II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 505

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Freitag

Skandallzenen im Wiener¬
#enstädter Stadttheater.
M#cisemitische Demonstration anläßlich einer Auf¬
führung von Schnihzlers „Pe#iesson Bernhardi“
(Privattelegramm des „Neuen Wiener Journals“.)
Wiener=Neustadt, 23. Oktober.
Gestern abend kam es im hiesigen Stadttheater anläßlich der
Aufführung von Artur Schnitzlers „Profess
Bernhardi“ zu großen Skandalszenen. Die Komödie wurde
bereits vorigen Donnerstag zum erstenmal aufgeführt und das
christlichsoziale Organ, die „Wiener=Neustädter Zeitung“, drohte
mit einem Theaterskandal, falls das Stück nochmals
aufgeführt werden sollte. Direktor Paul Sandt unterzog
die Komödie einer Revision und nahm einige Streichungen vor,
worauf er für gestern das Stück wieder ansetzte. Von christlich¬
sozialer und deutschnationaler Seite wurde in der Stadt eine
Agitation eingeleitet und Studenten verteilten in den Straßen
vor der Vorstellung antisemitische Flugschriften.
Sie besetzten auch im Theater in allen Teilen viele Plätze.
Anderseits hatten aber auch die Sozialdemokraten sich in großer
Anzahl im ganzen Theater verteilt. Staatspolizei und städtische
Polizei hatte umfassende Vorkehrungen getroffen und ein großes
Aufgebot von Sicherheitswache und Polizeiagenten war im Hause
postiert.
Die ersten zwei Akte gingen ruhig über die Szeue. Ims
dritten Akte jedoch erkönten plötzlich vom Stehparterre aus und
von den Galerien lautes Zischen. Im vierten Akte wurden beis
der Szene, wo Professor Bernhardi vom Gericht zurückkommt,
Psuirufe laut, es wurde gezischt und getrampelt und der Skandak
wuchs derart an, daß die Szene unterbrochen werden mußte. Die
Polizei schritt ein und verhaftele aus dem Stehparterre vie
Studenten. Nach Schluß des vierten Aktes entstand im Parket
eine laute Kontroverse zwischen dem Obmann des Theaterkomitee¬
Vizebürgermeister Püchler und dem Redakteur der „Wiener
Neustädter Zeitung Dr. Thurner. Vizebürgermeister Püchlei
sagte laut, daß es im ganzen Hause gehört wurde, zu Dr. Thurner:
„Daran sind Sie schuld! Sie haben die Leute verleitet! Das sind
lauter Buben!“ Es entspann sich eine erregte Auseinandersetzung,
der Polizeibezirksinspeklor Schreiber dadurch ein Ende machte, daß
er Dr. Tyurner veranlaßte, das Theater zu verlassen. Im Hause
herrschte große Aufregung. Nach dem folgenden Akt wurde wieder
gepfiffen und gezischt. Sobann zog eine große Menge Christlich¬
sozialer und Deutschnationaler zum Zentralwachzimmer im Rathaus¬
und verlangte Auskunft über das Schicksal der vier verhafteten
Stuhenten. Inspektor Schreiber wirkte auf die Menge ein,
worauf sie sich zerstreute.
Die Absicht der Demonstranten, die Kundgebungen vom
Theater auf die Straße zu verpflanzen und denselben einen anti¬
semitischen Anstrich zu geben, wurde durch die Maßnah##e der
Polizek vereitelt.