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vierzehnjährigen Jungen ist, der in England erzogen wird.ltreu zeichnete die kleine Rolle der
Aber er kann nun einmal ohne illegitime Beziehungen nicht Marineossiziers in sicheren Strichen.
schuf eine prächtige Charge als eine la
sein, sie sind ihm zum Bedürfnis geworden. Seine Frau
fast schon unerlaubter Beschränktheit.
weiß und duldet das, ja sie hat sogar bisher von dem ihr
spielenden Akt waren
täglich empfohlenen Mittel, Gleiches mit Gleichem zu ver= Tirol
einen
gelten, keinen Gebrauch gemacht. So stehen die Dinge bei Herr Devrient, der
Direktor eines Dolomitenhotels gib
Beginn des Stückes. Ueber dem prächtigen Garten,
Jugend ein waghalsiger Tourist war,
der zur Hofreiterschen Villa in Baden gehört,
lagert eine dumpse Schwüle. Durch geschickt gemachte Ehe hatte, in den Bergen den Lebeman
es Dutzende Gesichter gibt, die ihm ähr
exponierende Szenen erfahren wir, daß ein Freund des
man trotz dieser bewegten Vergangen
Hauses, ein junger russischer Musiker Alexei Korsakow, durch
Zukunft vorhersagt. Herr Balajthy
einen Selbstmord, dessen Motiv niemand kennt, geendet hat.
Herr Thimig den Hotelportier, die
Hofreiter hat dem Begräbnisse beigewohnt und kehrt aus der
Stadt zurück. Im Abenddämmer kommt es zwischen den und Zeska opferu sich in diesem Akte
rollen. Von den übrigen sind noch
beiden Gatten zu einer Aussprache. Hofreiter kann das
Paulsen, der in dieser gemischten Ge
Gefühl nicht loswerden, daß seine Fran mit dem Selbst¬
mal die Fleisch und Blut gewordene,
mord in irgendeinem Zusammenhange stehe. Genia bestätigt
diese Annahme, indem sie ihrem Manne einen Brief schütternde Anständigkeit repräsentiert,
seine sympathische Jugend an den ju
zu lesen gibt, den Korsakow vor seinem Tode an sie
wendet, Herr Heine, der sich als Ba#
gerichtet hatte. Aus diesen Zeilen geht hervor, daß der
versteinerte Maske zurechtgelegt hat, u
Selbstmörder eine unglückliche Liebe zu der schönen Frau
als unermüdlicher, leidenschaftlicher
im Herzen trug und daß er starb, weil er keine Erhörung
Schlusse sollen wir wohl noch eine Erh
fand. Hofreiter legt sich dieser Enthüllung gegenüber
einen ganz sonderbaren Standpunkt zurecht. Das Geständnis
weshalb das Stück den Titel „Das weit
Genias, daß sie den jungen Künstler wieder liebte, ohne
wissen es nicht. Vielleicht ist die Lieb
aber ihre Pflicht zu vergessen, versetzt ihn in einen ganz eigen¬
faltigkeit und Vielgestaltigkeit damit g#
tümlichen Gemütszustand. Er kann keine Genugtnung darüber
empfinden, daß die Treue seiner Gattin ihn davor bewahrte,“
für seine Verirrungen büßen zu müssen. Er empfindet sogar
eine Art von Grauen vor seiner Frau, die es, wie er
meint, doch so leicht gehabt hätte, den jungen Russen von
seinem verzweifelten Schritte zurückzuhalten.
Und diese Idiosynkrasie gewinnt so starken Einfluß
auf ihn, daß er ganz plötzlich den Entschluß faßt, auf ein¬
paar Wochen in die Tiroler Berge zu gehen. Allerdings,
wenn Hofreiter sich sagt, daß es nur das gespannte Ver¬
hältnis zu seiner Frau ist, das ihn vom häuslichen
Herde treibt, so ist er sehr unäufrichtig gegen sich selbst.“
Es lockt ihn nämlich ein neues „Weibchen“. Es ist nocht
gar nicht lange her, da hat er mit der pikanten Frau¬
(Fräulein Wilke) seines Geschäftsfreundes, des Bankiers¬
Natter (Herr Heine), gebrochen. Nun ist es ein junges¬
Mädchen (Fräulein Hofteufel) von einer geradezu stupenden
Aufgeklärtheit und Vorurteilslosigkeit, ein richtiges Pracht¬
exemplar einer demie vierge, das ihn mit seinem Raffinement?
in seine Netze gezogen hat. Die Sinnlichkeit dieser
ihm förmlich aufdrängenden Tochter aus
sich
eigentlich, was Hofreiter
gutem Hause ist es
zu dem Ausfluge in die Dolomiten veranlaßt, an dem sich!
auch die kleine Circe beteiligen will. Und es kommt, wies
es kommen muß. Hoch droben, angesichts der Gletscher,
kommt es über die beiden wie ein „Höhenrausch“ und der
reife Mann stammelt tolle Liebesworte wie ein Jüngling.
Aber auch das bleibt nur eine Episode. Es ist etwas in
ihm, was ihn doch immer wieder zu seiner Frau zieht. Un¬
erwartet kehrt er nach Baden zurück. Zu nächtlicher Stunde
macht er dem Mädchen, das in den Tiroler. Bergen sein;
geworden ist, eine Fensterpromenade, dann aber
will er sich in seine Villa begeben. Da muß er gewahren,
daß die Gunst, die seine Frau dem armen Korsakow ver¬
sagte, mittlerweile einem anderen gewährt hat, und zwar
einem jungen Marineoffizier, der ihr bis dahin ganz gleich¬
gültig gewesen war und den sie vielleicht nur deshalb nicht
zurückgewiesen hatte, weil sie angesichts der immer wieder
neuen Untreue ihres Gatten, über die sie nicht in Un¬
kenntnis ist, nicht mehr die Kraft zur Treue hat. Hofreiter,
der nie recht weiß, ob ihm seine Frau gleichgültig ist
Theater, Kunst und Literatur.
oder ob er eifersüchtig auf sie sein soll, entschließt sich
„Das weite Land“ 7 0(44
diesmal zum letzteren. Er, der es beinahe bedauerte, daß
1der arme Korsakow an seiner ungestillten Sehnsucht sterben
(Tragikomödie in fünf Akten von Artur Schnitzler
41
müßte, provoziert nun den in seinem Hause als Gast ver¬
Am Hofburgtheater aufgeführt am II. Ollober.)
kehrenden Marinefähnrich, dem er coram publico innere
Es kann sein, daß die Erwartungen, mit welchen man
Feigheit vorwirft. In dem darauf stattfindenden Duelle
der gestrigen Burgtheaterpremiere entgegensah, durch die
fällt der junge Offizier. Hofreiter bleibt Sieger, aber in
Ankündigung höher gespannt worden waren, daß das
ihm ist alles zerbrochen und als das Mädchen, das
neueste Stück Artur Schnitzlers gleichzeitig an mehr als
er am Wege gepflückt hatte, sich ihm als Kameradin
einem Dutzend Bühnen zur Aufführung gelange. Man
da drüben jenseits des großen Wassers
für
mag noch so abgestumpft sein gegen alles, was Reklame
anbietet, wohin er nach der gerichtlichen Austragung der
heißt, und man wird sich dennoch des Gedankens
Angelegenheit gehen will, weist er sie brüsk zurück. Erst als
nicht erwehren können, daß eine solche Massenaufführung
sein just an diesem Tage zum Ferienaufenthalte eintreffender
eines Dramas doch immerhin durch dessen Qualitäten
Junge im Garten unten laut nach Vater und Mutter ruft,
gerechtfertigt sein müsse. Wir müssen gestehen, daß wir
nicht begreifen können, weshalb die Bühnen sich so sehr scheint ein Erkennen in ihm aufzublitzen, daß sein Leben ja
doch noch einen Zweck habe.
beeilt haben, sich das Aufführungsrecht von „Das weite
Man sieht, die Handlung ist die einfachste von
Land“ zu sichern. Selbst wenn man, wie unsere Hofbühne,
für die beiden Hauptrollen Darsteller von so hervor- der Welt. Und sie erscheint noch dürftiger, als sie!
vierzehnjährigen Jungen ist, der in England erzogen wird.ltreu zeichnete die kleine Rolle der
Aber er kann nun einmal ohne illegitime Beziehungen nicht Marineossiziers in sicheren Strichen.
schuf eine prächtige Charge als eine la
sein, sie sind ihm zum Bedürfnis geworden. Seine Frau
fast schon unerlaubter Beschränktheit.
weiß und duldet das, ja sie hat sogar bisher von dem ihr
spielenden Akt waren
täglich empfohlenen Mittel, Gleiches mit Gleichem zu ver= Tirol
einen
gelten, keinen Gebrauch gemacht. So stehen die Dinge bei Herr Devrient, der
Direktor eines Dolomitenhotels gib
Beginn des Stückes. Ueber dem prächtigen Garten,
Jugend ein waghalsiger Tourist war,
der zur Hofreiterschen Villa in Baden gehört,
lagert eine dumpse Schwüle. Durch geschickt gemachte Ehe hatte, in den Bergen den Lebeman
es Dutzende Gesichter gibt, die ihm ähr
exponierende Szenen erfahren wir, daß ein Freund des
man trotz dieser bewegten Vergangen
Hauses, ein junger russischer Musiker Alexei Korsakow, durch
Zukunft vorhersagt. Herr Balajthy
einen Selbstmord, dessen Motiv niemand kennt, geendet hat.
Herr Thimig den Hotelportier, die
Hofreiter hat dem Begräbnisse beigewohnt und kehrt aus der
Stadt zurück. Im Abenddämmer kommt es zwischen den und Zeska opferu sich in diesem Akte
rollen. Von den übrigen sind noch
beiden Gatten zu einer Aussprache. Hofreiter kann das
Paulsen, der in dieser gemischten Ge
Gefühl nicht loswerden, daß seine Fran mit dem Selbst¬
mal die Fleisch und Blut gewordene,
mord in irgendeinem Zusammenhange stehe. Genia bestätigt
diese Annahme, indem sie ihrem Manne einen Brief schütternde Anständigkeit repräsentiert,
seine sympathische Jugend an den ju
zu lesen gibt, den Korsakow vor seinem Tode an sie
wendet, Herr Heine, der sich als Ba#
gerichtet hatte. Aus diesen Zeilen geht hervor, daß der
versteinerte Maske zurechtgelegt hat, u
Selbstmörder eine unglückliche Liebe zu der schönen Frau
als unermüdlicher, leidenschaftlicher
im Herzen trug und daß er starb, weil er keine Erhörung
Schlusse sollen wir wohl noch eine Erh
fand. Hofreiter legt sich dieser Enthüllung gegenüber
einen ganz sonderbaren Standpunkt zurecht. Das Geständnis
weshalb das Stück den Titel „Das weit
Genias, daß sie den jungen Künstler wieder liebte, ohne
wissen es nicht. Vielleicht ist die Lieb
aber ihre Pflicht zu vergessen, versetzt ihn in einen ganz eigen¬
faltigkeit und Vielgestaltigkeit damit g#
tümlichen Gemütszustand. Er kann keine Genugtnung darüber
empfinden, daß die Treue seiner Gattin ihn davor bewahrte,“
für seine Verirrungen büßen zu müssen. Er empfindet sogar
eine Art von Grauen vor seiner Frau, die es, wie er
meint, doch so leicht gehabt hätte, den jungen Russen von
seinem verzweifelten Schritte zurückzuhalten.
Und diese Idiosynkrasie gewinnt so starken Einfluß
auf ihn, daß er ganz plötzlich den Entschluß faßt, auf ein¬
paar Wochen in die Tiroler Berge zu gehen. Allerdings,
wenn Hofreiter sich sagt, daß es nur das gespannte Ver¬
hältnis zu seiner Frau ist, das ihn vom häuslichen
Herde treibt, so ist er sehr unäufrichtig gegen sich selbst.“
Es lockt ihn nämlich ein neues „Weibchen“. Es ist nocht
gar nicht lange her, da hat er mit der pikanten Frau¬
(Fräulein Wilke) seines Geschäftsfreundes, des Bankiers¬
Natter (Herr Heine), gebrochen. Nun ist es ein junges¬
Mädchen (Fräulein Hofteufel) von einer geradezu stupenden
Aufgeklärtheit und Vorurteilslosigkeit, ein richtiges Pracht¬
exemplar einer demie vierge, das ihn mit seinem Raffinement?
in seine Netze gezogen hat. Die Sinnlichkeit dieser
ihm förmlich aufdrängenden Tochter aus
sich
eigentlich, was Hofreiter
gutem Hause ist es
zu dem Ausfluge in die Dolomiten veranlaßt, an dem sich!
auch die kleine Circe beteiligen will. Und es kommt, wies
es kommen muß. Hoch droben, angesichts der Gletscher,
kommt es über die beiden wie ein „Höhenrausch“ und der
reife Mann stammelt tolle Liebesworte wie ein Jüngling.
Aber auch das bleibt nur eine Episode. Es ist etwas in
ihm, was ihn doch immer wieder zu seiner Frau zieht. Un¬
erwartet kehrt er nach Baden zurück. Zu nächtlicher Stunde
macht er dem Mädchen, das in den Tiroler. Bergen sein;
geworden ist, eine Fensterpromenade, dann aber
will er sich in seine Villa begeben. Da muß er gewahren,
daß die Gunst, die seine Frau dem armen Korsakow ver¬
sagte, mittlerweile einem anderen gewährt hat, und zwar
einem jungen Marineoffizier, der ihr bis dahin ganz gleich¬
gültig gewesen war und den sie vielleicht nur deshalb nicht
zurückgewiesen hatte, weil sie angesichts der immer wieder
neuen Untreue ihres Gatten, über die sie nicht in Un¬
kenntnis ist, nicht mehr die Kraft zur Treue hat. Hofreiter,
der nie recht weiß, ob ihm seine Frau gleichgültig ist
Theater, Kunst und Literatur.
oder ob er eifersüchtig auf sie sein soll, entschließt sich
„Das weite Land“ 7 0(44
diesmal zum letzteren. Er, der es beinahe bedauerte, daß
1der arme Korsakow an seiner ungestillten Sehnsucht sterben
(Tragikomödie in fünf Akten von Artur Schnitzler
41
müßte, provoziert nun den in seinem Hause als Gast ver¬
Am Hofburgtheater aufgeführt am II. Ollober.)
kehrenden Marinefähnrich, dem er coram publico innere
Es kann sein, daß die Erwartungen, mit welchen man
Feigheit vorwirft. In dem darauf stattfindenden Duelle
der gestrigen Burgtheaterpremiere entgegensah, durch die
fällt der junge Offizier. Hofreiter bleibt Sieger, aber in
Ankündigung höher gespannt worden waren, daß das
ihm ist alles zerbrochen und als das Mädchen, das
neueste Stück Artur Schnitzlers gleichzeitig an mehr als
er am Wege gepflückt hatte, sich ihm als Kameradin
einem Dutzend Bühnen zur Aufführung gelange. Man
da drüben jenseits des großen Wassers
für
mag noch so abgestumpft sein gegen alles, was Reklame
anbietet, wohin er nach der gerichtlichen Austragung der
heißt, und man wird sich dennoch des Gedankens
Angelegenheit gehen will, weist er sie brüsk zurück. Erst als
nicht erwehren können, daß eine solche Massenaufführung
sein just an diesem Tage zum Ferienaufenthalte eintreffender
eines Dramas doch immerhin durch dessen Qualitäten
Junge im Garten unten laut nach Vater und Mutter ruft,
gerechtfertigt sein müsse. Wir müssen gestehen, daß wir
nicht begreifen können, weshalb die Bühnen sich so sehr scheint ein Erkennen in ihm aufzublitzen, daß sein Leben ja
doch noch einen Zweck habe.
beeilt haben, sich das Aufführungsrecht von „Das weite
Man sieht, die Handlung ist die einfachste von
Land“ zu sichern. Selbst wenn man, wie unsere Hofbühne,
für die beiden Hauptrollen Darsteller von so hervor- der Welt. Und sie erscheint noch dürftiger, als sie!