II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 437

25. PrafessenBernhand1
6600 191,
Aehen ventite den.
PProfessor Vernylardi“ im Schillortheater
Charlottenburg.
Obwohl vom Dichter als „Komödie“ bezeichnet,
gehört das Schnitz ersche Bühnenwerk in die Gat¬
d Märtyver¬
ung der moderyen Deee
stücke, bei denen es freilich nicht um Leben und
Ehre, aber um Gesellschaftszustände geht, die
gkeinen unberührt lassen. Den Oarstellern fällt
hierbei die schwierige Kunst zu, sich von allz#
pathetischen Peklamationen ebenso fern zu hal¬
ten, wie von dem leichten Ton, mit dem die Ge¬
sellschaft achfelzuckend an den Uebeln der Zeit
vorübergeht. Man anuß Georg Paetschre,
der in der Titetrolle stand, die Anerkennung aus¬
sprechen, Mer nach beiden Richtungen das rechte
Maß gehölten und eine lebenswahre kraftvolle
Kämpferssgur auf die Bühne gestellt zu haben.
Neben ihm standen Arthur Mangel und
Richard Misch als Vertreter der kämpfenden
Wahrheft, jener aus der leichten Resignation
des Oyeisenalters, dieser aus dem moralischen
Feuer des schon ergrauenden Mannes, der noch
immen hofft, aus Filz Funken zu schlagen. Im
Choris der Streber und Heuchler gaben Erich
Nayack, Wilhelm Krüger und Arthur Volke
eink uchtende Typen. Besonders zu erwähnen
eist Hier aber Falias Geisendörfer der den
jusgen, schmiegsamen, in allen Sätteln det schnei¬
en Unterwürfigkeit gerechten Kandidaten

##chwitzpointiert spielte.
„ — —
Neue Preussische Zeitung, Beris
RM0737,
Aus den Theatern. Im Schiller=Tbeate Cbar¬
Jöttenburg wurde „Professor Bernherdi“ Komödie
von Afrthur-ShDenstaa zum ersten Male
aufgeführt. Das Stück, dessen Wert fast ausschreßlich auf seinem
feingeschliffenen Dialog beruht,

dem reichshauptstädtischen
Publikum bereits aus dem Jahre 1912 bekannt. Der schwach
begründete Konflikt zwischen dem Titelhelden und Krankenhaus¬
direktor und einem Pfarrer, dem jener den Eintritt in das Kim¬
mer einer sterbenden Patientin verweigert, um ihr die Glücks¬
illusion der letzten Augenblicke nicht zu stören, ist minder inter¬
essant als das Beiwerk von Typen unterschiedlichster Art. Und
diese mannigfachen Erscheinungen kamen in der Darstellung unter
Franz Bonnos Leitung recht gut zur Geltung. Eine abge¬
rundete Vorstellung. Georg Paeschke verlörperte den Pro¬
fessor Bernhardi in durchaus sinngemäßer Weise; es war der
gütige, aufrechte Mensch und gewissenhafte Arzt, dem seine Pflicht
über jede Rücksicht geht. Seinen Antipoden, den Streber, Pro¬
fessor Flint, stellte Richard Kirsch mit einer gewissen Virtno¬
sität dar, ohne die selbstbewußte Rucksichtslosigkeit mehr als nötig
zu unterstreichen. Alfred Braun, als Pfarrer, hatte in der
bedeutsamen Szene mit seinem Gegner Bernhardi treffliche Mo¬
mente. Sehr belustigend gab Robert Aßmann den jüdischen
Dr. Löwenstein. Der sympathischen Figur des Dr. Cyprian ver
lieh Arthur Menzel die nötige Würde. Auch Erich No¬
wack fand den rechten Ton für den dünkelhaften Vizedirelter
Dem ironischen Hofrat Winkr, der dem etwas zu lang ausge¬
dehnten Stück den Schlußakko verleiht, wurde Max Pategs
gerecht. Der lebhafte Beifall rief die Hauptdarsteller mit Recht
immer wieder vor die Rampe.
M. D.
box 31/2
Berbner Bbisen Zeitung, Berlin
Morgenausgabe
Wun

Im Schillertheater Charlottenburg
Hat man jetzt Arthur SchuiblergProfessor
/(Bernhardi“ aufs Katheder, will sagen auf die
Bühne zitiert, jene liebelose Komödie, in der so gar nicht
von Liebe die Rede ist und fast nur medi¬
zinische Abhandlungen und sozialpolitische Leitartikel
gesprochen wecden. Man könnte also hier wirklich ganz
gut vom Katheder anstatt von der Bühne reden, wenn
nicht die ganze Aufmachung des Stücks den ge¬
schickten Bühnenpraktiker verriete, der Schnitzler auf
jeden Fall ist. Ja, trotz der langatmigen Redereien, von
denen sie strotzt, ist seine Komödie ein bühnenwirksames
Stück, und daraus erklärt sich auch, wohl noch mehr als
aus ihrer philantropischen Tendenz der große anhaliende
Erfolg, den die Schnitzlersche Komödie seiner Zeit — es K
mag fünf oder sechs Jahre her sein —
bei ihrem
ersten AErscheinen im Kleinen Theater davongetragen
hat. Dieser Erfolg lebte gestern abend im Schiller¬
Theater von Neuem auf, zum Teil wohl auch infolge
der vortrefflichen Darstellung, der Franz Bonnos
Regie lebhafte Bewegung und Farbe gegeben hatte.
Namentlich erfuhren die verschiedentlichen, einander
so ungleichen Professoren=Typen eine sehr charakteristische
Wiedergabe. So wußte Georg Paeschke als Prof.
Bernhardi ebensowohl die geistige Schärfe wie die
reine Menschlichkeit des berühmten Arztes, dem die
Gewohnheit des Berufs noch nicht jedes Gefühl ab¬
gestumpft, in seiner ganzen Haltung überzeugend zu
kennzeichnen, während Robert Aßmann die
mosaische Abkunft des Dr. Löwenstein in seiner Gebärden¬
sprache nicht minder überzeugend, zuweilen allzu pro¬
nonciert hervorkehrte. Und Arthur Menzel wieder
war als alter weißhaariger Professor Cyprian,
der stets zum Guten redet, ganz Milde und
Betulichkeit, Wilhelm Krüger dagegen als Prof.
Filitz ganz Würde und Steifheit. Erich Nowack
ferner ließ in seinem ganzen Wesen die Intriganten¬
natur des Prof. Ebenwald scharf hervortreten, ein greller
Kontrast zu der echt germanischen Geradheit und Biederkeit
des von Richard Wirth ungemein lebensvoll ge¬
stalteten Dr. Pflugfelder, den in der großen Sitzung
des Anstalts=Direktoriums allein der Zorn über jenen
Kollegen zum Redner macht. Auch die übrigen Dar¬
steller der figurenreichen Komödie
so namentlich
Julius Geisendörfer als Kandidat der Me¬
dizin, der sein Strebertum hinter glatten, liebenswürdigen
Manieren verbirgt, und Richard Kirsch als über¬
zeugungslosen Unterrichtsminister, der im Nachsatz
widerruft, was er im Vordersatz gesprochen, taten das
Ihre, der Schnitzlayschen Dialektik zum Siege zu ver¬
helfen. Ihnewallen wurde denn auch die Genngtnung,
daß nach jedem Akte der einmütige Beifall des Publi¬
kums sigwieder und wieder auf die Bühne zurückrief.