II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 79

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— „Das weite Land“ Arthur Schnitz¬
„Das weite Land“ eine neue Komödie Arthur
lers Tragikomödie in fünf Akten „Das weite
Schnitzlers, wurde am 14 Oktober erstmalig auf¬
Land“wurde Samstag bei ihrer Erstauffüh¬
geführt am Wiener Hofburgtheater, am deutschen
rung im Wiener Burgtheater mit stürmischem,
Landestseater in Prag, am Lessingtheater in
von Akt zu Akt wachsendem Erfolg ausgenom¬
Berlin, am Residenztheater in München, am
men. Ein menschliches Problem, die Angst vor
deutschen Schauspielhaus in Hamburg und am
dem Altwerden, bewegt die lebhafte Handlung.
Hoftheater in Hannover. Diese gleichzeitige Ur¬
Der gesellschaftliche Ton des Stückes übte einen
aufführungen an mehreren Theatern ist der
starken Reiz auf das Publikum und die vor¬
neueste Reklametrik der Bühnenschriftsteller.
zügliche Darstellung brachte alle Intentionen
Hermann Bahr hat es zur vorjährigen Weih¬
des Dichters zur Geltung.
nachtszeit sogar auf 21 gleichzeitige Erstauf¬
führungen seiner „Kinder“ gebracht. Diesen
Büro-Ausstellung Wien 8.—19. November-
„Rekord“ wird ihm nicht leicht jemand streitig
machen.
chnitt aus:
arseiter Zeitung, Wien
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strengungen, ihre besten Truppen, darunter zwanzig¬
tausend europäisch gedrillte Mand¬
gemimen Rleste mich Serstnsertenenemern ernteund
Schnitzlers „Weites Land“.
Gedank##ang. Diesen zweiten schießt der Gatte nieder,
Erste Aufführung im Burgtheater.
obwohl er eigentlich gar nichts einzuwenden hätte. Seine
Die lyrischen Titel der Schnitzlerschen Dramen verheißen
Ehe mit Genia ist längst tot und kalt, er steht in
so viel! „Der einsame Weg“, noch stärker „Der Ruf des Lebens“
Brand vor einer anderen. Dennoch wird der Gatte toll, wenn
und nun „Das weite Land“.
er den frechen, jungen Blick des Nachfolgers gewahrt.
Das weite Land — dies ist die Seele des komplizierten
Welches Chaos! Ein Mann hat es, dank Bahr und Schnitzler
Menschen. „So vieles hat zugleich Raum in uns, Liebe und
so weit gebracht, sich über die gebrochene Ehe der Frau nicht
Trug, Treue und Treulosigkeit, Anbetung für eine und Ver¬
mehr zu echauffieren; dennoch steckt noch so viel Dumas in
langen nach einer anderen. Wir versuchen wohl, Ordnung in
ihm, ein Pistolenduell zu provozieren! Welche Unordnung! Ist
uns zu schaffen, so gut es geht; aber diese Ordnung ist doch
dieses Land wirklich weit! Grenzt es nicht trotz allem psycho¬
etwas Künstliches. Das Natürliche ist ... das Chaos.“ Eine
logischen Schillern zuletzt an das Reich der französischen
erfahrungsvolle Weisheit, als künstlerisches Problem eines
Boulevardkomödie? Einmal unterhalten sich zwei er¬
Dostojewski würdig. Schnitzler bevölkert dieses weite Land mit ...
fahrene Männer in diesem Stück über das Chaos der Frauen¬
Ehebrechern. Aber, weiß Gott, das Land ist noch weiter, das
seele. Da sagt der eine: „Ich halte es für sehr einseitig, die
Chaos ist noch viel chaotischer und ganz andere innere Ordnungs¬
Frauen nur aufs Erotische hin zu beurteilen. Wir vergessen
gesetze als das bißchen monogamische Lüge werden von den Menschen
immer, daß es im Leben jeder Frau, auch wenn sie Liebhaber
gesprengt. Fände Schnitzler den Weg ins Freie — aus dem mondänen
hat, eine Menge Stunden gibt, in denen sie an ganz andere
Bezirk! Denkt an das Chaos im Innern eines armen Teufels wie
Dinge zu denken hat als an die Liebe.“ Nun, an welche anderen
dieses Dalmatiners Njegusch; denkt an das Durcheinander im Innern
Dinge? „Sie liest Bücher, musiziert, sie veranstaltet Wohl¬
eines neureligiösen Mannes wie jenes Adventisten Neumann, der
tätigkeitsakademien, sie kocht, erzieht ihre Kinder — sie kann
dem deutschen Militarismus kerkerjahrelang trotzte; denkt an jene
sogar eine sehr gute Mutter sein, ja manchmal auch eine vor¬
russischen Wirrköpfe, von denen man nie sicher weiß, ob sie
treffliche Gattin.“ Dieser Satz ist im Burgtheater gestrichen
verbrennende Aufopferer ihrer selbst sind oder feige Angeber
worden, vielleicht weil er so orientierend über Schnitzlers
ihres Nächsten. Denlt an einen rätselhaften Kerl wie jenen
dichterisches Milien ist. Von Schnitzlers chaotischen Frauen läßt sich
Asew! Dort ist glühendes Chaos, dort ist gärende Unordnung,
zuweilen sagen, daß sie imstande sind, Wohltätigkeitsakademien zu
dort sind brennende Kontrafte, dort wird das Land der Seele
veranstalten. Es ist immer etwas unbewußt Bourgeoises in diesem
weit wie die russische Steppe.
Dichter, seine Dramen spielen unwillkürlich im weiten Lande
Schnitzler bleibt daheim, sein weites Land liegt in
des Rathausviertels.
Baden bei Wien und in Tiroler Sommerfrischen. Er gruppiert
Zwei wunderschön ins Halbdunkel gestellte Frauen sind
wieder einmal einen Reigen. Genia Hofreiter liebt den Otto
das Bleibende dieser Dichtung! Erna und Genia. Die eine ist
Aigner, ihr Gatte Friedrich Hofreiter liebt die Erna Wahl, aber
ein moderner Mädchentypus, den vor Schnitzler keiner ge¬
Erna Wahl wird von Doktor Mauer geliebt. Das alles lebt und
zeichnet: das wahrhaftige Mädchen, die Jugend, deren
klebt aneinander. Sie alle haben mancherlei Geschäfte, doch nur
Originalität es ist, gerade in die Augen zu schauen und gerade
einen Bermf: den Ehebruch. Versteht sich, keinen leichtfertig
Gedanken herauszusagen. In dieser Reigen=Gesellschaft voll
französischen, auch keinen pathetischen deutschen Ehebruch, son¬
Heimlichkeiten und Verrätereien geht diese wahrhaft junge Seele
dern jene spezisisch Schnitzlersche Eheirrung, die mehr aus Nach¬
umher und ihr Blick ist gerade wie ihre Gedanken und klar wie
denklichkeit als aus Temperament stammt. Genia liebt ihren
ihre Sehnsucht. Die Tapferkeit und den Stolz so natürlicher
Friebrich, dennoch verschenkt sie sich an Otto, oder eigentlich,
Seelen hat Schnitzler in schimmerndem Glanze einzufangen
eben deshalb tut sie's. Den ersten Anbeter ließ sie in den Selbst¬
gewußt! Und Genia, die Frau voll Schweigen, eine ganz ent¬
mord gehen; aber das entfremdete ihr den moralfreien Gatten
fernte, aber doch ganz selbständige, im Herzen jüngere Verwandte
erst recht, der kein Verständnis für Opfer aus purer Tugend
der Frau Solneß. Jene edle lyrische Verhaltenheit, die Schnitzler;
hat. Den zweiten nahm sie vielleicht. um den Gatten wieder zu selbst eignet, hat er in diese Gestalt gesenkt, darum kündigt,
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