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25 PrefessenBernhani
„Die Theater- und Kino-Woche.“
Adieu paniers, vendan¬
ges sont faites, Adieu,
gutes Alt-Oesterreich.
Arthur Schnitzler hat in
diesem köstlich gezeich¬
neten Schattenspiel Deiner
guten Tage jene Zustände
öffentlicher Anstalten, von
denen die Oberholla¬
brunner sich keine Vor¬
stellung machen können,
zu unvergeßlichem An¬
denken festgehalten.
In dieser Tr. gikomödie
des anständigen Mannes
wird diesem ein stramm
organisiertes Hochroitz¬
pointnertume gegenüber¬
gestellt, eine fein zu¬
sammenhaltende Gesell¬
schaft von Brüderln mit
akademischen Graden.
Die Gemeinheit in allen
Formen, die schlichte Ge¬
meinheit, die begabte Ge¬
Phot. Weitzmann
Direktor Bernau
meinheit, die nackte, un¬
interessierte, nur in sich
selbst vergnügte, die unfähige und die prachtvoll geistig maskierte
treten Bernhardi gegenüber und veranstalten das Kesseltreiben,
von dem Hochroitzpointner gemütvoll meint, es werde dem
Professor das Genick brechen. Als Handhabe dient ihnen dafür
eine Spitalsepisode, eine Situation, in der Bernhardi vergaß,
daß er in einem christlichen Staat lebt, und nur einfach das
tut, was inneres Gefühl und bestes Wissen erheischen.
Es war vielleicht nicht minder unvorsichtig von Schnitzler,
daß er sich als künstlerisches Requisit, als dramatischen Hebel
gerade dieses Aneinanderprallen des jüdischen Arztes mit dem
Geistlichen wählte. Zu nahe lag die Folgerung einer Tendenz gegen
die katholischen Gebräuche, eine Folgerung, die von der österrei¬
chischen Zensur tatsächlich durch acht Jahre gezogen wurde und das
Spielverbot bewirkte. Bernhardi, daran ist nicht zu zweifeln, hätte
mit derselben Bestimmtheit den Besuch des Notars verweigert,
oder irgendeines, der das arme Mädchen um das Glück ihrer
ahnungslosen letzten Stunde berauben konnte. Die Frage, ob der
Trost, den der Geistliche bringen konnte, dieses ahnungslose
Glück aufwiegt, ist nicht entscheidend. Bernhardi ist nämlich
25 PrefessenBernhani
„Die Theater- und Kino-Woche.“
Adieu paniers, vendan¬
ges sont faites, Adieu,
gutes Alt-Oesterreich.
Arthur Schnitzler hat in
diesem köstlich gezeich¬
neten Schattenspiel Deiner
guten Tage jene Zustände
öffentlicher Anstalten, von
denen die Oberholla¬
brunner sich keine Vor¬
stellung machen können,
zu unvergeßlichem An¬
denken festgehalten.
In dieser Tr. gikomödie
des anständigen Mannes
wird diesem ein stramm
organisiertes Hochroitz¬
pointnertume gegenüber¬
gestellt, eine fein zu¬
sammenhaltende Gesell¬
schaft von Brüderln mit
akademischen Graden.
Die Gemeinheit in allen
Formen, die schlichte Ge¬
meinheit, die begabte Ge¬
Phot. Weitzmann
Direktor Bernau
meinheit, die nackte, un¬
interessierte, nur in sich
selbst vergnügte, die unfähige und die prachtvoll geistig maskierte
treten Bernhardi gegenüber und veranstalten das Kesseltreiben,
von dem Hochroitzpointner gemütvoll meint, es werde dem
Professor das Genick brechen. Als Handhabe dient ihnen dafür
eine Spitalsepisode, eine Situation, in der Bernhardi vergaß,
daß er in einem christlichen Staat lebt, und nur einfach das
tut, was inneres Gefühl und bestes Wissen erheischen.
Es war vielleicht nicht minder unvorsichtig von Schnitzler,
daß er sich als künstlerisches Requisit, als dramatischen Hebel
gerade dieses Aneinanderprallen des jüdischen Arztes mit dem
Geistlichen wählte. Zu nahe lag die Folgerung einer Tendenz gegen
die katholischen Gebräuche, eine Folgerung, die von der österrei¬
chischen Zensur tatsächlich durch acht Jahre gezogen wurde und das
Spielverbot bewirkte. Bernhardi, daran ist nicht zu zweifeln, hätte
mit derselben Bestimmtheit den Besuch des Notars verweigert,
oder irgendeines, der das arme Mädchen um das Glück ihrer
ahnungslosen letzten Stunde berauben konnte. Die Frage, ob der
Trost, den der Geistliche bringen konnte, dieses ahnungslose
Glück aufwiegt, ist nicht entscheidend. Bernhardi ist nämlich