II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 192

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24. DaseiteLand
ephon 12.801
itunge¬
a.
Frau, das wird sich später finden; aber jedenfalls sein¬
Just zu derselben Zeit rächt sich Frau Genia an ihrem Manne
mit dem Fähnrich Otto Aigner... Nun sind sie quitt, denkt der
schadenfrohe Leser und zitiert: wie du mir, so ich dir! Aber
da hat er mit der Eitelkeit des Herrn Hofreiter nicht gerechnet —
Er koramiert den jungen Mann. Warum? Aus verwundeter
ind, eine Tragi¬
Liebe, aus loderndem Zorn und kränkender Schmach? Also
bler. Regie: Emil
aus einer Augenblicksaufwallung immerhin? „Wenn es Haß
wäre — Wut — Eifersucht — Liebe.“ — „Na ja, von all dem
on der ersten bis zur
verspür ich allerdings verdammt wenig. Aber man will doch
daher kommen, weil
nicht der Dumme sein.“ Und geht hin und knallt den Otto
mit Moral und Ehr¬
Aigner nieder, ob er gleich seiner Philosophie getreu gelebt und
ständnis fehlt. Wenn
gehandelt hat ...
Genia flüchtet in ihrem Schmerz zu der
rmel bringen wollte,
Mutter ihres Liebsten und Hofreiter erklärt nach etlichen An¬
wa sagen müssen: es
merkungen über sich und seine Psyche („Hineinschauen in mich
allen Schikanen und
kannst du doch nicht, kann keiner“ und so), nach Amerika zu
selbstverständlich ist,
wollen. Ich gehe mit dir, versichert Erna, die Braul aus den
hilister zum Gruseln
Bergen. Aber nein, wehrt Hofreiter ab, „wird nicht ange¬
in man von einem
nommen. Alles ist Täuschung. Aus, Erna, auch zwischen uns“
richen skizziert: Frie¬
Wetten wir, daß derselbe, Mann, der jetzt ein „aus, Erna, auch
und wo er nur kann.
zwischen uns“ spricht, in den Akten, die hinter diesen fünfen
e Abenteuer, falls sie
liegen, dasselbe Spiel von neuem anheben wird! Das Schau¬
hlen. Ein Gemüts¬
spiel hat kein Knochengerüst, hat kein Fundament, hat keine
falls. Einer seiner
Pointe — Oder sollte sie etwa in jenen Sätzen enthalten sein,
Genia, den Werbun¬
die da betonten, „was für komplizierte Subjekte wir Menschen
nid widerstehen wird.
im Grunde sind? So vieles hat zugleich Raum in uns! Wir
freiter dermaßen, daß
versuchen wohl Ordnung in uns zu schaffen, so gut es geht,
ähe ihn bedrückt und
aber diese Ordnung ist doch nur etwas Künstliches—. Die
hinauf auf die Berge
Seele — ist ein weites Land —!“ Nein, diese Ordnung ist
anken mitzunehmen,
nicht nur etwas Künstliches, diese Ordnung ist ein Produkt
na Wahl, die Liebste
von Anlage, Erziehung und Charakter. Freilich, wer
erobern. Und so tut
gleich bei
jeder Schürze
das Kribbeln kriegt
Klubsessel, in einem
und aus der „Ordnung“
herausfällt, dem
werden, nicht seine nicht zu helfen, der soll aber nicht von „komplizierten Subjekten“!
e
Snnneneneen uen teeeen uenen
reden. Denn seine Psyche ist letzten Endes doch verdammt ein¬
fachs Schnitzler wollte wohl eine Art von Apologie der Seiten¬
sprünge schreiben und wälzte lediglich die amüsante Niedlich¬
keit seiner Anatolweisheiten in ein sadenscheiniges Geschreibsel
für den Hintertreppenbedarf aus . . . Mehr als alle Anmer¬
kungen zu diesen fünf Akten charakterisieren den Geist, der in
ihnen lebendig ist, ein paar Vorkommnisse: Genia hat von
ihrem abgewiesenen Freier einen Abschiedsbrief erhalten, in dem
er ihre Tugendhaftigkeit für sein Ende verantwortlich macht.
Notgedrungen muß sie das Schreiben ihrem Gatten weisen.
Und der geht nun hin und — erzählt seinen Inhalt jedermann,
der es hören oder nicht hören will ... Gent! ... Hofreiter
kehrt früher heim, als er erwartet wurde. Er triftf seine Frau
im Garten im Téle-à-täte mit dem Fähnrich, läßt die beiden
im Hause verschwinden, hält draußen Wache, bis der junge
Mann durch das Schlafzimemr Genias aussteigt und — schläst
dann auf dem Wiesengrund einen erquicklich=süßen, tiefen
Schiaf ... Gent .. . Und dann — dann erschießt er den
Fähnrich — um nicht der Dumme zu sein ... Gent.
Schnitzler, Schnitzler!
Das Dichten deines menschlichen, allzumenschlichen
Herzens scheint böse von Jugend auf!
Ich füge nur noch ein, daß Irene Triesch als Genia
das Menschenmögliche tat, um menschenmöglich zu sein, daß
Heinz Monnard mit einer humorvollen Schnoddrigkeit über
die Tiefen und Untiefen seiner Rolle geschickt hinwegbalancierte
und daß Hilde Herterich dem vorwitzigen Liebeshunger der
„Siebzehnjährigen“, das philosophische Raffinement einer
rassigen Jöhre lieh. Aber auch die anderen, die Sussin,
Grining, die Stieler, Reicher, Forest usw. usw. spielten, was das
Zerg hielt — und trotz und alledem wurde es kein Erfolg.
Konnte es keiner werden, denn Schnitzler hatte nicht vorgesorgt.
Josef Buchhorn.