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euilleton-Bellage.
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wohl es nichts ist als eine lächerliche Eitelkeits= und Ehren¬
Burgtheater. u0
schoß ihn nieder.
komödie, wie wir ja alle wissen.“ Und
als er ihm gegenüberstand und des andern „Jugend“,
(„Das weite Land.“ Tragikomödie in fünf Akten von Artur
„glänzen gesehen und lachen in einem frechen und kalten Aug'“.
Schnitzler. Erstaufführung am 14. Oktober 1911.)
Einen „grauenhaften Menschen“ nennt ihn seine Frau, da er, nach¬
„Die Seele ist ein weites Land“ sagt Dr. v. Aigner, der eine
dem er den Sohn erschossen, dennoch imstande war, der ahnungs¬
der zwei Damenlieblinge in Schnitzlers neuem Stück, einmal zu dem
losen Mutter die Hand zu drücken; da er den jungen Menschen
anderen, und zur Vorbereitung und Erklärung dieses Ausspruches
„nicht einmal gehaßt und ihn doch umgebracht“ hat. Aber wie wahr
hat er unmittelbar vorher seinem Partner gegenüber ausgeführt:
ist wieder, was der Gatte darauf erwidert! „So einfach ist das
„Sollte es Ihnen noch nicht aufgefallen sein, was für komplizierte
nicht. Hineinschau'n in mich kannst du doch nicht. Kann keiner. Die
Subjekte wir Menschen im Grunde find? So vieles hat zugleich
arme Frau Meinhold tut mir leid. Auch mein guter, alter Herr
Raum in uns —! Liebe und Trug ... Treue und Treulosigkeit
v. Aigner. Aber ich kann ihm nicht helfen. Nein. Auch dir nicht.
Anbetung für die eine und Verlangen nach einer anderen oder nach
Und ihm nicht. Und mir.“
mehreren. Wir versuchen wohl Ordnung in uns zu schaffen, so gut
So wird „das weite Land“ vielleicht zur schärfsten Satire auf
es geht, aber diese Ordnung ist doch nur etwas Künstliches ..
das Duell als soziale Institution, da der Dichter uns zeigt, wie
.ist das Chaos.“
Das Natürliche
wenig wir selbst die letzten Beweggründe unseres Handelns be¬
Ja, ein weites Lund ist die menschliche Seele. Und sie sind so
urteilen können; und daß es so oft nichts ist als eine Farce, sein
kompliziert und verschieden die menschlichen Seelen. Verschiedene
Ausgang so oft nur eine Frage der Stimmung und Laune des
solcher in ihren Seelen komplizierter Menschen führt uns der Dichter
Augenblicks. Ja, es ist ein weites Land, die Seele und das Herz
vor. Der Fabrikant Friedrich Hofreiter ist ein Musterbild solcher
des Menschen. Duelle aber gehören oft wohl zum Engherzigsten, was
Kompliziertheit. Besonders wo die Empfindungen für die Gattin
dort vorbereitet wird.
und für andere weibliche Wesen sich begegnen. Er liebte seine Frau.
Das Publikum schien zu Beginn der Vorstellung noch ganz
Ja. Aber er liebte auch Adele Natter, die Frau seines Bankiers, und
unter dem Banne des schrecklichen Verlustes zu stehen, den es dieser
zuletzt liebt er Erna, ein reizendes Mädchen, das, nachdem er sie bei
Tage mit dem Burgtheater durch Hartmanns plötzlichen Hingang
einer Dolomitentour umarmt und geküßt hat, auf seine Frage, ob
erlitten. Da die Woche anfing, stand er noch auf der Bühne
sie seine Frau werden will, einfach sagt: „Frau — nein“, auf seine
und hatte bei den Proben eben sein Bestes daran gesetzt,
andere Anfrage aber, ob sie heute Nacht die Türe für ihn offen halten
den Doktor Aigner zu gestalten. Und nun liegt er schon
wolle, noch einfacher „Ja“ sagt.
draußen, bedeckt vom kühlen Rasen. Das ist eben das Leben
Darum ist aber Erna nicht etwa keine komplizierte Natur. Das
sich
und das Menschenschicksal. Beim Theater zeigt
Leben trägt eben die Kompliziertheit in uns hinein, und wenn wir
nur so recht, wie schrecklich trostlos das Verhältnis zwischen Tätig¬
noch so einfach veranlagt wären. Da ist alles voll Formalitäten und
keit und Leben ist. Im Rahmen des Spieles tritt da an die
Regeln und Begriffen und Gesetzen, und wenn die Sachen noch so
Stelle des einen gleich der andere. Einer fällt, wie in einer
einfach sind. Erna liebt Friedrich, und darum ist es ihr so einfach,
Schlacht geht aber alles gleich weiter. Vor den Augen der
daß sie ihm gehört. Vielleicht eben, weil sie wirklich anständig
Zuschauer. Ein anderer tritt vor, die Reihen schließen sich
ist, nämlich auf inneren Anstand hält. Sie weiß ja auch, daß
und alle gebaren sich in der Vorstellung, als wäre gar nichts
Friedrich sie nicht ewig lieben wird. Aber was liegt daran, da sie
geschehen. Und es ist ja auch gar nichts geschehen, als daß ein
ihn eben liebt?
Mensch, ein Künstler starb. Was liegt dem Tode daran, der ihn
Zu den Exempeln komplizierter Menschen, die der Dichter uns
Dienstag rief, daß er Samstag wichtig „beschäftigt“ gewesen wäre?
vorführt, gehört auch Dr. v. Aigner, der gegenüber Friedrich Hof¬
„Aequo pede“ pocht der Tod ja an die Behausungen derer, die be¬
reiter die oben angeführte Theorie von den komplizierten Menschen
schäftigt sind, und derer, die nach ihren Lebensaufgaben eingeschätzt,
und dem weiten Lande der Seele amstellt, um zu erkiäten warum
immer Zeit hätten für ihn. Darin liegt ja die schauerliche Erhabenheit
er seine Frau, von der er geschiedenit und die er geliebt und
des Todes, oder wenn man will, seine Torheit und aufreizende
dennoch betrogen hatte, eben betrogen hat? Dr. v. Aianer, oder
Roheit.
vielmehr das Original der Gestalt, das hier dem Dichter hand¬
greiflich vorgeschwebt hat, ist freilich selbst ein Musterbeispiel der
Die Rolle Hartmanns, den Doktor v. Aigner, spielte Herr
herrlichsten Einfachheit gewesen. Aber das ist ja eben auch das
Devrient. Er brachte nicht nur überraschend viel von der
Musterbeispiel der Kompliziertheit, wenn zu ihren Elementen auch
inneren Liebenswürdigkeit und der ganzen sympathischen Art, die
die Einfachheit gehört. Und das war ja auch bei jenem Muster¬
dem Vorbild, das sich durch seine gewinnende Kraft dem Dichter für
beispiel von Dr. Aigner der Fall, das, als Schnitzler „Das weite
diese Gestalt aufgezwungen hatte, innewohnte, sondern er spielte
Land“ schuf, noch unter uns weilte und vor kurzem erst dieser engen
ihn auch mit wohltuender innerer Geschlossenheit. Wenn Herr Devrient
Welt entrückt wurde. Gerade um seiner herrlichen Einfachheit und
vermag, sich diesen schönen warmen Ton innerer Klarheit immer gegen¬
Geradheit willen waren ihm auch so viele Männer aufrichtig und
wärtig zu halten, wird es ihm vielleicht gelingen, manche der großen
von Herzen zugetan. Aber wie viele Mädchen und Frauen erst liebten
Aufgaben restlos zu lösen, an denen bisher seine Kraft und sein
ihn um dieser herrlichen Einfachheit und Geradheit willen! Und er
Organ gelegentlich brüchig wurden. Die männliche Hauptrolle war
durch eine furchtbare Laune des Schicksals ebenfalls in andere Hände
hatte so viele von ihnen (und nicht immer nur nach einander)
wieder geliebt. Weil es ihm eben so einfach und natürlich erschien.
geraten, als die dessen, dem sie zuerst zugedacht worden war; wo
Die Ergänzung zu den mannigfachen Figuren, mit denen
man früher Kainz im Sinne gehabt hatte, hatte sich ja längst
Schnitzler seine Theorie von dem weiten Lande der Seelen und der
Korff vor unser geistiges Auge geschoben. Auch hier aber wurde
uns eine freudige Ueberraschung zuteil. Denn Herr Korff, dem ja
Kompliziertheit der Menschen oder, was dasselbe ist, des Lebens,
illustriert, bildet ein Duell, in das schrill das Drama ausklingt. Auch
gewiß manche schon längst sehr Gutes zugetraut hatten, übertraf doch
noch aller Erwartungen. Hatte Schnitzler einen wunderbar einfachen
Frau Genia Hofreiter ist eine komplizierte Seele. Auch sie hat ihren
und ungekünstelten Dialog geschrieben, so Wrach Korff eben diesen
Mann geliebt, und liebte ihn vielleicht noch, da sie ihn betrog.
Dialog wunderbar einfach und ungekünstelt, und nur sehr wenige
Freilich, mit dem Pianisten Korsakow betrog sie ihn noch nicht. Der
Stellen waren es diesmal, wo er die Gestalt und die Rede für
erschoß sich, weil sie ihn nicht erhört hatte. Aber mit dem jungen
einen kurzen Augenblick, und auch da nur kaum merklich, von dem
Marinefähnrich Otto, dem Sohne von Aigner und von dessen geschiedener
Gattin, der Schauspielerin Meinhold, da ging es schon anders. Den
Standpunkte gleiten ließ, wohin der Dichter sie gestellt hatte.
In der Liebesszene nach der Tour auf den Aignerturm schien er
ließ sie bereits des Nachts zu ihrem Fenster hereinsteigen. Dabei
freilich etwas zu farblos. Die Regie hatte ihn da wohl auch zu
hatte ihn freilich ihr Gatte gesehen, gerade nachdem er von einer
tief in einen Fauteuil gesetzt, und das. verträgt auf der Bühne kein
nächtlichen Fensterpromenade vor Ernas Schlafzimmer gekommen
war. Und das konnte er doch nicht so ruhig hinnehmen, wenn er
Liebhaber. Korffs Leistung darf jedenfalls zu den allerschönsten
auch im Augenblick von Haß, Wut, Liebe „verdammt wenig“ verspürte.
Hoffnungen für seine und des Burgtheaters Zukunft berechtigen.
Die ganze Darstellung war überhaupt sorgfältig vorbereitet
Aber „man will doch nicht der Hopf sein“. Und so forderte er
ihn und benahm sich in allem gerade so, als wenn, wie seine] und wohl gelungen. Ein prächtiges Stück, prächtig besetzt, prächtig,
Frau sagt „das Duell eine ungeheuer ernste Sache wäre. ob=e gespielt und prächtig insteniert. Es war fast, als hätten alle
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