II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 196

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24. Das beite Land


ser im-kellingtheater.gehören können, so viele auch sich ihnen zu eigen geben, und Tragikomödie, des von Hofreiter um sein Glück betrogenen
weil sie am Ende schauernd ihren einsamen Weg gehen Arztes Mauer ihr Todesurteil sprechen läßt.
Die Schauspieler hatten es nicht leicht, diesen seelen¬
müssen.
Wir glauben's gern, auch ohne die ewigen Wiederholun= losen Plauderern Leben einzuhauchen. Sie ließen den fein¬
Fagikomödie „Dasmeite Land“.
gen: aber Schnitzler wird uns nicht dazu bringen diese nervigen Dialog und die vielen, mit wunderbarer im¬
Wiener Geplauder und Geplausche
koketten Lebensnipper, die sich selbst kaum einen Augen=presionistischer Beobachtungsgabe abgelauerten kleinen Züge
in aller Echtheit aufschillern. Am besten waren die Dar¬
nde — fünf lange, lange Akte lang.
mouren, die diese dialektischen Ge= blick ganz ernst nehmen, uns als tiefe, problematische
steller der amüsanten Episodenfiguren dran, denn alles
Naturen aufzuschwatzen. Noch weniger werden wir auf dieser
Lustspielmäßige ist hier bedeutsam geglückt. So Forest,
Allen nicht in Liebe ausarten lass
schwankenden Basis eine neue Sittlichkeit oder Lebens¬
haftere Dinge an die Reihe: Tennis
der witzig einen raunzenden Altenberg hinstellte, oder
anschauung aufbauen. Wir lassen uns die graziöse Schön¬
dünkt sich eine Welt! Dieser kleine
[Ziener als plappernder Sportjüngling im dritten Akt,
färberei all dieser Nichtigkeiten gefallen, auf die sich keiner
der in einen. Apenhotel die Handlung dreist unterbricht und
dem die Rechnung für ein Auto¬
so gut versteht, wie Schnitzler, aber die Leute selbst fangen
scharlachrot) die beste Einlaßkarte
doch allein#fbare Wirtlichkeit hat. Heinz Monnard
uns an bedenklich zu enuyieren. Sie sind die geborenen
ließ seinen Anatol den törichten Eheirrtum nicht entgelten
quer versippfe Kreis verwöhnter
Lustspielfiguren, und hoffentlich erkennt das Schnitzler end¬
und tat für den traurigen Lebenskünstler, der die trostlosen
ter Männer, die sich in einer Villen¬
lich selbst, wenn er sieht, daß sie uns nur dann erträglich sind,
Widersprüche seiner Handlungen mit einem: „Hinein¬
jen zu einem ästhetisierenden — dem
wenn sie aller Sentimentalität entsagen und ihre Ironien
kn, arischen — Ghetto zusammen¬
schauen in mich kannst du doch nicht“ erledigt, alles nur
und Selbstironien frei spielen lassen. Was fangen wir mit
kropheten der Lebenskünstelei. Das
Mögliche. Auch Irene Triesch schenkte der Frau, die
seinem neuen Helden dem Fabrikanten Friedrich Hofreiter,
n Brutalitäten ist ihnen im Grunde
keinen Ehebruch begehen kann, weil sie ihn mit ihrem Rein¬
an, der seiner Frau Vorwürf darüber macht, weil sie seinen
lichkeitsbedürfnis nicht vereinen kann, und dann doch einen
im lassen sie es, wenn es sich in ihren
Freund, den Klaviertirtuosen, nicht erhört und in den Tod
beliebigen Fant nachts ihr Fenster öffnet, eine rührende.
in psychologischen Retorten ver¬
— ohne inneren
getrieben hat, und der dann, als sie
Scheinexistenz. Und das gelang auch Fräulein Her¬
mögen sie nicht recht; alles Gefühl
Swang — sich einem Marinefähnrich hingibt, froh darüber
terich bei der kecken Erna, die solange um Hofreiter ge¬
ist, daß er nun nicht mehr allein als der schuldige Ehebrecher
kämpft hat und sich nach einer heißen Nacht von ihm mit
“ könnte dieser mit Schnitzlerscher
im Hause herumgehen muß, und dennoch diesen Fähnrich
einem lakonischen „Aus!“ abspeisen lassen muß. Die armen
Inan heißen. Der Dichter aber klebt
am Ende niederknallt. Dieser irrsinnige Pistolenschuß, der
Schauspieler siegten über alle Schründe einer notdürftigen
ldie das wohlfeile Wort: „Die Seele
einen ihm gleichgültigen Rivalen ins Jenseits befördert,
Konstruktion und sogar über einen Tennisspielsymbolismus
Entschuldigung für einen poetischen
t sich einbildet, alles verzeihen, heiße bringt — wie schon mehrmals bei Schnitzler — gewaltsam
und ein Kraxel=Solneßtum hinweg.
Ernst in die gleichgültige Spielerei. Aber nur im Leben
nd enthebe den Dramatiker jeglicher
ist Zufallstragik erschütternd, im Drama bleibt sie eine
htigkeit. Gewiß, der Typus des ge¬
„Das weite Land“ in Hamburg.
Peinlichkeit. Der Ausgang des possenhaften Duells, zu dem
der sich aus Frauen= und Mädchen¬
sich Herr Hofreiter einen von ihm selbst betrogenen Ehe¬
G. M. Aus Hamburg wird uns geschrieben: Im „Deutschen
kppich webt, der die Laune zu seinem
Schauspielhaus“ in Hamburg gelangte am Sonnabend, den
mann als Sekundanten erbittet, kann in uns nur das Be¬
#t. existiert, und er mag im schwel¬
14. Oktover die Tragikomödie von Arthur Schnitzler „Das weite
dauern zurücklassen, daß Anatol sich verheiratet hat. Das
rkommen als anderwärts. Schnitzler
Land“ zur ersten Aufführung. Die ersten Akte wurden nur lau
hätte er nicht tun sollen.
und mit abwartendem Interesse ausgenommen, erst am Schluß
die die Dürftigkeit ihres cynischen
Schnitzler ist viel zu bewußt, um die Hohlheit dieser
stellte sich ein starker, wenn auch nicht ganz unbestrittener Bei¬
schönrednerischen Falten drapieren,
seiner Welt nicht selbst zu durchschauen, aber seine Balan¬
fall ein, so daß sich Direktor Carl Hagemann, der das Stück
d uns auch von der einzigen Tragik
cierungskünste werden dadurch nicht seriöser, daß er ihnen
eimgesucht werden, wenn der Katzen¬
ser sie kommt: weil sie niemandem aus dem Munde des einzigen graddenkenden Menschen dieser mit feinstem Verständnis inszeniert und wundervolle Bühnenbilder