hox 28/4
24. Das veiteLand
brich Hofreiter betrügt seine Frau, wie und wo er nur kann.
Er sieht nichts darin und würde ihr seine Abenteuer, falls sie
ihn nach ihnen früge, Fall um Fall erzählen. Ein Gemüts¬
mensch ist dieser Hofreiter also jedenfalls. Einer seiner
Freunde erschießt sich. Weil seine Gattin, Genia, den Werbun¬
gen jenes Liebebedürftigen widersteht und widerstehen wird.
Diese Tugendboldigkeit entsetzt Herrn Hofreiter dermaßen, daß
ihm seine Frau fremd wird, daß ihre Nähe ihn bedrückt und
beengt, daß er hinaus in die Weite und hinauf auf die Berge
muß. Nicht ohne den kleinen Nebengedanken mitzunehmen,
in dieser Weite und auf jenen Bergen Erna Wahl, die Liebste
seines Freundes, des Dr. Franz Mauer, zu erobern. Und so tut
er denn auch — auf offener Szene, im Klubsessel, in einem
Hotelvorraum verspricht sie ihm, sein zu werden, nicht seine
Frau, das wird sich später finden; aber jedenfalls sein —
Just zu derselben Zeit rächt sich Frau Genia an ihrem Manne
mit dem Fähnrich Otto Aigner... Nun sind sie quitt, denkt der
schadenfrohe Leser und zitiert: wie du mir, so ich dir! Aber
da hat er mit der Eitelkeit des Herrn Hofreiter nicht gerechnet —
Er koramiert den jungen Mann. Warum? Aus verwundeter
Liebe, aus loderndem Zorn und kränkender Schmach? Also
aus einer Augenblicksaufwallung immerhin? „Wenn es Haß
wäre — Wut — Eifersucht — Liebe.“ — „Na ja, von all dem .
verspür ich allerdings verdammt wenig. Aber man will doch
nicht der Dumee sein.“ Und geht hin und knallt den Otto
Aigner nieder, ob er gleich seiner Philosophie getreu gelebt und
gehandelt hat.
Genia flüchtet in ihrem Schmerz zu der
Mutter ihres Liebsten und Hofreiter erklärt nach etlichen An¬
merkungen über sich und seine Psyche („Hineinschauen in mich
kannst du doch nicht, kann keiner“ und so), nach Amerika zu
wollen. Ich gehe mit dir, versichert Erna, die Braut aus den
Bergen. Aber nein, wehrt Hofreiter ab, „wird nicht ange¬
nommen. Alles ist Täuschung. Aus, Erna, auch zwischen uns“
Wetten wir, daß derselbe Mann, der jetzt ein „aus, Erna, auch
zwischen uns“ spricht, in den Akten, die hinter diesen fünfen.
liegen, dasselbe Spiel von neuem anheben wird! Das Schau¬
spiel hat kein Knochengerüst, hat kein Fundament, hat keine
Senische Zeitung, Bart¬
Pointe — Oder sollte sie etwa in jenen Sätzen enthalten sein,
die da betonten, „was für komplizierte Subjekte wir Menschen
im Grunde sind? So vieles hat zugleich Raum in uns! Wir
7M 17
versuchen wohl Ordnung in uns zu schaffen, so gut es geht,
aber diese Ordnung ist doch nur etwas Künstliches—. Die
Theater und M###.
Seele — ist ein weites Land¬
—
Nein, diese Ordnung ist
nicht nur etwas Künstliches, diese Ordnung ist ein Produkt
Leffing=Theater.
von Anlage, Erziehung und Charakter. Freilich, wer
gleich
jeder Schürze
das Kribbeln kriegt
Zum ersten Male: Das weite Land, eine Tragi¬
und aus der
„Ordnung“, herausfällt, dem
ist
komüdie in fünf Akten von Artur Schnitzler. Regie: Emil
nicht zu helfen, der soll aber nicht von „komplizierten Subjekten“.
Lessing.
reden. Denn seine Psyche ist letzten Endes doch verdammt ein¬
Dieses Schauspiel ist langweilig von der ersten bis zur
fach: Schnitzler wollte wohl eine Art von Apologie der Seiten¬
letzten Szene. Das mag zum Teil auch daher kommen, weil
sprünge schreiben und wälzte lediglich die amüsante Niedlich¬
es in fremden Zungen zu uns spricht und mit Moral und Ehr¬
keit seiner Anatolweisheiten in ein sadenscheiniges Geschreibsel
begriffen songliert, für die uns das Verständnis fehlt. Wenn
für den Hintertreppenbedarf aus ... Mehr als alle Anmer¬
nan die These dieser Akte auf eine Formel bringen wollte,
kungen zu diesen fünf Akten charaklexisieren den Geist, der in
vürde man im studentischen Jargon etwa sagen müssen: es
ihnen lebendig ist, ein paar Vorkommnisse: Genia hat von
redigt den Ehebruch über kreuz. Mit allen Schikanen und
ihrem abgewiesenen Freier einen Abschiedsbrief erhalten, in dem
llen Finessen. Mit einer Laxheit, die selbstverständlich ist,
er ihre Tugendhaftigkeit für sein Ende verantwortlich macht.
nd einer Leichtfertigkeit, die auch Nichtphilister zum Gruseln
Notgedrungen muß sie das Schreiben ihrem Gatten weisen.
ringen kann.
Der Inhalt, wenn man von einem] Und der geht nun hin und — erzählt seinen Inhalt jedermann,
lchen reden will, ist mit ein paar Strichen ilinziert: Frie=! der es hören oder nicht hören will ... Gent! ... Hofreiter.
kehrt früher heim, als er erwa
im Garten im Téte-à-téte m
im Hause verschwinden, hält
Mann durch das Schlafzimem
dann auf dem Wiesengrund
Schlaf
Gent
Und
Fähnrich — um nicht der Di
Schnitzler, Schnitzler!
Das Dichten deines
Herzens scheint böse von Juge
Ich füge nur noch ein,
das Menschenmögliche tat, un
Heinz Monnarb mit einer!
die Tiefen und Untiefen seiner
und daß Hilde Herterich de
„Siebzehnjährigen“, das phil
rassigen Jöhre lieh. Aber
Grüning, die Stieler, Reicher, F#
Zeug hielt
— und trotz und
Konnte es keiner werden, denn
24. Das veiteLand
brich Hofreiter betrügt seine Frau, wie und wo er nur kann.
Er sieht nichts darin und würde ihr seine Abenteuer, falls sie
ihn nach ihnen früge, Fall um Fall erzählen. Ein Gemüts¬
mensch ist dieser Hofreiter also jedenfalls. Einer seiner
Freunde erschießt sich. Weil seine Gattin, Genia, den Werbun¬
gen jenes Liebebedürftigen widersteht und widerstehen wird.
Diese Tugendboldigkeit entsetzt Herrn Hofreiter dermaßen, daß
ihm seine Frau fremd wird, daß ihre Nähe ihn bedrückt und
beengt, daß er hinaus in die Weite und hinauf auf die Berge
muß. Nicht ohne den kleinen Nebengedanken mitzunehmen,
in dieser Weite und auf jenen Bergen Erna Wahl, die Liebste
seines Freundes, des Dr. Franz Mauer, zu erobern. Und so tut
er denn auch — auf offener Szene, im Klubsessel, in einem
Hotelvorraum verspricht sie ihm, sein zu werden, nicht seine
Frau, das wird sich später finden; aber jedenfalls sein —
Just zu derselben Zeit rächt sich Frau Genia an ihrem Manne
mit dem Fähnrich Otto Aigner... Nun sind sie quitt, denkt der
schadenfrohe Leser und zitiert: wie du mir, so ich dir! Aber
da hat er mit der Eitelkeit des Herrn Hofreiter nicht gerechnet —
Er koramiert den jungen Mann. Warum? Aus verwundeter
Liebe, aus loderndem Zorn und kränkender Schmach? Also
aus einer Augenblicksaufwallung immerhin? „Wenn es Haß
wäre — Wut — Eifersucht — Liebe.“ — „Na ja, von all dem .
verspür ich allerdings verdammt wenig. Aber man will doch
nicht der Dumee sein.“ Und geht hin und knallt den Otto
Aigner nieder, ob er gleich seiner Philosophie getreu gelebt und
gehandelt hat.
Genia flüchtet in ihrem Schmerz zu der
Mutter ihres Liebsten und Hofreiter erklärt nach etlichen An¬
merkungen über sich und seine Psyche („Hineinschauen in mich
kannst du doch nicht, kann keiner“ und so), nach Amerika zu
wollen. Ich gehe mit dir, versichert Erna, die Braut aus den
Bergen. Aber nein, wehrt Hofreiter ab, „wird nicht ange¬
nommen. Alles ist Täuschung. Aus, Erna, auch zwischen uns“
Wetten wir, daß derselbe Mann, der jetzt ein „aus, Erna, auch
zwischen uns“ spricht, in den Akten, die hinter diesen fünfen.
liegen, dasselbe Spiel von neuem anheben wird! Das Schau¬
spiel hat kein Knochengerüst, hat kein Fundament, hat keine
Senische Zeitung, Bart¬
Pointe — Oder sollte sie etwa in jenen Sätzen enthalten sein,
die da betonten, „was für komplizierte Subjekte wir Menschen
im Grunde sind? So vieles hat zugleich Raum in uns! Wir
7M 17
versuchen wohl Ordnung in uns zu schaffen, so gut es geht,
aber diese Ordnung ist doch nur etwas Künstliches—. Die
Theater und M###.
Seele — ist ein weites Land¬
—
Nein, diese Ordnung ist
nicht nur etwas Künstliches, diese Ordnung ist ein Produkt
Leffing=Theater.
von Anlage, Erziehung und Charakter. Freilich, wer
gleich
jeder Schürze
das Kribbeln kriegt
Zum ersten Male: Das weite Land, eine Tragi¬
und aus der
„Ordnung“, herausfällt, dem
ist
komüdie in fünf Akten von Artur Schnitzler. Regie: Emil
nicht zu helfen, der soll aber nicht von „komplizierten Subjekten“.
Lessing.
reden. Denn seine Psyche ist letzten Endes doch verdammt ein¬
Dieses Schauspiel ist langweilig von der ersten bis zur
fach: Schnitzler wollte wohl eine Art von Apologie der Seiten¬
letzten Szene. Das mag zum Teil auch daher kommen, weil
sprünge schreiben und wälzte lediglich die amüsante Niedlich¬
es in fremden Zungen zu uns spricht und mit Moral und Ehr¬
keit seiner Anatolweisheiten in ein sadenscheiniges Geschreibsel
begriffen songliert, für die uns das Verständnis fehlt. Wenn
für den Hintertreppenbedarf aus ... Mehr als alle Anmer¬
nan die These dieser Akte auf eine Formel bringen wollte,
kungen zu diesen fünf Akten charaklexisieren den Geist, der in
vürde man im studentischen Jargon etwa sagen müssen: es
ihnen lebendig ist, ein paar Vorkommnisse: Genia hat von
redigt den Ehebruch über kreuz. Mit allen Schikanen und
ihrem abgewiesenen Freier einen Abschiedsbrief erhalten, in dem
llen Finessen. Mit einer Laxheit, die selbstverständlich ist,
er ihre Tugendhaftigkeit für sein Ende verantwortlich macht.
nd einer Leichtfertigkeit, die auch Nichtphilister zum Gruseln
Notgedrungen muß sie das Schreiben ihrem Gatten weisen.
ringen kann.
Der Inhalt, wenn man von einem] Und der geht nun hin und — erzählt seinen Inhalt jedermann,
lchen reden will, ist mit ein paar Strichen ilinziert: Frie=! der es hören oder nicht hören will ... Gent! ... Hofreiter.
kehrt früher heim, als er erwa
im Garten im Téte-à-téte m
im Hause verschwinden, hält
Mann durch das Schlafzimem
dann auf dem Wiesengrund
Schlaf
Gent
Und
Fähnrich — um nicht der Di
Schnitzler, Schnitzler!
Das Dichten deines
Herzens scheint böse von Juge
Ich füge nur noch ein,
das Menschenmögliche tat, un
Heinz Monnarb mit einer!
die Tiefen und Untiefen seiner
und daß Hilde Herterich de
„Siebzehnjährigen“, das phil
rassigen Jöhre lieh. Aber
Grüning, die Stieler, Reicher, F#
Zeug hielt
— und trotz und
Konnte es keiner werden, denn