II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 49

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24. Das seite Land
Das interessante Stück fand im allgemeinen recht mann hätte den Hoteldirektor Aigner anders aufgefaß
fffe gefordert. Ein Wider¬
gute Aufnahme; doch äußerte sich diese nach den einzel= als Herr Devrient, der ihn als verkleideten Römer¬
lem Freisinn der modernen
nen Aktschlüssen mit ungleicher Stärke, und das Feuer= feldherrn spielte. Herr Muratori war ein Husaren¬
salten Herkommens. Dieser
gefecht des Applauses wurde nur von einem kleineren
oberleutnant von unerlaubtem Gesichts= und Leibesum¬
frivolen, wenngleich geist
Teile des Publikums in so hinhaltender Weise geführt,
fang und Herr Paulsen als Doktor Mauer so höl
mödie eine Tragödie ode¬
gaß Herr Reimers, vom zweiten Akte an der Dichter,
zern wie nur je. Dagegen war eine ganze Reihe anderen
Tragikomödie.
zu oft wiederholten Malen dankend erscheinen konnten.
kleiner Rollen, Figuren, die meist nur im dritten Akte
kischer Lebensfrische und
Im Vergleiche zu dem weit schwächeren „Jungen Me-s auftraten, trefflich besetzt, und der Hotelportier des
Emmte Vorbilder. Es sind
dardus“ dessen Bomben= und Granateneffekte vielleicht Herrn Thimig, der Bergführer des Herrn Ba¬
gezeichnet und Mancher
ein verwandtes Folgestück erwarten ließen, schien das klajthy, der Schriftsteller Rhon des Herrn Tre߬
dens und die Holelgäste
„weite Land“ innerlich zu fein gesponnen, um sogleichsler, der norddeutsche Krakehler des Herrn Zeskag
als dem ergebenst Ge¬
von allen Zuhörern voll gewürdigt zu werden. Nahm das Tennistinterl des Herrn Höbling des altens
und die andere Figur
man es rein äußerlich, so konnte das durch fünf Akte Burgtheaters würdig. Herr Gerasch als Marine=
zeichnen können. Wer es
fortgesetzte Zerren an ohnehin schwachen Ehebanden so= fähnrich hatte nur jung zu sein, und das traf er. Irgend¬
sehen, was die Sozial¬
gar nur peinlich oder langweilig wirken. Aber das welche sympathische Züge, mit denen ihn der Dichter
Außenleben der Bour¬
hieße dem Dichter sehr unrecht tun. Allerdings ist er vielleicht hätte ausstatten sollen, um sein jähes Endes
nur solche Wiener gäbe,
stellenweise nicht so klar, wie der Dramatiker immer sein
mitleidenswerter zu machen, waren ihm nicht aufge¬
ber das ist nur eine be¬
soll, so in der Glanzszene zwischen dem Helden und
geben. Mit gewohnter Kunst gab Frau Bleibtreu
die schließlich immer
dessen Bankier Natter, wo die Abhängigkeit des indu= die Mutter des Jungen, die unglückliche Frau, die, ihres!
s stehen wir darum noch
striellen Unternehmers vom Finanzmann mit vernichten¬
Schicksals unbewußt, freundschaftlich die Hand des
wie Weltuntergangsstim¬
der Schärfe zum Ausdruck kommt. Aus der kleinen
Mannes drückt, der soeben ihren einzigen Sohn getötet
silderung zugrunde liegt
Rolle des Bankiers, der durch ein Aufheben der Hand
hat: eine höchst wirksame Szene von ausgesuchter Qual!
Seele legen will. Der
das Wort „Schuft“ auf den Lippen des Gegners
Hier, wenn nicht schon vorher, mußte man erkennen,
hielle Veränderung, der
bannt, machte Herr Heine ein Kabinettsstück. Aber
welches vorzügliche, wenn auch eigenartige und mit dem
hanze Welt umher unter¬
eine wahre Prachtleistung war vor allem der Fabrikant
Charaktertitel „Tragikomödie“ kaum richtig bezeichnete
zu hassen, wie dieser
Hofreiter des Herrn Korff, dem Fräulein Mar¬
Werk Schnitzler im „weiten Land“ geschaffen. Ob
Lauf seiner Duellpistole
berg als Frau Genia Hofreiter trefflich sekundierte.
es sich auf der Bühne so gut halten wird, wie der viel
nund lachen sieht. Jetzt
An Frau Devrient=Reinhold besitzt das Burg¬
gröbere „junge Medardus“ erscheint fraglich. Zwei
ber man kann doch nicht
theater eine zweite Wilhelmine Mitterwurzer, wenig¬
Dekorationen, ein Badener Villengarten und eine Hotel¬
ßen. Jetzt erst erkennt
stens für Rollen, wie die komische Mama Frau Wahl.
halle mit Alpenaussicht, boten sehenswerte Theater¬
r eben darum hört noch
Wir halten es für ein Zeichen guten Taktes bei unserem
bilder von nicht geringem szenischen Aufwand. Die
Ende ist verzweifelte Re¬
Publikum, daß die freimütigen Geständnisse der Frau
Regie hat eine ruhmvolle Leistung zu verzeichnen. Möge
so wird es immer sein.
Hofreiter und des (von Fräulein Hofteufel darge¬
man das Stück in anderen Städten ebenso wienerisch
stellten) Töchterchens Wahl doch etwas befremdeten.
ausstatten und aufführen, aber uns Wiener nicht ins¬
Man hatte den Eindruck, daß die versammelten Wiener
gesamt nach demselben beurteilen!
und Wienerinnen dagegen ein wenig protestierten: nein,
M. Hoernes.
das sagen wir doch nicht so offen heraus. Ernst Hart¬