II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 357

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25. Professor Bernhardi

dem Sterbebett. Die Aerzte wissen, daß es hier keine Hoff=naten Gefängnis verurteilt, obwohl
nung mehr gibt, die Kranke selbst aber ist in einem Zustand
ungünstig für ihn aussagt und ihm
von Euphorie, wie es die Aerzte nennen, voller Hoffnung
vatgespräch sogar zugesteht, daß er
auf baldige Wiedergenesung. Da tritt, von einer Pflege¬
pflichtgemäß gehandelt habe. Vor
schwester gerufen, der Geistliche mit den Sterbesakramenten
Priester, dieser Ueberzeugung aller
ins Vorzimmer. Professor Bernhardi will der Kranken die
geben können, da es für ihn als
Todesangst, die das Erscheinen des Priesters zur Folge haben
noch höhere und heiligere Rücksichte
würde, ersparen und bittet daher den Geistlichen, von seinem
Auseinandersetzung zwischen dem Ge
Vorhaben abzustehen. Während Arzt und Priester noch
fessor bildet wohl den Höhepunkt in
(über ihre Rechte und Pflichten unterhandeln, und Professor
Stücks. Weltanschauung und Wel
Bernhardi, sich auf sein Hausrecht und seine ärztliche Macht¬
hier gegenüber und begegnen sich zu
vollkommenheit berufend, dem Priester nochmals entschieden
grund hin, der sie für ewig trennt,
das Eindringen ins Krankenzimmer verwehrt, meldet der
druck der gegenseitigen Mannesachtu
Assistenzart den inzwischen eingetretenen Tod des Mädchens,
signation als der Weisheit letzter
sodaß der Geistliche sich unverrichteter Dinge zurückziehen
nimmt Professor Bernhardi alles mi
muß. Für den Professor Bernhardi aber hat die Angelegen¬
heit hin. Er verzichtet auf jedes
heit üble Folgen. Der klerikalen Partei ist der Fall ein
zwei Monate ab und will auch vo
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
willkommener Anlaß, dem Juden und „Freigeist“ Bernhardi
wissen. Er hat gehandelt wie er hand
etwas am Zeug zu flicken. Ihr Einfluß erstreckt sich bis ins
Schwäbischer Merkur
nur noch seine Ruhe haben. Sogar s
Ausschnitt aus:
Professorenkollegium der Anstalt, das zur Hälfte für, zur
die sich am Schluß des Stücks ein A
Stuttgart
Hälfte wider Bernhardi ist. Die hochadelige und sehr fromme
gleichaültig. Der Herr Kultusministe
Patronesse der Anstalt zieht sich zurück und die hohen Herren
vom:
„Tragikomiker des Eigensinns“. U
B
des Kuratoriums legen ihre Aemter nieder. Bernhardi selbst
tischen Resignation schon bis zu ein
sieht sich gar von einer Anklage wegen Religionsstörung be¬
mus gediehener Ministerialrat nennt
Adroht. Er könnte nun den Kopf aus der Schlinge ziehen, wenn
freundschaftlich ein „Viech“. Ueber di
er sich zu gewissen Kompromissen und Erklärungen ent¬
Vorhang.
schließen möchte. Zu einer Erklärung ist er schon halb
Kgl. Hoftheater: Kleines Haus.
Der große Reiz der Schnitzler'schen
und halb bereit, da wird ihm von den Klerikalen hinsichtlich
geistreichen und fesselnden Kontrovers
der Besetzung einer der Assistentenstellen an der Anstalt
Arthur Schnitzler: „Professor Bernhardi.“ eine Zumutung gestellt, die er zurückweisen muß. Und so ist
einer wundervollen Weise alle möglich
I M Man kann es einigermaßen be¬
mungen im politischen und sozialen Lel
er entschlossen den Kampf aufzunehmen als eine Art Recht¬
monarchie. Die verschiedensten politi
Kreifen, daß gewisse Stellen in Oestreich an Arthur lichkeitsfanatiker, der jedem Menschen die Wahrheit ins
Schnitzlers „Professor Bernhardi“ keine
Standpunkte un d Prinzipien, moralisch
Gesicht sagen muß, sogar dem Herrn Kultusminister, der
Freude hatten und so nervös wurden, daß sie sogar das Auf¬
heitsliebe und Ueberzeugungstreue: di
einst sein Jugendfreund war und der ihn aus politischen
führungsverbot über das Stück verhängten. Schnitzler hält
Gesichtspunkte, Antisemitismus und
Zweckmäßigkeitsgründen schonen möchte, den er aber in sei= viele andere schöne Dinge und Begriffe
freilich der Frau Austria etwas ungalant den Spiegel vor,
nem Wahrheitsfanatismus in recht unangenehmer Weise an
und läßt gewisse führende Stellen und politische Kreise in einer
tem Wechsel beleuchtet. Schnitzler bedi
gewisse Jugendsünden erinnert. Wie dann die Angelegen¬
umfänglichen Reihe von Typen und
Beleuchtung erscheinen, die den Betroffenen unmöglich ange= heit Gegenstand einer klerikalen Interpellation im Parla= überwiegenden Teil ganz vortrefflich
nehm sein kann. Ueber den Inhalt des fesselnden Stücks, das
ment wird, läßt ihn der Minister trotz der schönsten Ver= zeigt sich Schnitzler in seiner ganzen
der Verfasser eine Komödie nennt, ist an dieser Stelle anläßlich
sprechungen aus Gründen der höheren Politik fallen. Um
der Berliner Erstaufführung schon ausführlich berichtet wor¬
wird übrigens ausschließlich mit Mä
die Anstalt nicht zu schädigen, legt Prof. Bernhardi seinen
wenn man von der gerinafügigen Rol
den. Im Elisabetinum, einem aus öffentlichen Mitteln Direktorposten nieder. Vor Gericht wird er weoen Religions¬
absieht. Mit der dramatischen Technik
unterhaltenen Krankenhaus, liegt eine junge Sünderin auf verbrechens auf Grund verlogener Zeugenaussagen zu 2 Mo= nicht durchweg zum besten bestellt. Du
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