II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 492

24. Das weite.Land
A binn, beuxptst, -N0. —
00 X 2972 hagen, Lendon, Madrid, Malland, Minneapolis, New-Vork,
Paris. Rom, öan Francisco, Stockholm, St Petersburg.
(Osellenungebe eume Gow##).
Aaoschnitt aus:
18 5.1
S
1399:
Mit dankenswertem Eifer ist unsere Theater¬
leitung bemüht, das Publikum auch mit den
neuesten Erscheinungen auf dem weitgesteckten Ge¬
biete literarischer Dramatik bekanntzumachen. So
gelangte gestern Schnitzlers fünfaktige Tragi¬
komödie „Das we###d“zur Aufführung.
Mit dieser Premiere haben wir den übrigen Pro¬
vinzbühnen wieder einmal den Rang abgelaufen.
Ueber das Stück selbst haben die „Freien Stim=,
men“ bereits in der Mittwochnummer eine ein¬
gehende feuilletonistische Besprechung gebracht, so
daß wir uns diesbezüglich heute kurz fassen kön¬
——
nen. „ein wettes Laso, ist nicht nur die Seele
der Schnitzlerschen Konstruktionsmenschen,
andern auch die literarische Persönlichkeit des¬
dichters selbst. Von der schlichten, lebensvollen
nd eben darum so tief ins Herz greifenden „Lie¬
elei“ bis zur Tragikomödie (nomen est omen!)
Das weite Land“ — welch ein weiter Sprung
ach rückwärts! Dort Gestalten von Fleisch und
zlut, die ein wirkliches Leben leben, hier psycho¬
dgische Kunstgebilde, die dem Dichter nur als
demonstrationsobjekte, als moderne Problem¬
guren dienen. Prächtige Einzelheiten, ein glanz¬
soller Dialog, in dem viele ernste und kluge Worte
leprägt werden, können darüber nicht hinweg¬
äuschen. Aus dem Dichterischen, das allein den
Vert eines Dramas bestimmt, ist Schnitzler all¬
nsehr ins Psychologische geraten, aber auch seine
ssychologie trägt diesmal die Marke des Aus¬
etlügeltseins. „Exakt wie die Mathematik“.
hrieb darüber ein bekannter Berliner Kritiker
„ist diese Psychologie, die mit unbekannten
rößen arbeitet; allzu exakt, als daß sie für
Leben gelten könnte, das immer unlogisch ist.
Exsonnen aus Lebensweisheit, nicht erlebt, ist das
Schauspiel, ob es auch in einzelnen Teilen von
Leben strotzt. Schnitzlers grüblerischer Hang war
stärker als sein Herzschlag, die Eingebung schwä¬
cher als die kunstvolle Auflösung. Deduktiv ist
die Technik dieses Dramas, das die Gesellschaft
des Wiener Westens in überaus zahlreichen Ty¬
pen vorführt: Luxusweibchen, Hahnreie, Halb¬
jungfrauen, Modeschriftsteller, Sporttrotteln,
Lebekünstler und wie die Bazillenträger der De¬
kadenz alle heißen. Sie sind interessant nicht um
ihrer selbst willen, doch dank dem melancholischen
Sarkasmus ihres Dichters. In der Genauigkeit
der psychologischen Präparate erinnert Schnitz¬
ler an Ibsen. Nur die Menschen Ibsens und
ihre Probleme sind von anderer Wichtigkeit...
Die Aufführung des trotz aller Schwächen dich¬
terischen Spieles mit Menschen und Geschehnis¬
sen war sorgsam vorbereitet und gewährte denn
auch einen hohen künstlerischen Genuß. Einzelne
Darsteller und Darstellerinnen nahmen sich der
von innen heraus verkünstelten Gestalten liebe¬
und verständnisvollst an, so daß sie ihnen bei¬
nahe reales Leben einhauchten. So vor allem
Herr Schramm (Hofreiter), der den liebens¬
würdigen Lebemann und rücksichtslosen Herren¬
menschen (eine Rolle, die bekanntlich noch für
Kainz bestimmt war) prächtig charakterisierte und
individualisierte und dessen ganz und gar un¬
drama ische Gedanken=Intonsequenz nach Mög¬
Die
lichkeit glaubhaft zu machen suchte.
„unverstandene Frau, die ins Gleiten kommt“.
wurde durch Frl. Wolff (Genia), welches in
erfreulichster Weise auch technisch ihre schönen Aus¬
drucksmittel immer mehr und mehr in die Ge¬
walt bekommt, sehr gut repräsentiert, ja in ein¬
zelnen schwierigen Szenen zeigte diese jugendliche
Darstellerin eine Tiefe des Empfindens und eine
Sicherheit des Ausdruckes, die selbst hochgespannte