II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 354

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25. Professer Bernhand
Ausschnitt aus:
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hat das Schnitzlersche Stück freilich nicht. Der Professor ist zu S
Stadt=Theater.
sehr Nurarzt, jede Zumutung, weiterzugehen für sein Recht, ja
nur für die Wiederherstellung seines Ansehens zu streiten, liegt.|K
Magdeburg, 3. September.
ihm fern. Nur nichts von Politik, nichts von Parteien, nichts von
Professor Bernhardi, Komödie in 5 Akten von Artur
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Aktivität, keine Frage nach den sozialen oder politischen Zu¬
Schnitzlen. Professor Bernhardi, der Direktor eines Wiener
sammenhängen. Der Mann will seine Ruhe haben. Und darin
Kramenhäufes, wehrt einem Geistlichen den Zutritt zu einer ster¬
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benden Kranken. Die Sterbende weiß nicht, daß ihr der Tod so
mag er wieder ganz Oesterreicher sein. Oesterreichisch ist es auch,
nahe ist. Sie ist heiter und guter Dinge und voll froher Lebens¬
daß die Aufführung im Heimatland des Dichters verboten ist
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zuversicht. Der Arzt mag ihr den schönen Wahn der letzten
oder längere Zeit war. Warum eigentlich, fragt man sich ver¬
Stunde nicht rauben. Er will nicht zugeben, daß der Priester
geblich. Das Anziehendste der Komödic liegt für uns in der
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mit den Sterbesakramenten der Aermsten die rauhe Wahrheit
Charakterisierungskunst des Dichters. Mit scharfen Strichen sind
vor Augen führt. Er hindert den Gottesdiener, die Schwelle zu
seine Professoren, Minister, Hofrat und Priester gezeichnet. Nach
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übertreten. Weil der Direktor jüdisch ist, wird die Angelegenheit
dem dritten Akte fällt das Stück freilich etwas ab, die Unterhaltung
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zu einer großen politischen Affärc aufgebauscht. Die Klerikalen
Bernhardis mit dem Priester muß man schon gelesen haben, um
interpellieren im Parlament. Ein Minister, Jugend= und Duz¬
sie in all ihren Feinheiten verstehen zu können. Alles in allem
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freund des Professors Bernhardi, bricht seine Freundeswort und
genommen ist es eins jener Stücke, die interessieren, aber nicht
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erwärmen.
tritt auf die Seite der Gegner. Der Professor muß sein Doktor¬
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amt niederlegen und auf 2 Monate ins Gefängnis wandern. Das
In Karl Schmidt sah man einen Bernhardi, der vor¬
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ist, kurz zusammengefaßt, der Vorwurf der Komödie. Sie gibt
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nehme Gesinnung, Güte, Trotz und Nachgiebigkeit in der Mischung

dem Dichter Gelegenheit, Charakterbilder aller Art zu zeichnen,
vereinigte, die nötig ist, um die Gestalt wirksam zu verkörpern.
in denen das Strebertum in Doktoren= und Professorenkreisen
Den tatkräftigen, klugen Dr. Cyprian spielte Leo Tischler
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und noch weiter hinauf allen sichtbar gemacht wird. Natürlich nur
erfrischend, und auch Albert Gros brachte durch seinen ehrlich¬
österreichisches Strebertum. Bei uns gibt es so etwas nicht. Vor
derben Dr. Pflugfelder Bewegung in die weichliche Luft der
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allem keinen Professor Bernhardi, der, sowenig er eine Kämpfer¬
Lauen und Kriecher. Unter den Gegnern des Professors traten
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natur ist, doch den Mut oder den Eigensinn seiner Ueberzeugung
Artur Pater und René Basil hervor. Paul Köllner
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hat. Dem Manne werden hundert Brücken gebaut, auf die er
gab in seiner sympathischen Art den Dr. Löwenstein. Der Mi¬
treten kann, um die Affäre aus der Welt zu schaffen, aber er
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nister, der seiner Karriere unbedenklich Freundschaft, Wahrheit
duldet und leidet lieber das Aergste, ehe er ein Titelchen von dem
und — Menschenleben opfert und für alles stets eine phrasen¬
aufgibt, was er für Recht erkannte. Da ist man bei uns „korrek¬
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reiche Ausrede bereit hat, wurde von Konrad Lassen sicher
#ter“, man blinzelt sich zu, schlägt die Hacken zusammen und alles
Ar
gespielt. Zu nennen wären noch Michael Isailowits als
ist wieder im Gleise. Das bißchen Charakter, das dabei geopfert
Pfarrer und Herta Zondervan als einzige Dame in diesemssch
wird, ist so nicht der Rede wert. Einen befriedigenden Ausklang männerreichen Stücke.
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