II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 614

25. ProfeseBernhand
. Ausiedler nicht ausreicht.
weiterer Grund von benachbarten Gütern zur Abrundung des
Went
enteigneten Gebietes ebenfalls durch Enteignung herangezogen
werden kann.
ktuelle“
Es ist wirklich, als ob In Stücken mit Dialektanklang das Idiom
selbst zur Fackel würde und in die tiefsten Tiefen des Menschen
t gegen
herunterleuchte. Auch Reinbardts grosse Erfolge in dieser?
Saison beruhen auf zwei völlig österreichischen Aufführungen.
bit jetzt
Zum ersten hat er kürzlich eine völlig österreichische Ausgabe
Ueber¬
den „Lebenden Leichnam“ hergestellt, mit dem tragischen Ko¬
Grafen¬
miker Gustav Waldau in der Titelrolle. Das schläfrige, von
er war.
Natur misogyne, zugleich aber auch aus Erziebung noble und
esucher.
dem Gemeinen abbolde Wesen Waldaus gab dem Fedja, und
ie muss
damit dem Stück, eine ganz neue Melodie. Eine heiser sym¬
neiner
pathische Melodie. Zunächst schien Waldaus Gestalt nur ver¬
(Weil
vettert irgendeinem Ruah-Haben-Wollenden aus einer Nestroy¬
nur ge¬
Charakterkomödie. Dann (irgendwo muss man die Klinke
selbe
packen) machte er eine Türe auf und trat tief in die Rolle hin¬
kommt,
ein. Durch eine ganz andere Wand als Moissi. Moissis Be¬
terhund
redtheit und Waldaus Verstummen, beides wird man nicht ver¬
dieses
gessen. Wenn sich Schwager und Schwägerin (die begabte Eva
hicksal
Geyer) anschweigen, und aus Waldaus Auge die Erkenntnis
terfolg
bricht, man solle eigentlich niemals sprechen — wie wunderbar
ging
ist das! Zum Zweiten haben die Josefstädter (unter Reinbardts
age das
Meisterschüler Paul Kalbeck) Kamares „Leinen aus Irland“ aus
te oder
der Berliner Dlaspora erlöst und dem verdienten Erfolge zu¬
grosse
geführt. Nicht die recht abgegriffene Lustspielintrige entschied
da war
ihn, sondern die österreichische Typenkenntnis des Verfassers,
das in
die Waldau, Peppler, Neugebauer, Nowotny, Alten und Anna
ebracht
Salten glänzend hoben und ausbauten. Merkwürdig der Berliner
1 Jahn
Schauspieler Kurt Bois. Was er an Schärfe daheim lassen
5
musste, gewann er an Tiefe — ja: an Tragik. Mit Ausnahme
bel und
von Hugo Thimig, aber wer wird einem gewesenen Burgtheater¬
kknopf
direktor die Wahrheit sagen wollen (das Alte bleibt hier un¬
erheben
gestürzt!): ein schauspielerisch ganz grosser Abend.
musste
Manches ist hier zu österreichisch, als dass es von den
dürfe“.
Hiesigen genug gewürdigt werden könnte. So wird man vielle cht
glicher¬
erst in Deutschland darüber entscheiden müssen, ob und werem
meta¬
Clemene Neydissers Lustspiel das beste österreichische
pder im
Komödiengewächs seit Bahrs „Konzert“ ist. Hinter dem
um der
Pseudonym verbirgt sich Lernet-Holenia plus Stefan Zweig; das
Stück heisst „Gelegenheit macht Liebe“. Es hat eine Anmut, die
Georg
nirgend verlogen ist; seine Indezenz ist so unbefangen, dass sie
bereits wieder völlig dezent ist. Es hat allerdings (welch ein
hundert
Verbrechen!) nirgends Ansatz zu Gefühlsfett. Trotzdem ist es
manche
österreichisch. und sogar zu 100 Prozent — denn jenes verlogene
. dass
Gebäck aus Gesang und Tränen, jenes noch immer zu wenig
hnitzler
verfluchte internationale Flimmer-Wien, der Export-Kitsch, ist
gespielt
gar nicht österreichisch. Die schöne Aufführung des Deutschen
128 ist
Volkstheaters wurde getragen von der reifen und weiblichen Erika
Bühnen¬
Wagner, von Paula Wessely, Hans Thimig und dem vielleicht
macht. & besten, weil uneitelsten Bonvivant Wiens, HIans Olden.
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ische Juristen aussernato
mögen, um den erregenden Fall nachzuprüfen und ein
Gutachten über den Urteilstatbestand abzufassen.
Thomas Mann.
Ihr sehr ergebener
Leider hat Wien noch immer nicht, was es haben sollte und
könnte: ein Nestroy-Theater. Ein Theater, auf dem man 364 Tage
im Jahr Nestroy zu spielen hätte. Täte man dies, so würde sich
durch das ganze Jahr eine solche Silvesterstimmung verbreiten
wie beim „Färber und sein Zwillingsbruder“. Sogar die beste
Gesellschaft Wiens, die Nestroy für einen sehr lange ver¬
storbenen, eigentlich nie recht aufgekommenen und überholten
Schriftsteller hält (und sich nach Art jeder besten Gesellschaft
lieber eine teure Importe aus London, Paris und Berlin in den
Mund steckt), würde zwangsweise merken, was es an ihm besitzt.
Denn das ist der Ernst in Nestroys lustigen Stücken: dass er
vom höchsten Würdenträger bis zum untersten Hausmeister das
ganze Oesterreich erfunden hat. Hier — in den Lustspielen eines
Shakespeare! — steht wirklich die metaphysische Oberbühne.
Aber kein Druck auf den Intellekt, sondern ein leises Berühren
des Herzens befördert das Publikum hinauf.
* Renée Sintenis und Klee in Brüssel. Aus Brüssel berichtet
unser Korrespondent: In Brüssel wurde die Ausstellung der
Bildhauerin Renée Sintenis und des Dessauer Professore Paul
Klee eröffnet. Damit treten zum ersten Male wieder deutsche
Künstler von Ruf vor die belgische Oeffentlichkeit. Der deutsche
Gesandte und Frau Horstmann eowie der Gesandtschaftsrat
Braun von Stumm waren aus diesem Anlass in der Galerie
„Der Zentaur“ erschienen. Die Anerkennung der Sintenisschen
Tierbildserien wird sicher allgemein sein. Das Werk Paul Klees,
der bereits vorigen Winter in Brüssel ausstellte, dürfte hier nur
bei den ganz Jungen auf Verständnis stossen, die sich aus dieser
Ungereimtheit des Expressionismus noch nicht freigerungen haben,
wie in Deutschland Die frühere Periode Klees würde hier weit
mehr Zustimmung finden. Es wäre dankenswerter, wenn weniger
unverständliche, weniger dem kleinen Moritz nachempfundene
Erzeugnisse aus Deutschland hierherkämen, die ein wirkliches
Bild deutscher Kunst bôten. Neben Klee wirkt die heitere
liebenswürdige und grosse Kunst der Sintenis fast klassisch und
J. v. R.
darum danken wir ihr für ihr Erscheinen.
* „Jede Woche Musik.“ In der heutigen Nummer unserer
illustrierten Wochenschrift bringen wir zwei Silvester-Tans¬
schlager: a) „Sag mal, wer ist die Dame?“ (Foxtrott), Worte von
Friedrich Schwarz. Musik von Ed. May und F. Schwarz, abge¬
druckt mit freundlicher Genehmigung der Edition Benjamin,
Paris, 3, rue Richer, Propagandabureau, Auslieferung für Berlin
Hermann Augustin, Berlin; b) „Küss mich, mein Lieb’, nur noch
ein einzig Mal“ (Boston), Worte von A. O. Witte, Musik von
Heinrih Hirsch.