II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 109

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24. Das Seite-Land
Diese Frage hat Schnitzler hier selbst diesen Mangel: dadurch läßt er sich verleiten, der edelsten Sitte und eine Beredtheit des Schweigens
antworten gesucht. Friedrich ist sich manchmal ironisch über den Helden zu stellen, wie heute kaum eine andere. Viel schwächer geriet ihr
ist es im Kern seines Wesens manchmal ihn furchtbar schwer zu nehmen, wodurch die Leidenschaft, der Aufschrei und die wilde Ver¬
entwickelt, aber nicht verändert.
erst recht Unruhe hervorgerufen wird, und ihn mit
zweiflung. Frl. Hofteufels Erna war voll von
n der Gestalt liegt, gerade die
Schurkerei zu überladen; muß er doch gar noch seinen
resoluter Festigkeit und Frische des Tones, die dem
t der Umwandlung, existiert für
Freund zu dem von ihm entweihten Mädchen zu locken
frühreifen Mädchen ein sehr charakteristisches Gepräge
in liegt einerseits ihre Eigenart,
suchen! Schnitzler möchte ihn vertiefen, indem er ihn
gaben. Doch auch sie geriet in der letzten Szene bis
gel. Nichts bezeichnender, als wie
sagen läßt: „So einfach ist das nicht. Hineinschauen
an die Grenze ihrer schönen Begabung. Mit dem
vom Leben spricht. „Wenn man
in mich kannst du nicht. Kann keiner.“ So läßt sich
Hofreiter ist Herrn Korff eine bedeutsame Erweite¬
Laune ist, so baut man Fabriken,
der Zuschauer nicht abspeisen: er darf fordern, hinein¬
rung seines künstlerischen Gebietes erschlossen worden,
ibt Sinfonien, aber glaub mir,
zuschauen, und der Dichter hat die Aufgabe, ihm das
zu der er wärmstens zu beglückwünschen ist. Die
che, die Hauptsache seid ihr! —
Glas zu stellen. So fordert das neueste Werk Schnitzlers
äußeren Formen, in denen sich die Rolle bewegt, waren
zu der Frau, während er von
zu Widersprüchen heraus, die aber gerade am besten
ganz vollendet wiedergegeben; aber gerade die
Wir vergessen immer wieder,
beweisen, wie anregend es wirkt.
Hauptsache, das, was hinter den Worten und
en jeder Frau, auch wenn
Ein etwas verschlepptes Tempo vermochte die aus¬
Gesten dieser scheinbar leeren Frivolität und Brutali¬
eine Menge Stunden gibt,
gezeichnete Leistung der Thimigschen Regie und die
tät steht, das ließ er zu wenig durchfühlen.
re Dinge zu denken hat als an
treffliche Darstellung nicht zu beeinträchtigen. Die
Der Dämon fehlte, und übrig blieb der ge¬
Leben des Mannes? Welch ver¬
vielen kleinen Rollen waren in den besten Händen:
wandte Bösewicht, der auch etwas zu sehr auf den,
bis heute immer wieder die Welt
das Ehepaar Natter (Herr Heine und Frl. Wilke), wie eben bemerkt, allzu niedrigen Ton seiner Um¬
st wie ein Protest klingen solche
die gutpointierende Frau Wahl (Frau Reinhold),
gebung gestimmt war. Völlig versagte der Ausbruch
schaffenden Solneß oder Rubek,
der philosophierende Hoteldirektor (Herr Devrient),
heißen Begehrens von Erna und die Tragik des
Herodes — und wie man diese
der arme junge Liebhaber (Herr Gerasch) und der
Schlusses, auch die geringe Ausdrucksfähigkeit seiner
wört, wird Schnitzlers Wiener
resignierende Freier Ernas (Herr Paulsen) seien
Züge bereitete ihm für diese Aufgabe manche
klein, unendlich klein auch die
hervorgehoben, nicht zu vergessen der köstlichen Charge,
Hindernisse. Daß er sie überwand durch vollendetste
als. Einst Liebelei, jetzt Ehelei.
die Herr Thimig als Portier stellte, und des
Durchbildung dessen, was ihm seiner Individualität
und Auf, aus dem wir sehn¬
Tennis=Jünglings (Herr Höbling), den wir mit
nach von der Rolle erreichbar war, ist ein schönes
en. Uns möchte Leben und
Vergnügen einmal loben. Ob der ganze gesellschaftliche
Zeugnis für seinen diesmal so wohl belohnten künstleri¬
deuten als die Nadel, die das
Ton dieses Zirkels nicht etwas zu niedrig gehalten
schen Eifer.
bes zusammenhält. Damit, daß
war, wäre noch zu erwägen. Jedenfalls stach die Vor¬
Alexander von Weilen.
band den Helden beseligt oder
nehmheit, die Frl. Marbergs Genia in Wort
Perspektive ins Große und die Gebärde zur Schau trug, fast zu stark davon ab. Die

Unbewußt fühlt der Dichter Künstlerin hatte einen wunderschön leisen Ton
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