II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 877

box 31/7
PS S 0
25. ProBernhandi
7*
G
741)
WNE
He
Unser Kampf um die Bühne.
Bekanntlich ist es noch nicht so sehr lange her, daß es auch in Deutschland
1
hervorragende Katholiken gab, die das Theater in Bausch und Bogen
verurteilten. Nicht bloß die Auswüchse, sondern das Bühnenspiel an sich.
Friedrich Leopold Stolberg erklärte sich im Jahre 1808 in einem Brief
an die Mutter der damals zehnjährigen Annette Droste=Hülshoff auch dann
gegen dramatische Aufführungen, wenn ein Stück ganz ausnahmsweise nichts
enthalte, was das Kind ihr nicht vorlesen dürfte. Denn „das bloße Vor¬
stellen“ sei „jedem Menschen“ gefahrlich, „mehr als Männern den Frauen,
mehr als diesen den Mädchen... Später setzte Stolberg in seiner Schrift:
„Beherzigungen über die Schauspiele, sowohl über die öffentliche Bühne
als auch insbesondere über die Vorstellungen in den Wohnungen“, diesen
allzu unterschiedslosen, wenn auch von den edelsten Absichten beseelten Wider¬
stand fort. Janssen berichtet darüber im Leben Stolbergs (II 146 ff) aus¬
führlich. Möhler meinte in seiner berühmten „Symbolik“ (§ 70), „mit der
fortschreitenden Geistesentwicklung“ werde das Theater „wohl gewiß unter¬
gehen"; dann werde man die Quäker als Chorführer derer preisen, „die
gleich ihnen, wenn auch gerade nicht aus denselben Motiven, in Masse
dem Theater entsagen wie einer Kinderpuppe und sein Vergnügen dem
Pöbel gleichgültig preisgeben“.
Heute würde wohl jeder deutsche Katholik in der gleichgültigen Preis¬
gabe der Bühne nicht einen Fortschritt, sondern einen Verfall der geistigen
Entwicklung sehen. Die milderen und richtigeren Anschauungen, die sich
neben den überstrengen immer behauptet hatten, sind dank der zunehmenden
Erkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse allmählich zur Alleinherrschaft ge¬
langt. Im Jahre 1854 schrieb Eichendorff am Schlusse seiner Aufsätze
„Zur Geschichte des Dramas“, es sei „ohne Zweifel von der höchsten
Wichtigkeit, diese moderne Volksschule möglichst zu reformieren oder doch
wenigstens unschädlich zu machen“. Dieselbe Ansicht sprach der Speyrer
Domherr und Dichter Wilhelm Molitor 1866 in den „Frankfurter zeit¬
gemäßen Broschüren“ aus. Am ausführlichsten und zuverlässigsten, wenn
auch nach der ästhetischen Seite hin nicht immer glücklich, lieferte der