II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 746

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ESTRASSE 22-24
Berlin
sgabe
er vom: 2 4. JAN 1930
keit für so wesentlich, daß er dem Priester, der der Schwer=jtung Schnitzlers und dieses Stückes in den Olymp der deutschen
kranken die Sterbesakramente bringen will, den Zutritt ver¬
Literatur ging daneben.
Königgräßer
weigert. Aus dieser Tatsache, die in sich schon falsche Voraus¬
Trotz des schauspielerischen Aufgebotes mit Fritz Kort¬
setzungen birgt (wie gleich bewiesen wird), leitet Schnitzler
ner in der Titelrolle und Feiix Bressart, Heinz
be
seine „Komödie“ her, die darin besteht, daß gegen Professor
Salfner, Erwin Kalser als Aerzte um ihn herum,
rofessor Bernhardi“.
Bernhardi die systematische Hetze eröffnet wird, endigend mit
Vaul Otto als Kollege Unterrichtsminister, Paul
zwei Monaten Gefängnis wegen Mißachtung und Beleidigung
diese Komödie schrieb, war es
Hörbiger als dessen Hofrat und Ernst Stahl=Nach¬
der christlichen Weltanschauung.
spielt aber noch zwölf Jahre
baur als Pfarrer ist der Aufführung nur das geringe Plus
Zunächst muß festgestellt werden, daß kein Priester zu einer
Jahre 1900 aber war Arthur
zuzubilligen, daß sie das Milien des K. und K. Vorkriegsöster¬
Kranken gehen wird, die sich den kirchlichen Zuspruch grund¬
Jahre alt, 1912 also ein
reichs einigermaßen trifft. Wenigstens in seinen Schwächen.
sätzlich verbeten hat. Dann ist Schnitzler völlig im Irrtum,
Aber schließlich sind ja unsere Berliner Theater in andere Sor¬
wenn er glaubt, irgend ein sterbender Katholik sähe in dem
icht für unwichtig, besonders,
gen verwickelt. Wenn man gestern abend beobachtet hat — und
Geistlichen der ihm die letzten Tröstungen bringt, den uner¬
das ist das zweite, was mir zu denken gab — wie interessiert;
arnowsky es für wichtig und
bittlichen Todesengel, nach dessen Erscheinen es nur noch das
das Premierenpublikum den Vorgängen auf der Bühne folgte,
enen Ladenhüter der Schnitz¬
Ende gäbe. Schnitzler weiß das selbst; denn er läßt einen seiner
sobald der Priester auftrat, und wie enttäuscht es nachher rea¬
heinmal ans Licht zu ziehen.
Aerzte im Verlauf des Stückes davon sprechen, daß schon
gierte, als die Auseinandersetzung lau und fflau in nichtigen
ater an sich“ handeln, meinet¬
mancher Kranke nach der heiligen Wegzehrung in nahezu wun¬
Redensarten verlief, so möchte man wünschen, daß endlich einer
wäre nichts gegen die Wieder¬
derbarer Weise wieder gesund geworden sei. Aber das ist ihm
das Zeitstück schreibt, in dem das Religiöse wirklich im Mittel¬
ie aber — die alles andere als
bei der Konstruktion des Falles unwichtig. Darum ist auch die
punkt steht, nicht nur sein verzerrter Schatten. H. Bachmann,“
k. med. Schnitzler einmal ge¬
dritte Prämisse falsch, auf der der Autor sein Stück aufbaut.
Ene Zeit zu polemisieren. Der
wonach der Chefarzt des Krankenhauses dem Geistlichen den
der, daß in dem ganzen Stück
Weg zum Krankenbett wehrt, in der Angst, das könnte der
er nur eine einzige Frau auf¬
Kranken schaden. — Es ist dann nicht verwunderlich, wenn die
chwester Ludmilla eine durchaus
Intriguen, die gegen Schnitzlers Helden gesponnen werden,
war jetzt behaupten, man habe
sehr schwach und kurzatmig sind, ebenso wie sein Geknatter einer
eine Verbeugung vor diesem
sogenannten freien Auffassung gegen kirchliche Grundsätze. Daß
ahen wollen. Besonders Bar¬
er diese Grundsätze außerdem noch verzerrt ins Heuchlerische und
längeren Jahren zuerst nach
Muckerische und einen Priester auf die Bühne stellt, wie ihn
er##en. Aber „Professor Bern¬
nur ein Liberaler ausdenken kann, macht die Position des
orisch, noch wirkt er
Aukoks nur noch schwächer. Er verliert sich gerade in den letz¬
n die überzeitliche Bo¬
#ten beiden Bildern in spannungslosen Dialogen und Diskussio¬
ihm entschieden die politi¬
nen. Kein Mensch kann weinen oder gar lachen über diesen
seinen Heros der Jahrhundertwende, seinen Kämpen in der
siert, ist zweierlei: Das Stück
Front sogen. aufgeklärter Wissenschaft gegen die Kirche. Wen
ung und die geistige Substanz¬
interessiert uns heute noch? Und wer glaubt, auch unter den
e, als Arthur Schnitzlor, der
liberalsten Sozialdemokrten, heute noch an diese Verzeichnung!
Bernhardi“ schreiben zu müssen
Warum also bringt Barnousky dieses Stück mit soviel
rikalen“ Er konstruiert sich
Aufwand heraus? — es gibt dafür weder Erklärung noch Ente
Klinik liegt ein Mädchen im
schuldigung. Auch scheint er während der Vorbereitung Angst
nen unerlaubten Abortus vor¬
vor der eigenen Courage bekommen zu haben; denn er bricht
er Euphorie nicht, daß nichts
alle Spitzen ab und versucht aus einem dramatischen Angriff,
der eigentlich nur die Wiener angeht, eine gedämpfte Charak¬
hardi, hält diese Sterbeselig= terstudie zu machen. Man kann ihm nur bestätigen: Die Ret¬