Tausendmal ja werden die einen
Eigenlebens mit Treue zu dienen“. Er steit
mit ihrem
Zettel Dr. Pflugfelder genannt wurde.
endlich — verurteilt — demselben Priester.
sagen, tausendmal nein die anderen. Hier
ratliche Hilfe
Vortreffliche Typen boten auch Leo Tischler#
scheiden sich Meinungen und Urteile; mehr
gegenüber, dessen religiöses Gefühl er be¬
bt keine Hei¬
als Dr. Cyprian, Artur Pater als Dr.:
noch: hier prallen zwei Weltanschauungen
leidigte, um sich sagen lassen zu müssen, daß
me, nur eine
Ebenwald, Basil als der Felitz — die andern
nicht der Menschlichkeit allein höchstwahr¬
hart aufeinander. Welche wird Sieger sein?
die Natur in
Mitglieder dieser ärztlichen Armee zu
scheinlich den folgenschweren Eingriff des
Uns interessiert hier nur, wie der Dichter
en selbst vor,
nennen, die Schnitzler für sein Stück braucht,
Arztes in andere Rechte diktiert habe, son¬
die Frage beantwortet, die er aus dem Ge¬
Kranken ein
würde der Raum eines weiteren Feuille¬
dern sein — Judentum und er sieht, daß sein
biete des Menschlich=Allzumenschlichen schöpfte.
nflößt. Die
tons beanspruchen, darum sei ihnen sum¬
Man fragt nach dem Fallen des Vorhanges
denshoffnung.
fall ganz hoffnungslos liegt, weil der marische Anerkennung gespendet. Den Ver¬
über dieser erschütternden Szene: was ge¬
odeloswiesen,
freieste Katholik ihn mißdeuten wird. So treter der Kirche gab Mich. Isailowitz weich
iert Schnitzler im Laufe des Stückes immer
schieht mit dem Manne, der alte Satzungen
rm der Liebe
und fein, den Unterrichtsminister verlieh
mehr vom eigentlichen Thema ab, sucht Ab¬
verletzte, sich in einem scharfen Gegensatz zur
der Schmerz
Konrad Lassen das nötige österreichische
Kirche und mit ihm zum Staate stellte, denn
scheinen den
gründe mit leichten gezimmerten Brücken zu Kautschukmännertum. Der Abend wurde
der Schauplatz dieser Handlung ist Oester¬
überspannen, die Professor Bernhardi betritt somit zum starken Erfolge weniger für das
weißen Flü¬
reich und wir schreiben das Jahr 1900. Was
heraustragen
und mit ihnen zusammenbricht: der resigniert Stück als für seine Darsteller und sein
schließlich, nachdem er aus einem Starken Regisseur.
geschieht nun auf der Bühne? Schnitzler
t, waren böse
ein Schwacher geworden ist und wird seinem:
hmender Alp¬
setzt mit diesem Falle die große Glocke in

Berufe als Arzt weiter gehen. Mit diesem
die Kranke
Bewegung, die ganz Wien, Ober= und
Verzichte aber auf das stolze Wort: ein Mensch
Lilienzweige
Niederösterreich auf den Schauplatz ruft.
sein, heißt ein Kämpfer sein, ist das Drama
Da sind Professoren, die meutern, Dozen¬
schon mit dem Ausgange des vierten Aktes
Arztes kennt
ten, die revolutionieren, Komitees, die ihre
ganz in sich zusammengebrochen und es be¬
men „Eupho¬
Ehrenämter niederlegen, weil der verwegene
duefte des letzten Aktes nicht, der nun noch
eiß, daß ihm
Arzt sich im Gegensatz zur Kirche setzte. Da
da zu sein schien, eine Nachlese zu bringen.
agt, daß dieser
sieht das Parlament einem großen Tage ent¬
nd die Nacht
gegen, die eine Interpellation von klerikaler
Die Dauer des Stückes zog sich oft in er¬
arzer Vögel.
Seite bringen wird. Da erscheinen endlich
müdender Breite bis lange nach 11 Uhr hin;
en und helfen
im Hintergrund der Staatsanwalt und der
sein dramatischer Zickzackkurs erscheint über¬
tbleibt: jede Strafrichter, die Professor Bernhardi ver-1 mäßig lang ausgesponnen. Da aber gut
AE