II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 485

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25. BrefessonBernhandi
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Rundschau.
mit Absicht oder aus Vorsicht, schaltet
gebungen, mit denen Schnitzler am Abend
Schnitzler aus und er tut dies gerade in
der ersten öffentlichen Aufführung in Wien
dem Augenblick, wo es gilt, den Stier bei
geehrt wurde, klang es wie stolzer Sieges¬
den Hörnern zu packen. Indem er Professor
jubel über den Zusammenbruch eines Zensur¬
Bernhardi an der Berechtigung seiner Hand¬
verfahrens, das uns die Aufführung des
lungsweise selber irre werden und ihn sich
Stückes durch sechs Jahre ungestraft vor¬
just von seinen freisinnigen Anhängern ab¬
enthalten durfte, und man kann diesen Jubel
wenden läßt, begibt er sich auf den neutralen
verstehen, wenn man sich all der Kämpfe um
Boden jenes lachenden Philosophen, der
das Aufführungsrecht erinnert, sowie all der
einmal gesagt hat, daß um den Helden
fruchtlos unternommenen Versuche, das Ver¬
herum alles zur Tragödie und um den Halb¬
bot zu umgehen. Umsonst waren die heißen
gott alles zum Satirspiel wird. Weder um
Bemühungen von Direktor Weisse, eine
die tendenziöse Ausbeutung des Falles, noch
Aufführung der vielumstrittenen Komödie
um die Austragung des tragischen Konfliktes
in einer § 2=Vorstellung durchzudrücken.
ist es Schnitzler zu tun, sondern zuvörderst
Dann wollte uns gar das Berliner
um das heitere Widerspiel in der politischen
Kleine Theater mit einer eigens für uns
Umwelt, worauf auch das an Professor
in Preßburg veranstalteten Gastvorstel¬
Bernhardi gerichtete Schlußwort des Hof¬
lung bundesbrüderlich zu Hilfe kommen.
rates Winkler, der gelegentlich erklärt, daß
Ein Sonderschiff sollte uns im Frühjahr
man als Beamter entweder ein Anarchist
1913 aus dem Machtbereich der Wiener
oder ein Trottel sein müsse, mit nicht mi߬
Zensur nach Ungarn entführen und in einem
zuverstehender Deutlichkeit hinweist: „Ich
Sonderzug sollten wir mit dem freudigen
hätte in Ihrem Fall vielleicht ebenso ge¬
Bewußtsein, der Zensurbehörde ein artig
handelt wie Sie, aber dann wäre ich g’rad'
Schnipplein geschlagen zu haben, wieder
so ein Viech gewesen wie Sie.“ Wenn also
heimgebracht werden. Doch die Beschützer
religiöse Gefühle nicht zu schützen waren,
unseres geistigen Wohles wußten auch diese
weil Angriffe gegen sie nur in der Einbil¬
Extratour zu verhindern, weil sie sich kraft
dung ängstlicher Gemüter leben, wozu dann
ihres Amtes verpflichtet fühlten, überall Ge¬
das Verbot? Die Annahme aber, daß es
fahren für Religion und Sitte zu wittern,
nur darum erfolgt sei, weil sich das da¬
auch dort, wo es sich, wie in „Professor
malige Unterrichtsministerium durch die sa¬
Bernhardi“ schlimmstenfalls um einen
tirische Zeichnung zweier höherer Beamter
dramatischen Versuch handelt, zu zeigen, wie
in seinem Ansehen bedroht fühlte, ließe das
hierzulande mit und ohne Hinzutun der
Verbot erst recht kleinlich und engherzig er¬
öffentlichen Behörden jede Frage in die
scheinen, wenn anders dahinter nicht etwa
Niederungen der politischen Parteikämpfe
ein zum behördlichen System erhobener Über¬
gezogen wird.
eifer zu suchen sein sollte.
Einen anderen Sinn und Zweck aus
Nun mit der alten Donaumonarchie auch
der Komödie Schnitzlers herauszulesen, kann
das alte österreichische Zensurverfahren zu¬
aber nur, wer selber nicht frei ist von der
sammengebrochen ist, winkt uns die Hoff¬
darin mit sanfter Ironie gegeißelten Un¬
nung auf ein reineres Seelenheil als jenes,
tugend, aus jeglichem Ding ein gemein¬
das durch polizeiliche Knebelungen des freien
gefährliches Politikum zu machen. Was ge¬
Dichterwortes auf der Bühne geschützt werden
schieht denn in dem Stücke so schrecklich
sollte, und der durch keine politischen Partei¬
Gefährliches? Ein jüdischer Arzt verweigert
kämpfe gestörte Beifall, mit dem „Professor
einem katholischen Priester den Zutritt zu
Bernhardi“ bei seiner Erstaufführung im
einer Sterbenden, um ihr die Wohltat der
Deutschen Volkstheater aufgenommen wurde,
letzten Hoffnung auf die Rettung ihres jungen
darf uns als ein erfreuliches Anzeichen dafür
Lebens nicht zu rauben. Zugegeben, daß es
gelten, daß wir auch ohne geistige Bevor¬
im Anfang den Anschein hat, als sollte ein
mundung den rechten Weg zu finden wissen
Akt von Religionsstörung, mit Recht oder
werden. Diese Hoffnung, dieser Beweis ist
Unrecht, beschönigt und verteidigt werden.
der schönste Gewinn des denkwürdigen
Denn Professor Vernhardi mußte wissen,
Schnitzler=Abends, der überdies noch den
daß ihm seine Handlungsweise, wie rein
Genuß einer in sorgsamer Probenarbeit gut
auch ihr menschlicher Antrieb gewesen sein
abgestimmten Vorstellung bot, um deren
mochte, nur zu leicht als ein unerlaubter
Gelingen sich Direktor Bernau sowohl als
Eingriff in ein ihm fremdes religiöses Gebot
geschmackvoller Leiter des Spieles, wie auch
ausgelegt werden könnte, und was wie eine
als taktvoller; Darsteller des Titelhelden be¬
tendenziöse Zuspitzung des Falles aussieht,
sondere Verdienste erwarb.
ist weit eher ein tragischer Konflikt des
Was sonst noch an dramatischen Weih¬
Judentums. Aber auch den, gleichviel ob