ess
25 PrrBernhand
teuchenangabe onlie Gewan..)
Ausschnitt aus Der Humorist, Wien
vom: 1- 0K167
Wiesbadener Theaterchronik.
28. September 1913.
Das Interesse am Hoftheater gehört zur Zeit mehr
seinen Versprechungen und Verheißungen als seinen Taten: der
„Verdizyklus“ wird angekündigt und die Vorbereitungen für die
„Parsifal“=Aufführung sind in vollem Gange, das Schauspiel
bringt auf der vom Dramaturgen Linsemann geschaffenen Stil¬
bühne Schillers „Braut von Messina“. Zu den augenblicklich inter¬
essantesten Abenden gehörte eine „Troubadour“=Aufführung, die
ein Muster von einem Opernabend war. Jacques Urlus sang
den Manrico als echter Heldentenor mit urwüchsiger Kraft und
einem seelenvollen Empfinden; warm und innig wirkt sein Organ.
Das Residenztheater hatte mit einer sauber gefeilten
Aufführung von Schnitzlers „Professor Bernhardi“ im ausver¬
kauften Hause—einen seiner größten Erfolge; das Interesse des
Publikums hielt sich bis zum Schluß auf der Höhe. Man ver¬
folgte die politischen Gespräche mit einer Aufmerksamkeit, als gelte
es einen preußischen Kampf. Das Publikum bewies, daß es bei
Bühnenstücken auch einmal ohne Liebesgeschichte abgehen kann,
denn das Stück, das ein menschlich, religiös und politisch inter¬
essantes Problem mit so unendlichem Geschick löst, ist doch völlig
„amorinfrei“. Die Darstellung war fein, sorgfältig und voller
Gourmetreize; die Typen arischen und semitischen Blutes fanden
ihre geeigneten Vertreter. Rudolf Miltner=Schönau gab den
Professor als den klugen Weltmann, den feinsinnigen Gelehrten,
den überlegenen Skeptiker mit reservierter Männlichkeit, viel Idealis¬
mus und Vornehmheit, sowie einer Dosis leiser Ironie und
zarten Humors. Innerer Adel und Herzensgüte sorgten dafür,
daß er auch da, wo er zum Spötter wird, nie verletzt. Seine
tüchtige Sprechtechnik kam ihm bei dieser blendenden Dialektik, zu
der Bernhardi allemal da seine Zuflucht nimmt, wo ihm tieferes,
letztes Verstehen versagt ist, glänzend zu Hilfe. Auch im Aeußeren
war er sympathisch, in der Maske und im Auftreten und so recht
der geistige Mittelpunkt des Abends. Den ministeriellen Phraseur
spielte Herr Keller=Nebri mit seiner bekannten Eleganz; gut
wußte er hinter dem Sich=selbst=Berauschen am eigenen Worte den
Mangel an tiefer Intelligenz zu verbergen. Daß Herr Nessel¬
träger als Pfarrer in der zweiten wundervollen Unterredung mit
Bernhardi den warmen Ton anschlug, war sehr lobenswert. Be¬
achtenswerte Leistungen boten auch die Herren Bertram (Cyprian),
Rücker (Pflugfelder), Bartak (Löwenstein), Bauer, der als
Hofrat noch etwas mehr die feine Ironie hätte zeigen können.
Willy Schäfer als Dr. Feuermann karikierte zu stark, Hermann
Schroeder bewies als Dr. Filitz wieder, daß er immer nur mit
großer Behaglichkeit Theater spielt und miserabel spricht.
Den Kurgästen, die in diesen eleganten Herbsttagen noch in
Scharen hier sind, bereitete das Kurhaus einen besonderen
Genuß mit einer Aufführung von Mahlers achter Sinfonie. Das
geniale Werk kam hier unter Direktor Schurichts Leitung bei einer
Mitwirkung von 600 Personen zu eindrucksvollster Wiedergabe.
es war jedenfalls der Clou der
Der Beifall war jubelnd
Konzertsaison und ein neuer Beweis dafür, daß Wiesbaden in
der Tat auf dem Wege ist, eine der ersten Musikstädte Deutsa¬
Walter Müller-Waldenburg.
lands zu werden.
box 30/4
Ausschnitt ausarter Zellung
2-97 1912
vom:
= [Bühne und Konzertsaal.] Man berichtet uns aus
Wiesvaden: Im Residegzthegter hatte-Schnitzlers
„Professor Bernhardi“lin der stilvollen Regie Dri¬
Rauchs den größten Erfolg, den in diesem premierenreichen
Hause seit Jahren ein Bühnenwerk erlebte. Neben der groß
zügigen scharf dürchdachten Leistung Herrn Miltner=Schönau¬
als Bernhardi wären als vortrefflich in ihrer guten Charal
terisierung zu nennen die Herren Keller=Nebri als schönred
nerischer Minister und Nesselträger als der kluge Priester. —
Wie man uns mitteilt, ist das Stadttheater von Hanau¬
unter Aufwendung beträchtlicher Mittel im Innern gründlich
renoviert worden. Als Eröffnungsvorstellung der Winter¬
etuenghweruinge Gewante¬
Schwäbischer Merku,
Ausschnitt aus:
Stuttgart
G2.051. 1913
vom:
Kgl. Hoftheater.
2- Zur Erstaufführung der Schnitzterschen Komödie
„Professor Bernhardi“ am nächsten Sonntag schreibt
die Theaterkanzlei:
Die neue Komödie Schnitzlers „Professor Bernhardi“.
war der größte Erfolg der vorigen Berliner Spielzeit. Diese
geistreiche und satirische Dichtung muß notwendigerweise das
Interesse jedes Zuschauers bis zum letzten Augenblick wach
halten. Wie zart und fein ist der Enddialog zwischen Pro¬
fessor Bernhardi und dem Hofrat; der tiefste Sinn des Stückes
ist in ihm enthalten. Alle Charaktere sind unvergleichlich
scharf gezeichnet, wie dies bei Schnitzler auch gar nicht anders
zu erwarten ist. Wir fühlen von Anfang an, daß der Dichter
die östr. Aerztekreise, in denen das Stück spielt, durch und
durch, mit allen ihren Licht= und Schattenseiten kennt. Der
hochinteressante Konflikt des Werkes wird in 5 Akten äußerst
geschickt behandelt, um am Ende geschlichtet zu werden, ohne
je den Leser oder Zuhörer auch nur einen Augenblick ge¬
langweilt zu haben. Die Komödie hat vom Berliner „Kleinen
Theater“ aus, wo die Uraufführung stattfand, ihre sehr erfolg¬
reiche Laufbahn über die deutschen Bühnen angetreten.
Die erste Morgenunterhaltung in dieser Spielzeit
findet am Sonntag 5. Okt. vorm. im kleinen Haus statt; sie ist
dem Gedächtnis Verdis gewidmet, dessen 100. Geburtstag
am 9. Okt, durch eine Auführung seines Meisterwerkes
„Rigoletto“ mit Enrico Caruso als Herzog gefeiert wird. Das
Programm der Matinee weist neben dem Vortrag des Musik¬
schriftstellers Oskar Schröter hauptsächlich unbekanntere
Werke Verdis auf und dürfte das Publikum dadurch beson¬
jders interessieren. Es werden 2 Sätze des Quartetts aus dem
Jahre 1873 gespielt; ferner gelangen zum Vortrag ein Nok¬
sturno für 3 Stimmen mit Flöte und Klavier, 2 Romanzen,
eine Cavatine für Bariton aus „Ernani“ und eine Preghiera,
ffür Baß aus „Nabucco“.
25 PrrBernhand
teuchenangabe onlie Gewan..)
Ausschnitt aus Der Humorist, Wien
vom: 1- 0K167
Wiesbadener Theaterchronik.
28. September 1913.
Das Interesse am Hoftheater gehört zur Zeit mehr
seinen Versprechungen und Verheißungen als seinen Taten: der
„Verdizyklus“ wird angekündigt und die Vorbereitungen für die
„Parsifal“=Aufführung sind in vollem Gange, das Schauspiel
bringt auf der vom Dramaturgen Linsemann geschaffenen Stil¬
bühne Schillers „Braut von Messina“. Zu den augenblicklich inter¬
essantesten Abenden gehörte eine „Troubadour“=Aufführung, die
ein Muster von einem Opernabend war. Jacques Urlus sang
den Manrico als echter Heldentenor mit urwüchsiger Kraft und
einem seelenvollen Empfinden; warm und innig wirkt sein Organ.
Das Residenztheater hatte mit einer sauber gefeilten
Aufführung von Schnitzlers „Professor Bernhardi“ im ausver¬
kauften Hause—einen seiner größten Erfolge; das Interesse des
Publikums hielt sich bis zum Schluß auf der Höhe. Man ver¬
folgte die politischen Gespräche mit einer Aufmerksamkeit, als gelte
es einen preußischen Kampf. Das Publikum bewies, daß es bei
Bühnenstücken auch einmal ohne Liebesgeschichte abgehen kann,
denn das Stück, das ein menschlich, religiös und politisch inter¬
essantes Problem mit so unendlichem Geschick löst, ist doch völlig
„amorinfrei“. Die Darstellung war fein, sorgfältig und voller
Gourmetreize; die Typen arischen und semitischen Blutes fanden
ihre geeigneten Vertreter. Rudolf Miltner=Schönau gab den
Professor als den klugen Weltmann, den feinsinnigen Gelehrten,
den überlegenen Skeptiker mit reservierter Männlichkeit, viel Idealis¬
mus und Vornehmheit, sowie einer Dosis leiser Ironie und
zarten Humors. Innerer Adel und Herzensgüte sorgten dafür,
daß er auch da, wo er zum Spötter wird, nie verletzt. Seine
tüchtige Sprechtechnik kam ihm bei dieser blendenden Dialektik, zu
der Bernhardi allemal da seine Zuflucht nimmt, wo ihm tieferes,
letztes Verstehen versagt ist, glänzend zu Hilfe. Auch im Aeußeren
war er sympathisch, in der Maske und im Auftreten und so recht
der geistige Mittelpunkt des Abends. Den ministeriellen Phraseur
spielte Herr Keller=Nebri mit seiner bekannten Eleganz; gut
wußte er hinter dem Sich=selbst=Berauschen am eigenen Worte den
Mangel an tiefer Intelligenz zu verbergen. Daß Herr Nessel¬
träger als Pfarrer in der zweiten wundervollen Unterredung mit
Bernhardi den warmen Ton anschlug, war sehr lobenswert. Be¬
achtenswerte Leistungen boten auch die Herren Bertram (Cyprian),
Rücker (Pflugfelder), Bartak (Löwenstein), Bauer, der als
Hofrat noch etwas mehr die feine Ironie hätte zeigen können.
Willy Schäfer als Dr. Feuermann karikierte zu stark, Hermann
Schroeder bewies als Dr. Filitz wieder, daß er immer nur mit
großer Behaglichkeit Theater spielt und miserabel spricht.
Den Kurgästen, die in diesen eleganten Herbsttagen noch in
Scharen hier sind, bereitete das Kurhaus einen besonderen
Genuß mit einer Aufführung von Mahlers achter Sinfonie. Das
geniale Werk kam hier unter Direktor Schurichts Leitung bei einer
Mitwirkung von 600 Personen zu eindrucksvollster Wiedergabe.
es war jedenfalls der Clou der
Der Beifall war jubelnd
Konzertsaison und ein neuer Beweis dafür, daß Wiesbaden in
der Tat auf dem Wege ist, eine der ersten Musikstädte Deutsa¬
Walter Müller-Waldenburg.
lands zu werden.
box 30/4
Ausschnitt ausarter Zellung
2-97 1912
vom:
= [Bühne und Konzertsaal.] Man berichtet uns aus
Wiesvaden: Im Residegzthegter hatte-Schnitzlers
„Professor Bernhardi“lin der stilvollen Regie Dri¬
Rauchs den größten Erfolg, den in diesem premierenreichen
Hause seit Jahren ein Bühnenwerk erlebte. Neben der groß
zügigen scharf dürchdachten Leistung Herrn Miltner=Schönau¬
als Bernhardi wären als vortrefflich in ihrer guten Charal
terisierung zu nennen die Herren Keller=Nebri als schönred
nerischer Minister und Nesselträger als der kluge Priester. —
Wie man uns mitteilt, ist das Stadttheater von Hanau¬
unter Aufwendung beträchtlicher Mittel im Innern gründlich
renoviert worden. Als Eröffnungsvorstellung der Winter¬
etuenghweruinge Gewante¬
Schwäbischer Merku,
Ausschnitt aus:
Stuttgart
G2.051. 1913
vom:
Kgl. Hoftheater.
2- Zur Erstaufführung der Schnitzterschen Komödie
„Professor Bernhardi“ am nächsten Sonntag schreibt
die Theaterkanzlei:
Die neue Komödie Schnitzlers „Professor Bernhardi“.
war der größte Erfolg der vorigen Berliner Spielzeit. Diese
geistreiche und satirische Dichtung muß notwendigerweise das
Interesse jedes Zuschauers bis zum letzten Augenblick wach
halten. Wie zart und fein ist der Enddialog zwischen Pro¬
fessor Bernhardi und dem Hofrat; der tiefste Sinn des Stückes
ist in ihm enthalten. Alle Charaktere sind unvergleichlich
scharf gezeichnet, wie dies bei Schnitzler auch gar nicht anders
zu erwarten ist. Wir fühlen von Anfang an, daß der Dichter
die östr. Aerztekreise, in denen das Stück spielt, durch und
durch, mit allen ihren Licht= und Schattenseiten kennt. Der
hochinteressante Konflikt des Werkes wird in 5 Akten äußerst
geschickt behandelt, um am Ende geschlichtet zu werden, ohne
je den Leser oder Zuhörer auch nur einen Augenblick ge¬
langweilt zu haben. Die Komödie hat vom Berliner „Kleinen
Theater“ aus, wo die Uraufführung stattfand, ihre sehr erfolg¬
reiche Laufbahn über die deutschen Bühnen angetreten.
Die erste Morgenunterhaltung in dieser Spielzeit
findet am Sonntag 5. Okt. vorm. im kleinen Haus statt; sie ist
dem Gedächtnis Verdis gewidmet, dessen 100. Geburtstag
am 9. Okt, durch eine Auführung seines Meisterwerkes
„Rigoletto“ mit Enrico Caruso als Herzog gefeiert wird. Das
Programm der Matinee weist neben dem Vortrag des Musik¬
schriftstellers Oskar Schröter hauptsächlich unbekanntere
Werke Verdis auf und dürfte das Publikum dadurch beson¬
jders interessieren. Es werden 2 Sätze des Quartetts aus dem
Jahre 1873 gespielt; ferner gelangen zum Vortrag ein Nok¬
sturno für 3 Stimmen mit Flöte und Klavier, 2 Romanzen,
eine Cavatine für Bariton aus „Ernani“ und eine Preghiera,
ffür Baß aus „Nabucco“.