We
box 28/2
24. Das
ana
chnitt austrliner Bösen Heitung, Berlin
Morgenausgabe
—
Unser Wiener Korrespondent schreibt uns:
Das Burgtheater=Publitum hatte vorgenern einen
seiner großen Tage: galt es doch ein neues Weik von
Arthur Schulklexaus der Tause zu heben. Das
Burgtheakr hat aber auch alles geian, um dem
Wiener Boden und Wiener Empfinden entspeossenen
Dichter mit wahrhaft königlichen Ehren zu empfangen.
Unter der feinsiunigen Regie Hugo Thimigs war eine
wahre Galavorstellung des „weiten Land“ zu¬
standegekommen, eine Aufführung, welche dartat, daß
auch die junge Garde des Burgtheaters ihren Mann
stellt. Den sonderbaren Liebesschwärmer Hoft#iter,
— der, für Kainz geschrieben, seiner Individnalnät
angepaßt war und mit dem er sich noch auf seinem
Krankenbette, das so bald zum Sterbelager werden
sollte, beschäftigt hatte, — spielte Herr Korff nicht
ganz aus dem Vollen heraus, aber doch mit richtiger
Betonung des Herrenmenschen mit dm schars¬
durchdringenden Blick. Nur daß er wohl allzusehr
die Wienerische Note anschlug und dadurch die Grund¬
linie des Charakters verschob. Eine feine Komposition
war die Genia des Fräulein Lily Marberg, die
den ihr durch die Moralbegrisse ihres Gatten
förmlich abgerungenen Umschwung ihres Charakters
überaus interessant vollzog. Den Glutrausch der
Liebe des „übel behüteten“ Mädchens Erna zeichnete
Fräulein Marie Hofteufel mit glühenden Farben
und eigenartig herbem Reiz; sie verstand es, die
wildbachartig schäumende Leidenschaft zu verhalten und
ergriff fast mehr durch ihre Geste als durch ihr Wort,
als sie während des Duells um das Leben des
geliebten Freundes bangt. Die künstlerische Erb¬
schaft Ernst Hartmanns trat Herr Devrient mit
der so plötzlich übernommenen Rolle des Hotel¬
direktors Aigner überaus glücklich
an;
spielte diesen wunderlichen Kauz, diesen Ueber¬
lebemann mit einem prächtig ironischen Ton. Mit
einem Pauschallob müssen sich Frau Devrient¬
[Reinhold, eine erheiternd schwatzhafte Frau Wahl,
Frau Römpler=Bleibtren als, Schauspielerin
Aigner, die Herren Gerasch, Paussen, Heine
und Thimig begnügen.
Der Eindruck des Werkes war hier, wie bereits
mein Telegramm meldete, ein tiefgehender und
[Schnitzler, für den nach dem ersten Akte der
Regisseur dankte, konnte vom zweiten Akte ab
persönlich den immer lauter werdenden Hervorrusen
Folge leisten.
S. L.
—— —
Ausschnitt awwiener Montags Journal, Wien
vom:
M1
(Hofburgtheater.] „Das weite Land“ von Arthur Schnitz¬
Vler.—Ein fünfaktiges Plaidoyer für den Ehebruch. Die Or#e¬
nung ist unnatürlich, natürlich ist das Chaos. Und „Die Seele —
hat einmal ein Dichter gesagt, es
ist ein weites Land
kann auch ein Hokeldirektor geweien sein.“ Solche kommen= u
tierende Aussprüche mögen paradox sein, geistreich kann man i
sie nicht nennen. Das Stück ist in Schnitzlersches Milien ge¬ a
taucht, das Milien um den Marimilianplatz herum, Moral= A
theorie, die dramatische Geschicklichkeit und der bekannte Schnitz¬
lersche Causerieplausch in auftretenden Personen lebendig
machen sollen. Man spürt aber die Seelenlosigkeit dieser
Seelentheorie und langweilt sich am Ende ... Das wird noch
näher zu begründen sein. Vorläufig sei konstatiert, daß die
Premiere dem Dichter zujubelte, während schon die zweite Vor¬
stellung nur sehr matten Beifall gevoß. Trotzdem mit wenigen
gibt den
Ausnahmen sehr gut gespielt wurde. Herr Korf
alternden Leichtsinn sehr eindrucksvoll und versagt nur in den
Wallungen der Zärtlichkeiten. Frl. Marberg spielt die
stille Liebesdurstige in ihrer anmutigen Art, die rührend wirkt.
Bleihtren und Wilke sagen
Die Damen Reinhold,
in ihren nichtssagenden Rollen mehr, als sie zu sagen haben,
Frl. Hofteufel viel weniger. Ansonst sind nur kleine Rollen,
die natürlich alle gut besetzt sind. Die raffinierte Inszenierung
täuscht zum Teil über die großen Mängel des Stückes hinweg
und sie wird von dem Bühnenraffinement des Antors unter¬
stützt. Das Stück könnte ebensogut „Viel Lärm um nichts“
heißen ...
—
Ausschnitt aus
Der Montag, Wien
60KE151!
vom:
K
Thegter und Kunst.
Burgiheatgs. „Das weite Land“ Tragikomödie
in fünf Aktge von Artur Schnitzler. Damit wir
#es gleich vorweg nehmen, #einErfolg, ein
ganzer Exfolg, den das Schnitzler sche „Lebensbild“
Sainstagim Burgthater erzielte, ob es sich auch in
Nr „ Liratur einen Platz zu erobern wissen wird,
das nchten wir lieber nicht beurteilen. Wir sagten
bas#„Lebensbild“ und haben mit diesem Worte
tigentlich schon die ganze Kritik zum Ausdruck
bracht. Ein Stück Leben ist es, das uns der
Dichter aus dem Höhental und aus den Dolomiten
auf die Bühne des Burgtheaters transponiert hat,
und da er wahres, echtes ungeschminktes Leben
zeigt, so hat das neueste Werk Schnitzlers eben auch
alle guten und alle schlechten Seiten aufzuweisen,
die in der nahen Wirklichkeit dem unbeteiligten
Zuschauer in dem Leben irgendeiner bekannten
Familie sichtbar werden. Man blicke sich nur einmal
in seiner täglichen Umgebung um und man wird
dreizehn auf ein Dutzend finden, von der Sorte
tener, die uns der Dichter auf die Bühne gestellt
hat. Darin liegt eben der Erfolg des weiten
Landes (— weites Land ist unsere Seele
daß
hier ein Ausschnitt aus der uns allen stündlich vor
Augen seienden Wirklichkeit ohne jede dichterische
Zutat gezeigt wird, gleichsam als Spiegelbild unse¬
rer Zeit! Der Träger der Hauktrolle und damit
des Stückes war Herr Korff. Er gab den Fabrikan¬
ten Hofreitter, den Mann der eleganten Welt, mit
der ein bißerl „schlamperten“ Moral, dem alle
ethischen Begriffe gleichgültig sind, bis zu dem
Moment in dem zur Abwechslung einmal seine
Frau ihn betrügt, mit überzeugendster Wahrheit.
Ergreifend brachte Fräulein Marberg die hohe,
kühle, keusche Frau, das liebeheischende und liebe¬
spendende Weib und die sehnsüchtige Mutter zum
Ausdruck. Gut wirkt Herr Paulsen als Raison¬
neur in der Rolle des Dr. Maurer und auch die
übrigen Hexren und Damen in diesem rollenreichen
Werk gaben ihr Bestes, so daß man ruhig sagen
kann die Aufführung war eine mustergültige.
Ausschnitt aus:
Montags-piätt (publ. Btät.), Wien
Oktüben I.
11
(Burgtheater.) Zum erstenmal: „Das weite Land“.Tragik¬
komödie in fünf Akten, von Artur Schnitzler. „Die Seele ist
ein weites Land, wie ein Dichter es eimatausdrückte“ Ein
Hoteldirektor, Herr Doktor von Aigner ist es, der also im dritten
Akte der Novität spricht. Der Dichter führt uns eine ganze Reihe
verschiedener in ihren Seelen komplizierter Menschen vor. Als echt
österreichischer Dichter zeigt er uns alle diese Menschen in durch¬
wegs sterreichischen Milieu und fesselt damit unser Interesse umö
so mhr. Schnitzler hat da ein außerordentlich interessantes Stück
geschaffen, in dem er mit der ihm eigenen spielerischen Leichtigkeit
sich an die Lösung schwieriger Probleme macht. Das Publikum
folgt dem Dichter willig und bereitete ihn einen großen Erfolg.
Die Darstellung war auf das sorgfältigste vorbereitet und durch¬
aus gelungen. Die Rolle Hartmann's spielte Herr Devrient
sehr wirksam. Die männliche Hauptrolle lag in den Händen
Korffs Man war überrascht, wie glänzend er seine Aufgabe
löste. Dieser Künstler spielt sich immer höher und höher hinauf.
Auf die Damen Bleibtreu, Marberg und Hofhufel
und die Herren Thimig, Zeska, Heine, Paulse,n,
Treßler und Gerasch waren vorzüglich. Es war eine über¬
ius abgerundete Vorstellung, wie man sie im Burgtheater lange
icht gesehen. Der Dichter wurde ungezähltez Male Hox dey Vor¬
ing gerufen.
——
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ana
chnitt austrliner Bösen Heitung, Berlin
Morgenausgabe
—
Unser Wiener Korrespondent schreibt uns:
Das Burgtheater=Publitum hatte vorgenern einen
seiner großen Tage: galt es doch ein neues Weik von
Arthur Schulklexaus der Tause zu heben. Das
Burgtheakr hat aber auch alles geian, um dem
Wiener Boden und Wiener Empfinden entspeossenen
Dichter mit wahrhaft königlichen Ehren zu empfangen.
Unter der feinsiunigen Regie Hugo Thimigs war eine
wahre Galavorstellung des „weiten Land“ zu¬
standegekommen, eine Aufführung, welche dartat, daß
auch die junge Garde des Burgtheaters ihren Mann
stellt. Den sonderbaren Liebesschwärmer Hoft#iter,
— der, für Kainz geschrieben, seiner Individnalnät
angepaßt war und mit dem er sich noch auf seinem
Krankenbette, das so bald zum Sterbelager werden
sollte, beschäftigt hatte, — spielte Herr Korff nicht
ganz aus dem Vollen heraus, aber doch mit richtiger
Betonung des Herrenmenschen mit dm schars¬
durchdringenden Blick. Nur daß er wohl allzusehr
die Wienerische Note anschlug und dadurch die Grund¬
linie des Charakters verschob. Eine feine Komposition
war die Genia des Fräulein Lily Marberg, die
den ihr durch die Moralbegrisse ihres Gatten
förmlich abgerungenen Umschwung ihres Charakters
überaus interessant vollzog. Den Glutrausch der
Liebe des „übel behüteten“ Mädchens Erna zeichnete
Fräulein Marie Hofteufel mit glühenden Farben
und eigenartig herbem Reiz; sie verstand es, die
wildbachartig schäumende Leidenschaft zu verhalten und
ergriff fast mehr durch ihre Geste als durch ihr Wort,
als sie während des Duells um das Leben des
geliebten Freundes bangt. Die künstlerische Erb¬
schaft Ernst Hartmanns trat Herr Devrient mit
der so plötzlich übernommenen Rolle des Hotel¬
direktors Aigner überaus glücklich
an;
spielte diesen wunderlichen Kauz, diesen Ueber¬
lebemann mit einem prächtig ironischen Ton. Mit
einem Pauschallob müssen sich Frau Devrient¬
[Reinhold, eine erheiternd schwatzhafte Frau Wahl,
Frau Römpler=Bleibtren als, Schauspielerin
Aigner, die Herren Gerasch, Paussen, Heine
und Thimig begnügen.
Der Eindruck des Werkes war hier, wie bereits
mein Telegramm meldete, ein tiefgehender und
[Schnitzler, für den nach dem ersten Akte der
Regisseur dankte, konnte vom zweiten Akte ab
persönlich den immer lauter werdenden Hervorrusen
Folge leisten.
S. L.
—— —
Ausschnitt awwiener Montags Journal, Wien
vom:
M1
(Hofburgtheater.] „Das weite Land“ von Arthur Schnitz¬
Vler.—Ein fünfaktiges Plaidoyer für den Ehebruch. Die Or#e¬
nung ist unnatürlich, natürlich ist das Chaos. Und „Die Seele —
hat einmal ein Dichter gesagt, es
ist ein weites Land
kann auch ein Hokeldirektor geweien sein.“ Solche kommen= u
tierende Aussprüche mögen paradox sein, geistreich kann man i
sie nicht nennen. Das Stück ist in Schnitzlersches Milien ge¬ a
taucht, das Milien um den Marimilianplatz herum, Moral= A
theorie, die dramatische Geschicklichkeit und der bekannte Schnitz¬
lersche Causerieplausch in auftretenden Personen lebendig
machen sollen. Man spürt aber die Seelenlosigkeit dieser
Seelentheorie und langweilt sich am Ende ... Das wird noch
näher zu begründen sein. Vorläufig sei konstatiert, daß die
Premiere dem Dichter zujubelte, während schon die zweite Vor¬
stellung nur sehr matten Beifall gevoß. Trotzdem mit wenigen
gibt den
Ausnahmen sehr gut gespielt wurde. Herr Korf
alternden Leichtsinn sehr eindrucksvoll und versagt nur in den
Wallungen der Zärtlichkeiten. Frl. Marberg spielt die
stille Liebesdurstige in ihrer anmutigen Art, die rührend wirkt.
Bleihtren und Wilke sagen
Die Damen Reinhold,
in ihren nichtssagenden Rollen mehr, als sie zu sagen haben,
Frl. Hofteufel viel weniger. Ansonst sind nur kleine Rollen,
die natürlich alle gut besetzt sind. Die raffinierte Inszenierung
täuscht zum Teil über die großen Mängel des Stückes hinweg
und sie wird von dem Bühnenraffinement des Antors unter¬
stützt. Das Stück könnte ebensogut „Viel Lärm um nichts“
heißen ...
—
Ausschnitt aus
Der Montag, Wien
60KE151!
vom:
K
Thegter und Kunst.
Burgiheatgs. „Das weite Land“ Tragikomödie
in fünf Aktge von Artur Schnitzler. Damit wir
#es gleich vorweg nehmen, #einErfolg, ein
ganzer Exfolg, den das Schnitzler sche „Lebensbild“
Sainstagim Burgthater erzielte, ob es sich auch in
Nr „ Liratur einen Platz zu erobern wissen wird,
das nchten wir lieber nicht beurteilen. Wir sagten
bas#„Lebensbild“ und haben mit diesem Worte
tigentlich schon die ganze Kritik zum Ausdruck
bracht. Ein Stück Leben ist es, das uns der
Dichter aus dem Höhental und aus den Dolomiten
auf die Bühne des Burgtheaters transponiert hat,
und da er wahres, echtes ungeschminktes Leben
zeigt, so hat das neueste Werk Schnitzlers eben auch
alle guten und alle schlechten Seiten aufzuweisen,
die in der nahen Wirklichkeit dem unbeteiligten
Zuschauer in dem Leben irgendeiner bekannten
Familie sichtbar werden. Man blicke sich nur einmal
in seiner täglichen Umgebung um und man wird
dreizehn auf ein Dutzend finden, von der Sorte
tener, die uns der Dichter auf die Bühne gestellt
hat. Darin liegt eben der Erfolg des weiten
Landes (— weites Land ist unsere Seele
daß
hier ein Ausschnitt aus der uns allen stündlich vor
Augen seienden Wirklichkeit ohne jede dichterische
Zutat gezeigt wird, gleichsam als Spiegelbild unse¬
rer Zeit! Der Träger der Hauktrolle und damit
des Stückes war Herr Korff. Er gab den Fabrikan¬
ten Hofreitter, den Mann der eleganten Welt, mit
der ein bißerl „schlamperten“ Moral, dem alle
ethischen Begriffe gleichgültig sind, bis zu dem
Moment in dem zur Abwechslung einmal seine
Frau ihn betrügt, mit überzeugendster Wahrheit.
Ergreifend brachte Fräulein Marberg die hohe,
kühle, keusche Frau, das liebeheischende und liebe¬
spendende Weib und die sehnsüchtige Mutter zum
Ausdruck. Gut wirkt Herr Paulsen als Raison¬
neur in der Rolle des Dr. Maurer und auch die
übrigen Hexren und Damen in diesem rollenreichen
Werk gaben ihr Bestes, so daß man ruhig sagen
kann die Aufführung war eine mustergültige.
Ausschnitt aus:
Montags-piätt (publ. Btät.), Wien
Oktüben I.
11
(Burgtheater.) Zum erstenmal: „Das weite Land“.Tragik¬
komödie in fünf Akten, von Artur Schnitzler. „Die Seele ist
ein weites Land, wie ein Dichter es eimatausdrückte“ Ein
Hoteldirektor, Herr Doktor von Aigner ist es, der also im dritten
Akte der Novität spricht. Der Dichter führt uns eine ganze Reihe
verschiedener in ihren Seelen komplizierter Menschen vor. Als echt
österreichischer Dichter zeigt er uns alle diese Menschen in durch¬
wegs sterreichischen Milieu und fesselt damit unser Interesse umö
so mhr. Schnitzler hat da ein außerordentlich interessantes Stück
geschaffen, in dem er mit der ihm eigenen spielerischen Leichtigkeit
sich an die Lösung schwieriger Probleme macht. Das Publikum
folgt dem Dichter willig und bereitete ihn einen großen Erfolg.
Die Darstellung war auf das sorgfältigste vorbereitet und durch¬
aus gelungen. Die Rolle Hartmann's spielte Herr Devrient
sehr wirksam. Die männliche Hauptrolle lag in den Händen
Korffs Man war überrascht, wie glänzend er seine Aufgabe
löste. Dieser Künstler spielt sich immer höher und höher hinauf.
Auf die Damen Bleibtreu, Marberg und Hofhufel
und die Herren Thimig, Zeska, Heine, Paulse,n,
Treßler und Gerasch waren vorzüglich. Es war eine über¬
ius abgerundete Vorstellung, wie man sie im Burgtheater lange
icht gesehen. Der Dichter wurde ungezähltez Male Hox dey Vor¬
ing gerufen.
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