II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 554

25. Profes Bernand

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Pämehershorgor Tothe
Reichenbero
dritte Komtesse auch in letzter Stunde übernom¬
men hatte, zeichnete das verliebte und genäschige
Backsischchen mit bestem Gelingen. Max Adler
wußte als Graf Reichenbach seineguten Quali¬
täten wieder ins beste Licht zu setzen. Rich. Ge¬
rold schuf aus seiner Rolle (Graf Niese) eine
ullige Type. Ebenso beweglich zeigte sich Phil.
Wenig als Alfons. Alfr. Bock, dessen urwüchsiger
Dienstmann Haffenreiter unverfälschtes Wiener
Leben atmete, hatte stets die Lacher auf seiner
Seite. Hans Holthaus zeichnete als Landesge¬
richtsrat eine Buhnenfigur von guter Komik. In
diskreter Weise wußte Ferd Adler den Advokaten
Dr. Kohn zu stellen. Erwähnt seien noch K. Artel,
Franz Luze Rudi Walden, Othmar Lusacz, Gust.
Blever Willi Schwarz Rud. Gottwaldt. Kapell¬
meister Joff Eckl gab dem Ganzen Lebendigkeit.
R.
Das Haus war gut besucht.
„Professor Bernhardi“ eine Komödie in fünf
Aufzugen von Artun#cibler. — Wir sind zeit¬
lich und wohl auch sonstnsc
ehr weit vom
Altstaate Österreich entfernt und kröseen wun¬
dern wir uns heute schon, daß man eine Kömödie
von der harmlosen Art des „Professor Bern¬
hardi“ unter Verbot legte. Schließlich war das
auch ein Weg genannt und berühmt zu werden!
Im übrigen het Schnitzler auch in diesem Spiel
die Verhältnisse seiner Umgebung mit sicheren
Strichen gezeichnet. Ein Bild der verrotteten
Wiener Machtpolitik um die Jahrhundertwende
entrollt sich vor unseren Augen; ein Arzt, Pro¬
fessor Dr Bernhardi, Direktor des Elisabethi¬
nums, wird diesmal ihr Opfer. Dir. Josef We¬
ninger spielte auch diese Rolle mit überzeugen¬
der Kraft; wieder hatte man den Eindruck be¬
gluckender Natürlichkeit die noch dasurch eine be¬
sondere Steigerung erfuhr, daß Dir. Weninger
in Maske und Bewegung durchaus neue Form
zeigte. Aus dem reichen Kranze seiner Umgebung
regten durch scharfe Charakteristik und warmes
Spiel Alfred Bock (als Dr. Löwenstein), Alfred
Volke (als Dr. Pflugselder) Ferdinand Adler
(als Dr. Schreimann) und Karl Artel (als
Hochwitzpointner) hervor; auch Fritz Horn (Dok¬
tor Ebenwald), Franz Luze
Dr Cyprian) und
die übrigen Mitalieder des Klisabethinunes zeig¬
ten auten Willen aber ihre Darstellun; bli b zum
Teil blaß oder L ichförmig. Die rechte Wiekung
der Rolle geht dann ebenso verloren, wie bei
allzustarker Betonuna (Gustav Bleyer und
Walden=Hand). Karl Janisch als Pf r¬
rer Reder und Otto Braun als Unterrichts¬
minister Flint zeieten — wie schon oft — das
rechte Maß. Insgesamt konnte man mit der Dar¬
bietung der Kowödie recht zufrieden sein; das be¬
zeugte auch der starke Beifall, den namentlich die
ersten Aufzüge fanden. Sein Nachlassen, heson¬
ders beim leuten Akte, ist im Aufbau des Stückes
begründet. Darüner konnte auch #i sachkendige
Spielkeitung, die Dir. Weninger führte ich:
hinwegtäuschen.
St.

box 31/3
= Aussiger Stadttheater. (Erstauffüh¬
rung
„Prosessor Bernhardi“ von
Arthur Schnitzler.) Der gestrige Abend verdient
jals besonderes Ereignis in den Annalen unseres
Theaters hervorgehoben zu werden. Er brachte die
Erstaufführung einer der besten und wirksamsten!
Bühnendichtungen Schnitzlers und zeigte auch, auf
welche künstlerische Höhe die Leistungen unserer
Bühne gebracht werden könnten, wenn
— der
Geschmack des Publikums es zulassen würde. Im
salten Oesterreich wurde der „Professor Bernhardi“
mit dem Zensurbanne belegt und das Stück ist
infolgé dessen, obwohl darin nur menschliche Kon¬
flikte gezeichnet werden, gegen die Absicht des
Dichters zu einer Kulturkampf=Komödie geworden:
Ein Arzt verweigert einem Geistlichen den Zu¬
tritt zu einer Sterbenden, da er diese im Zustande
der Euphorie nicht um die letzte glückliche Traum¬
stunde ihres Lebens bringen will; er ist von den
edelsten Absichten als Mensch und Arzt geleitet,
doch die herrschenden kirchlichen Kreise im Staate
sind anderer Ansicht, er wird verurteilt. Der Arzt
ist ein Jude und so wird selbstverständlich auch die
Judenfrage aufgerollt, und an einigen treffenden
Beispielen illustriert. Die ehemals auf der medizi¬
nischen Fakultät in Wien sprichwörtliche Protek¬
tions= und Vetternwirtschaft wird vom Dichter
scharf ironisiert und gegeißelt. Viele der angeschnit¬
tenen Kulturfragen sind, obwohl das Zensurverbot
des alten Oesterreich gefallen ist, auch heute in
der Republik noch nicht gelöst und es ist daher zu
begrüßen, wenn im Kampfe der Ideen auf der
Bühne ein Dichter zu Gehör kommt, der für eine
gerechte und anständige Lösung dieser Fragen
eintritt.
Die Aufführung wurde von Direktor Hut¬
tig musterhaft geleitet. Herr Gibiser charak¬
terisierte den Pflichtmenschen und Gerechtigkeits¬
sanatiker Bernhardi mit scharfer Deutlichkeit. Die
zahlreichen Mitolieder des Professorenkollegiums
waren unter Zuhilfenahme aller Kräfte unseres
Ensembles durchwegs erstklassia besetzt, was bei
der großen Anzahl der männlichen Rollen beson¬
ders rühmend hervorzuheben ist. Die Herren
Marich, Reden, Ubel, Samwald und
[Karner fanden sich in ihren Rollen sehr aut
ein, auch Herr Kroll als Verteidiger bewährte!
sich. Ebenso konnte sich Herr Fuchs in der Rolle
des jüdischen Bezirksarztes sehen lassen. Herr!
Norfolk war ein würdiger und redegewandter!
Minister für Kultus und Konkordat. Herr Direk¬
tor Huttig als Helfer brachte die gemütlich¬
Wiener Figur des anarchistischen Hofrates allzu
gelungen zur Geltung. Als guter Sprecher erwies
Ich Herr Marauschek in der Rolle des
Pfarrers. Die einzige weibliche Evisodenrolle der
Krankenschwester Ludmilla vertrat Frl. Joachimi.
sehr gut. Die Zuhörer standen unter dem Stiefen
Eindruck der Dichtung und Darstellung, besonders
nach dem wirkungsvollen dritten Akte setzte lange
andauernder starker Beifall ein, für welchen Herr
Direktor Huttia auch im Namen des Dichters
zu danken die Ehre hatte.