II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 438

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25. PrafesSor Bernhand1.
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Za Rr.ZYT.
Die Radrundfahrt durch die Lombardei
hat, wahrscheinlich noch kurz bevor der Krieg diese gesegneten Gefilde
Italiens erreichte, vor sich gehen können. Die 10 Kilometer lange
Streche
Mailand—Varose—Como—Monza—Malland wurde von
52 Fahrern bestritten. Sieger blieb im Endkampf um ¼ Länge der
Belgier Thys vor dem Franzosen Pelissiers, dem erst als Dritter der
Italiener Torricelli folgte.
Kleine Mittellungen.
Professor Bernhardi im Schillertheater Charlottenburg.
Die Neueinstudierung der Schnitzlerschen Komödie stellt einen
glücklichen Einfall der Spielleitung des Schillertheaters dar: Zu¬
schauer und Schauspieler, diese für die Darbietung des fesselnden
Werkes, jene für das Geschenk der dankbaren Rollen können gleich
zufrieden sein. Die Regie Franz Bonnos traf in Ausdruck und
Tempo das richtige Maß und half den Boden vorbereiten, auf dem
die Darsteller sich mit Erfolg betätigen konnten. Georg Paeschke
in der Titelrolle traf gut in Ton und Maske den warmherzigen
Menschenfreund, in der Corona der Aerzte zeichneten sich die
Herren Nowack, Menzel, Aßmann, Letroe, Beringer
besonders aus. Auch in den übrigen Rollen wurde nichts vor¬
dorben, so daß das vollbesetzte Haus mit riesengroßem Beifall
quittierte.
F. S.
Tharlottenb. Schillertheater: „Professor Bernhardi“.
Der Sturm im Glase Wasser einer Wiener Professoren=, Hof¬
rats= und Parlamentarierwelt in dieser vielgespielten Komödie
[Schnitzlers wirkt heute, in den darin geschilderten verlogenen
Tricks und Kniffen wie ein zwerghaftes Spiegelbildchen des heuch¬
lerischen Hetz= und Ränkespiels, das die furchtbare Tragödie des
Weltkrieges von Anbeginn begleitet hat. Eigensüchtigste Interessen
und kleinlich verbohrteste Gehässigkeit vermummen sich in die
Phrasen=Maskerade angeblicher, politischer Pflichten und Notwendig¬
keiten, um den verdienten und ebenso verhaßten jüdischen Leiter
einer Klinik von seinem Platz zu drängen, Bernhardis Verbrechen
ist, daß er, um einer armen Patientin' ihre letzten Hoffnun##¬
träume nicht zu zerstören, dem herbeigerufenen katholischen Priester
den Zutritt zu der Sterbenden veru igert hat. Ein Verhaltn,
das Uebelwollen und Verleumdung sofort in eine demonstrative Ver¬
höhnung der Kirche zu verdrehen beflissen sind. Von den lieben
Kollegen geschürt, setzt ein gesellschaftlicher Boykott wider den Uebel¬
täter ein. Antisemiten und Klerikale interpellieren im Reichsrat
unter höchst möglichem Aufwande moralischer Entrüstung, und der 2.
Herr Unterrichtsminister, der seine kläglichen Umfälle seit jeher mit
den tönendsten Sentenzen auszustafsieren wußte, sagt die Eröffnung“
des Anklageverfahrens zu. Was in der Komödie unterhält, sind —
die satirischen, in Wiener Lokalfarbe getauchten Züge. Weniger die
Person Bernhardis, der weit davon entfernt ist, sich selber irgend¬
wie als einen Vertreter von Prinzipien aufzufassen, und, gänzlich

unpolitisch, die ihm angebotene oppositionelle Führerrolle ablehnt.
Das geistig Ueberlegene wie die mit glänzender Weltgewandtheit
verbundene innere Solidität des Mannes kam in der Darstellung
durch Georg Paeschke zu äußerst sympathischem Ausdruck. In
dem Kollegenkreise traten die Herren Nowack, Menzel, Wirth,
Aßmann mit scharf umrissenen Charakterstizzen hervor. Alfred
Braun gab dem katholischen Geistlichen individuelle Tönung. Den
Unterrichtsminister spielte Herr Kirsch, den ironisch anarchistelnden
Hofrat des letzten Akts Herr Direktor Pategg.
dt.
Notizen.
— Ein Forschungsinstitut für Textilindustrie
soll in Dresden unter Teilnahme der sächsischen Regierung gegründet
werden.
Pfründ' für den Religionsunterricht bei den adeligen Jung
lingen in der Offiziersschul', denk' Dir, das is doch schön von
der Regierung, daß doch wieder auf den rechten Glauben
schaut bei dene adeligen Jüngling' gelt?“...
„ n wieugr
SAut 1917
genpont, Berlin
„Professor Bernhardi.“ Arthur S.
#
die vor einem Jc
Verztekams
#huricher Theatererfolg war, gibt jestcm
Herrenensemöle des SchillereTheaters
lim Charlottenburger Hause) Gelegenheit zur
Darstellung jener ärztlichen Typen, um derent¬
willen allein der Arzt und Poet Dr. meb. Schnitz¬
ler diese bittere Glosse des medizinischen Streber¬
tums und der Gesinnungslumperei geschrieben
zu haben scheint. Denn die Tendenz ist hier
Nebensache, und nach Kräften vermeidet der
Dichter die Parteinahme. Ihm kam es auf die
Menschenschilderung an, und es zeigt sich bei der
Wiedererneuerung der Bekanntschaft mit diesem
Kollegium von Aerzten, daß der damalige Erfolg
der Komödle ein Erfolg der Darstellung war.
Ele sichert auch im Schillertheater dem Stück,
das neben zweiundzwanzig männlichen Figuren
nur eine Krankenschwester in einer nebensäch¬
lichen Evisode auf die Bühne bringt, die Anteil¬
nahme des Hauses. Den Professor Bernhardi
aibt Herr Paeschke. Noch etwas zu jung,
äußerlich ein wenig unruhig, noch nicht ganz
selbstsicher; aber mit der inneren Ueberzeugung
an seiner Sache und dem unerschütterlichen
Glauben an sich selbst und sein Recht. Treffsicher
estalteten die Herren Nowack, Aßmann,
Menzel, Wirth, Geisendörfer und
Krüger die Mitglieoer des Aerztekollegiums;
den Pfarrer, der einstmals Alfred Abel war,
gab, milde) weniger eiservoll, als dieser Priester
innerlich ist. Alfred Braun den lebensklugen
Orspät Ditektor Pategg mit feiner Ueber¬
leginheit.
M. L