II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 60

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Ausschnitt aus:
(Eethe Awgabe)
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Theater und Kunst.
Das weite Land.
(Tragikomödie in fünf Akten von Artur Schnitzler.
Erstaufführung am Hofburgtheater 14. Olrber-1011.—
Des Menschen Seele ist ein weites Land und nur
lder Dichter mag es, ohne sich zu verirren, durchwandern.
Unter den Psychologen der Moderne, die darin Meister
sind, stehen die russischen Dichter an erster Stelle. Mit
unbarmherziger Kunstfertigkeit zersasern sie jegliches Ge¬
fühlsleben, nichts Menschliches bleibt ihren scharf¬
blickenden Augen verborgen. Diese gründliche, fast wissen¬
schaftliche Methode läßt sie im Epischen den Höhepunkt
ihrer Darstellung erreichen; auf dem Gebiete des Dramas,
das stetes Leben und Fortschreiten der Handlung er¬
heischt, versagt ihre ernste Kunst. Wir haben dieses Bei¬
zpiel gewählt, um auf die Schwierigkeiten hinzuweisen,
Hie sich dem Dramatiker, der diese Pfade wandelt, in
den Weg stellen. Auch Artur Schnitzler mochte ihnen, da
er ins „weite Land“ zog, begegnet sein. Aber er müßte
nichts von seiner graziösen Leichtigkeit, nichts von seiner,
bei aller Nachdenklichkeit doch so liebenswürdigen Art an
sich gehabt haben, hätte er nicht alle Fährnisse glücklich
überwunden.
Eine Tragödie der Leidenschaften und eine Komödie
des modernen Menschen ist Artur Schnitzlers „Das
weite Land“. Vom Ballast der herkömmlichen Moral¬
begriffe befreit, unfähig, sich mit dem Gewichte einer
neuen Ethik zu beschweren, fliegen die himmelstürmenden
Leidenschaften in den blauen Aether hinein. Kindern
gleichen diese Menschen in ihrer Erdenserne. — Des
Dichters Kunst weiß aus dem Labyrinth den rechten
Weg zu finden und in dem scheinbar Unfaßlichen
das Ewig=Menschliche zu offenbaren.
Die Rolle Hofreiters spielte Herr Korff mit einer
samosen Verbindung von Liebenswürdigkeit, Tempera¬
ment und Zynismus. Sein ganzes Wesen atmete den
Hauch frisch zugreisender Lebensfreudigkeit, die er im
gegebenen Augenblicke ohne große Geste ins Gegenteil
zu verkehren wußte. Fräulein Marberg glich als
Genia einem schönen Bilde, das mehr in der Dar¬
stellung hoheitsvoller Ruhe als in der trauernden Miene
den feelischen Schmerz zum Ausdrucke brachte. Nur in
der Szene mit Frau v. Aigner — da sich das Leid in
Tränen auflöst — schien die Starrheit zum Leben zu
erwachen. Prächtig war Fräulein Hofteufel als
Erna. Willensstarke und absolute Hingebung vereinte ihr
Spiel zu seltener Harmonie. Den Hoteldirektor gab Herr
Devrient mit sicherer Ueberlegenheit. Die Ent¬
täuschung der geschiedenen Frau wußte Frau Bleibtren
mit Würde zu tragen. Sehr gut war Herr Gerasch in
der Rolle des Fähnrichs. Als Dr. Mauer war Herr
[Paulsen von schlichter Innigkeit. Ein wahres¬
1 Musterexemplar eines Hotelportiers lieferte Herr
Thimig, dessen sichere Regieführung gleichfalls war
Anertennung berient. Als charakteristische Gesellschaft“
typen boten die Damen Devrient=Reinho
und Wilke, sowie die Herren Heine, Treßle
Frank und Höbling hübsche Leistungen.
Das Stück fand eine überaus günstige Aufnahme un
das Publikum folgte dem Dichter mit großem Interes
durch das weite Land. Der Beifall nahm von Akt
Akt an Intensität zu. Erst erschien Herr Reimers, um i¬
Namen Artur Schnitzlers für den Beifall zu danke
dann mußte der Dichter persönlich den zahlreiche
Hervorrufen Folge leisten.
Ontturiel.