box 31/7
25. ProfesseBenhand
—
Man lese das Stück Schnitzlers und man wird auf manche
und in dieser Richtung sehr empfindlich. Aber der eigentliche als ihre eigene kleine Unw
der hier aufgeworfenen Fragen die Antwort finden. Wir sind
Grund des Verbots lag in der unbarmherzigen Kritik des
ihrer Stellung wichtiger w
gewohnt, in Schnitzler den Dichter zu sehen, bei dem sich alles
modernen Oesterreichertums, die sich nicht bloß auf gewisse
die servil nach oben, brut
um das Weib dreht. Es ist bisher der Mittelpunkt seiner Welt
gesell chaftliche Kreise, sondern bis hinauf auf die höchsten Spitzen
Wissen und geistige Bedeut
gewesen. Nur der „Lieutenant Gustl“ hat eine Ausnahme ge¬
österreichischen Beamtentums erstreckt. Die Verhöhnung der
ihrer Sektionschefs lagen.
macht. Sie ist ihm auch schlecht bekommen. Durch diese meisterhafte
Strebereien in Doktoren= und Professorenkreisen hätte den Zensor
mentarische und parlame
psychologische Studie hat sich das österreichische Offizierskorps
kalt gelassen, ja vielleicht sein zustimmendes Lächeln hervor¬
Aber der größte Vorwurf,
beleidigt gefühlt und dem Reservelieutenant Dr. Schnitzler
gerufen. Aber — schrecklich, es zu sagen — es wird ein Unter¬
der so schön an dem Minist
bedeutet, daß er seinen Abschied nehmen solle. Mit dem „Pro¬
richtsminister vorgeführt, der in seiner inneren Hohlheit und
jener moralischen und po
fessor Bernhardi“ nun hat Schnitzler es sich noch mit viel weiteren
äußerlichen Aufgeblasenheit eine der glänzendsten dramatischen
österreichische Erbübel ist, a
Kreisen verdorben. Dieses Stück ist eines der männlichsten Werke,
Gestalten ist, die je geschaffen worden sind. Nun wäre das
irgend einer reaktionären 9
die in Oesterreich geschrieben worden sind. Der Dichter greift
Verbot noch auf einfache Weise erklärlich, wenn dieser Unterrichts¬
losigkeit blitzt so manches A
damit in ein wahres Wespennest, und wenn bisher nur die
minister etwa das Porträt eines unserer gewesenen oder gegen¬
Wenn alle die beißenden
Zensurbehörde Sturm gegen dieses Stück gelaufen hat und nicht
wärtigen Minister wäre. Das ist aber keineswegs der Fall.
unberechtigte Kritik wären,
auch andere sich gemeldet haben, so ist das nur dadurch zu erklären,
Wenn die Komödie ein Schlüsselstück genannt werden wollte,
aufführen. Aber da sie ber
daß diese anderen sich nicht zu erkennen geben wollten. Es ist
so nur Bernhardis und seines Instituts sowie der In¬
Stürme des Beifalls auslö
#mir höchst unwahrscheinlich, daß ausschließlich oder auch nur
stitutskonflikte wegen. Keinesfalls wegen der Gestalt des
führung verhindern.
vorwiegend aus klerikalen Gründen das Verbot ergangen
Ministers. In ihm ist keine geschichtliche Persönlichkeit abkonterfeit.
Aber dem Dichter ist
sei. Bekanntlich erlebt Professor Bernhardi eine schwere Verur¬
Aber er spiegelt österreichischen Geist in seiner vollendetsten
zu tun. Er will uns
teilung, weil er als Leiter eines medizinischen Instituts dem
Erbärmlichkeit wider. Da war natürlich der Zensor am Ende
bestimmte Menschen in besti
Geistlichen den Eintritt zu einer Sterbenden verwehrt. Die Sache ist
seines Lateins. Wenn man durch sorgsame Striche alles, was
nicht außerhalb der Zeit un
übrigens so delikat behandelt, daß sie die Zensur nicht zu der scharfen
das kirchliche Bewußtsein etwa kränken könnte, hätte austilgen
österreichische Menschen in #
Maßregel eines Aufführungsverbotes veranlaßt hätte. Noch
können, wenn man selbst dem etwas an Max Burckhard
nichts dafür, daß die Mensch
weniger die vielfach gerühmte Szene im vierten Akte, in der
erinnernden Hofrat Dr. Winiler hätte die bissigsten Zähne
zu besonderem Ruhme muß
sich der Geistliche Bernhardi gegenüber über seine Zeugen¬
ausziehen können, der Unterrichtsminister wäre nicht zensur¬
nebenher, aber recht deutlich
aussage vor Gericht rechtfertigen will. Freilich ist hier eine
gemäß einzurenken gewesen.
einen Schriftsteller sehr heike
scharfe Verurteilung klerikaler Geist= und Denkungsweise eni¬
Es war also der hochpolitische Inhalt des Stückes, der
ihn traut sich niemand heran
halten, aber wieder in so feiner und geistreicher Weise, daß der
dem Zensor auf die Nerven ging und der ihn stutzen machte.
totgeschwiegen zu werden.
Zensor ruhig hätte annehmen können, daß nur wenige den
Er hat auch gewiß nicht eigenmächtig gehandelt, sondern die
bekommen, wenn er so beiße
tiefen Sinn dieser Szene erfassen würden. Und hätte er doch
Sache seinen Vorgesetzten vorgelegt, und erst nachdem er der
reden möchte, wie es Schnitzl
seine Bedenken nicht überwinden können, so hätte er gewiß zu
Billigung dieser sicher war, ist er mit dem Verbot vorgegangen.
Schmock Kulka vertritt im S
dem alten Auskunftsmittel gegriffen, im Verein mit dem
Es wäre gewiß verlockend, die Gestalt dieses Unterrichts¬
aber in Wirklichkeit gleich
Dichter diese Szene für die Aufführung zu „mildern“. Und
ministers zu analysieren. Dazu aber fehlt leider hier der Platz.
brauche sie nicht zu nennen,
Schnitzler hätte sich vermutlich erweichen lassen, denn er hat
Wie auch zu einer eingehenden Darstellung des ganzen Stückes,
zitieren, die Kulka zu Bernhaf
den allen Vätern natürlichen Wunsch, sein Kind laufen zu
das unbeschadet seines hohen dichterischen Wertes für Oesterreich
eine besondere Ehre machen,
sehen. Es sind schon gröbere Antiklerikalismen über die öster¬
ein Dokument der Zeitgeschichte ist und als solches einen
zur Verfügung zu stellen!“ u
reichischen Bühnen gegangen. Oder sollte gerade diese feine
historischen Wert behalten wird.
unbekannt, daß unser Blatt
Behandlung ein solches Unbehagen hervorgerufen haben?
Wie oft haben wir in Oesterreich auf der Ministerbank
gegen gewisse überraschend
Daß es nicht der antiklerikale Geist des Stückes war, der
diese Art Minister gesehen, die ihre innerliche Leerheit durch
reaktionäre Maßnahmen de
Das Aufführungsverbot hervorrief, wird durch die Münchener
widerwärtig großmannssüchtige Mätzchen zu verdecken suchten,
Front zu machen, wobei stet
Aufführung, die, soviel mir bekannt ist, ohne Zensurstriche statt¬
die, ohne Ueberzeugung, als Männer sich drapierten, die mit
wurde, die uns seit jeher
ffand, noch wahrscheinlicher. Er war im äußersten Falle mit¬
großen Worten herumwarfen, denen weder persönliche noch
deihlichen Wirkens auch auf p
bestimmend. In Bayern ist man doch gewiß reichlich klerikal
staatliche Machtmittel gegenüberstanden, die nichts vertraten
25. ProfesseBenhand
—
Man lese das Stück Schnitzlers und man wird auf manche
und in dieser Richtung sehr empfindlich. Aber der eigentliche als ihre eigene kleine Unw
der hier aufgeworfenen Fragen die Antwort finden. Wir sind
Grund des Verbots lag in der unbarmherzigen Kritik des
ihrer Stellung wichtiger w
gewohnt, in Schnitzler den Dichter zu sehen, bei dem sich alles
modernen Oesterreichertums, die sich nicht bloß auf gewisse
die servil nach oben, brut
um das Weib dreht. Es ist bisher der Mittelpunkt seiner Welt
gesell chaftliche Kreise, sondern bis hinauf auf die höchsten Spitzen
Wissen und geistige Bedeut
gewesen. Nur der „Lieutenant Gustl“ hat eine Ausnahme ge¬
österreichischen Beamtentums erstreckt. Die Verhöhnung der
ihrer Sektionschefs lagen.
macht. Sie ist ihm auch schlecht bekommen. Durch diese meisterhafte
Strebereien in Doktoren= und Professorenkreisen hätte den Zensor
mentarische und parlame
psychologische Studie hat sich das österreichische Offizierskorps
kalt gelassen, ja vielleicht sein zustimmendes Lächeln hervor¬
Aber der größte Vorwurf,
beleidigt gefühlt und dem Reservelieutenant Dr. Schnitzler
gerufen. Aber — schrecklich, es zu sagen — es wird ein Unter¬
der so schön an dem Minist
bedeutet, daß er seinen Abschied nehmen solle. Mit dem „Pro¬
richtsminister vorgeführt, der in seiner inneren Hohlheit und
jener moralischen und po
fessor Bernhardi“ nun hat Schnitzler es sich noch mit viel weiteren
äußerlichen Aufgeblasenheit eine der glänzendsten dramatischen
österreichische Erbübel ist, a
Kreisen verdorben. Dieses Stück ist eines der männlichsten Werke,
Gestalten ist, die je geschaffen worden sind. Nun wäre das
irgend einer reaktionären 9
die in Oesterreich geschrieben worden sind. Der Dichter greift
Verbot noch auf einfache Weise erklärlich, wenn dieser Unterrichts¬
losigkeit blitzt so manches A
damit in ein wahres Wespennest, und wenn bisher nur die
minister etwa das Porträt eines unserer gewesenen oder gegen¬
Wenn alle die beißenden
Zensurbehörde Sturm gegen dieses Stück gelaufen hat und nicht
wärtigen Minister wäre. Das ist aber keineswegs der Fall.
unberechtigte Kritik wären,
auch andere sich gemeldet haben, so ist das nur dadurch zu erklären,
Wenn die Komödie ein Schlüsselstück genannt werden wollte,
aufführen. Aber da sie ber
daß diese anderen sich nicht zu erkennen geben wollten. Es ist
so nur Bernhardis und seines Instituts sowie der In¬
Stürme des Beifalls auslö
#mir höchst unwahrscheinlich, daß ausschließlich oder auch nur
stitutskonflikte wegen. Keinesfalls wegen der Gestalt des
führung verhindern.
vorwiegend aus klerikalen Gründen das Verbot ergangen
Ministers. In ihm ist keine geschichtliche Persönlichkeit abkonterfeit.
Aber dem Dichter ist
sei. Bekanntlich erlebt Professor Bernhardi eine schwere Verur¬
Aber er spiegelt österreichischen Geist in seiner vollendetsten
zu tun. Er will uns
teilung, weil er als Leiter eines medizinischen Instituts dem
Erbärmlichkeit wider. Da war natürlich der Zensor am Ende
bestimmte Menschen in besti
Geistlichen den Eintritt zu einer Sterbenden verwehrt. Die Sache ist
seines Lateins. Wenn man durch sorgsame Striche alles, was
nicht außerhalb der Zeit un
übrigens so delikat behandelt, daß sie die Zensur nicht zu der scharfen
das kirchliche Bewußtsein etwa kränken könnte, hätte austilgen
österreichische Menschen in #
Maßregel eines Aufführungsverbotes veranlaßt hätte. Noch
können, wenn man selbst dem etwas an Max Burckhard
nichts dafür, daß die Mensch
weniger die vielfach gerühmte Szene im vierten Akte, in der
erinnernden Hofrat Dr. Winiler hätte die bissigsten Zähne
zu besonderem Ruhme muß
sich der Geistliche Bernhardi gegenüber über seine Zeugen¬
ausziehen können, der Unterrichtsminister wäre nicht zensur¬
nebenher, aber recht deutlich
aussage vor Gericht rechtfertigen will. Freilich ist hier eine
gemäß einzurenken gewesen.
einen Schriftsteller sehr heike
scharfe Verurteilung klerikaler Geist= und Denkungsweise eni¬
Es war also der hochpolitische Inhalt des Stückes, der
ihn traut sich niemand heran
halten, aber wieder in so feiner und geistreicher Weise, daß der
dem Zensor auf die Nerven ging und der ihn stutzen machte.
totgeschwiegen zu werden.
Zensor ruhig hätte annehmen können, daß nur wenige den
Er hat auch gewiß nicht eigenmächtig gehandelt, sondern die
bekommen, wenn er so beiße
tiefen Sinn dieser Szene erfassen würden. Und hätte er doch
Sache seinen Vorgesetzten vorgelegt, und erst nachdem er der
reden möchte, wie es Schnitzl
seine Bedenken nicht überwinden können, so hätte er gewiß zu
Billigung dieser sicher war, ist er mit dem Verbot vorgegangen.
Schmock Kulka vertritt im S
dem alten Auskunftsmittel gegriffen, im Verein mit dem
Es wäre gewiß verlockend, die Gestalt dieses Unterrichts¬
aber in Wirklichkeit gleich
Dichter diese Szene für die Aufführung zu „mildern“. Und
ministers zu analysieren. Dazu aber fehlt leider hier der Platz.
brauche sie nicht zu nennen,
Schnitzler hätte sich vermutlich erweichen lassen, denn er hat
Wie auch zu einer eingehenden Darstellung des ganzen Stückes,
zitieren, die Kulka zu Bernhaf
den allen Vätern natürlichen Wunsch, sein Kind laufen zu
das unbeschadet seines hohen dichterischen Wertes für Oesterreich
eine besondere Ehre machen,
sehen. Es sind schon gröbere Antiklerikalismen über die öster¬
ein Dokument der Zeitgeschichte ist und als solches einen
zur Verfügung zu stellen!“ u
reichischen Bühnen gegangen. Oder sollte gerade diese feine
historischen Wert behalten wird.
unbekannt, daß unser Blatt
Behandlung ein solches Unbehagen hervorgerufen haben?
Wie oft haben wir in Oesterreich auf der Ministerbank
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Daß es nicht der antiklerikale Geist des Stückes war, der
diese Art Minister gesehen, die ihre innerliche Leerheit durch
reaktionäre Maßnahmen de
Das Aufführungsverbot hervorrief, wird durch die Münchener
widerwärtig großmannssüchtige Mätzchen zu verdecken suchten,
Front zu machen, wobei stet
Aufführung, die, soviel mir bekannt ist, ohne Zensurstriche statt¬
die, ohne Ueberzeugung, als Männer sich drapierten, die mit
wurde, die uns seit jeher
ffand, noch wahrscheinlicher. Er war im äußersten Falle mit¬
großen Worten herumwarfen, denen weder persönliche noch
deihlichen Wirkens auch auf p
bestimmend. In Bayern ist man doch gewiß reichlich klerikal
staatliche Machtmittel gegenüberstanden, die nichts vertraten