II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 431

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24. basTteLand
brikanten Hofreiter und der Zimmerinterieurs, nicht minder die
Kunst und Misfenschaft.
glänzende Darstellung, in der sich in erster Linie Herr Nhil
in d
Rolle des Fabrikanten Hofreiter und Frl. Elsinger
Deutsches Schauspielbaue,
als Frau und außerdem die Herren Gebhardt, Lang,
„Das weite Land.“
Wagner, Andresen, Brahm (Portier) und die Damen
Frau Ellmenreich, Frau Otto=Körner, Frl. Silten
Tragikomödie in 5 Akten von Arthur Schnitzler.
und Frl. Heydorn auszeichneten, entschädigten das Publikum
Das neue Werk Schnitzlers, das am Sonnabend außer in
für die Schwächen der Novität. Am Schlusse wurden die Dar¬
Hamburg auch in Wien, Berlin, München und in ande¬
steller und Herr Direktor Hagemann durch lebhaften Beifall
ren deutschen Städten die Uraufführung erlebte, hat die Er¬
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und wiederholte Horvorrufe geehrt.
wartungen, die ihm entgegengebracht wurden, nicht befriedigt,
man kann sich vielmehr des Eindrucks nicht erwehren, daß der
Verfasser sich auf der absteigenden Linie befindet. Schon in der
Hamburger Stadttheater.
Wahl des Titel ist er nicht besonders glücklich gewesen. Man
rät hin und her, was er mit dem „weiten Land“ gemeint haben
Neu einstudiert:
möge, und kommt endlich zu dem Schlusse, daß er das unbe¬
„Das Heimchen am Herd.“
grenzte Land der Seele im Auge gehabt habe. Der Dichter
Oper in 3 Abteilungen von Carl Goldmark.
zeichnung „Tragikomödie“ ist gewagt; der Schluß ist eher ge¬
Der Erfolg, der vor Jahren diesem Werk bei seinen ersten
waltsam, als innerlich tragisch; aber auch die Komödienstim¬
Aufführungen beschieden war, hat nicht lange vorgehalten. Die
mung ist gesucht, gezwungen. Das Milieu ist den spezifischen
Oper verschwand überall wieder vom Repertoire. Eine ganz
Wiener Gesellschaftskreisen entnommen; es handelt sich um das
prächtige, stimmungsvolle Aufführung veranlaßte am Sonn¬
Eheproblem, Ehescheidungen, Ehebruch und Flirt. Die mora¬
abend die Hörer wieder zu lebhaftestem Beifall, namentlich wäh¬
lischen Anschauungen der aufgeführten Personen sind sehr lax,
rend der beiden letzten Akte; aber dem Werke selbst und seiner
nur ein Arzt erweist sich als vollkommener Ehrenmann.
Musik ist dieser Erfolg wohl nicht zu verdanken.
Im Mittelpunkt der Handlung stehen ein Wiener Fabrikant
Das Libretto, frei nach Dickens gleichnamiger Erzählung
Hokreiter und seine Gattin Genia. Wir erfahren zu Anfang,
gearbeitet, entbehrt schon der rechten Märchenstimmung; die
daß sich ein junger Russe aus unglücklicher Liebe zu der jungen
uns über die harmlos= alliägliche Geschichte, die sich da vor
anmutigen Frau erschossen hat. Der eifersüchtige Gatte, der
unseren Augen abspielt, angenehm hinüberhülfe.
übrigens selbst gelegentlich „Eheirrungen“ keineswegs abgeneigt
Goldmarks Musik zeigt hier wenig Erfindung und
ist, kann sich bei der Beteuerung seiner Gattin, daß sie von
gleicht mehr einem Potpourri von Reminiszenzen und
jeder Schuld frei sei, nicht beruhigen; er unternimmt, um auf
Nachbildungen der Werke unserer Meister. Doch soll damit
andere Gedanken zu kommen, eine Reise ins Hochgebirge, die
nicht gesagt sein, daß die Oper etwa eigener Reize bar wäre.
er aber sofort zu einem Flirt mit einem jungen Mädchen,
Das Lied der Doti im ersten Akt, ein feinempfundenes Quintett,
das dem älteren, verheirateten Manne eine schwärmerische Liebe
und die große Bariton=Arie im zweiten Akt sind hübsche und
entgegenbringt, benutzt. Diese Liebelei hält ihn trotzdem nicht
für die Ausführenden dankbare Arbeiten. Aber Märchenduft
ab zu der Einsicht zu gelangen, daß er seine Frau wirklich
und Poesie sind dieser Musik fremde Begriffe.
liebt. So treibt ihn dann die Sehnsucht wieder nach Hause
Desto erfreulicher kann man sich über die Aufführung aus¬
zurück. Bei seiner Rückkehr muß er sich jedoch von einer wirk¬
lassen. Die musikalische Leitung des Herrn Selberg wie die
lichen Untreue seiner Gaktin überzeugen; er ist Augenzenge, wie
Regieführung des Herrn Nowack taten alles, um Stimmung
ein junger Mann, ein Marine=Fähnrich, dessen Eltern ge¬
zu erwecken. Herr vom Scheidt gab der Partie des John
schiedene Eheleute sind, sein Haus zur Nachtzeit auf dem unge¬
gesanglich und darstellerisch ungemein viele Wärme und Lebens¬
wöhnlichen Wege durchs Fenster verläßt. Der gehörnte Ehe¬
echtheit. Frau Fleischer=Edel sang die Dot mit feiner
mann fordert den Fähnrich zum Duell heraus und erschießt ihn.
Zartheit und schön quellendem Ton. Frl. Lehmann stellte
Die Handlung wird noch drrch eine Anzahl von Neben¬
eine jugendfrische May auf die Bühne und Herr Lohfing
personen, einen Bankier, einen Oberleutnant, einen Schrift¬
verlieh der Gestalt eines alten, lächerlichen Lords treffsichere
steller und andere erweitert, die aber zu der Haut thandlung in
charakteristische Züge. Zierlich und lieb sang und agierte
loser Beziehung stehen und auch im übrigen als Typen des
Fr. Puritz=Schumann als Hel#nchen. Nur der Eduard des
leichten Wienertums namentlich bei einem norddeutschen Publi¬
Herrn Hochheim unter gesanglichen Unarten.
kum wenig Interesse zu erregen vermögen.
Immerhin ist die Tatsache erfreulich, daß wenigstens der
Der ganz im Wiener Dialekt geführte Dialog enthält viele
Versuch gemacht wird, in das Repertoire unserer Oper endlich
Längen und ist oft schwerfällig und verworren.
einmal lebhaftere Abwechslung zu bringen. Die Ankündigung
Die von Herrn Dr. Carl Hagemann besorgte glänzende
der Neueinstudierung von Webers „Euryanthe“, Lort¬
Inszenierung, das entzückende Arrangement der Villa des Fa¬
zings „beiden Schützen“, H. Götz' „Widerspeg¬
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