II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 540

24. Das weite Land
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Ausschnitt aus:
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vom:
„ —.
Axtur=Schnitters jüngstes Drama „Das weite
Land“ soll wie die „Berliner Morgenpost“ berichtet, an der
Pariser Comédie Française aufgeführt werden. Herr
Le Bargy, der sich kürzere Zeit in Wien aufhielt, ver¬
handelt mit Schnitzler wegen der Uebersetzung und der
Aufführungsrechte.
Denn hier gibt Schnitzler der von ihrem
Kgl. städt. Theater. Flaus.
Held — (es ist für diese Auseinanderletzung bi
Manne betrogenen Frau, die sich einem Ge¬
geichgültig, daß er ein Fabrikant Hofreiter
##(/ Das weite Land.-4 ½
Fliebten an den Hals wirft, ebenso recht, wie
ist,) — hintergeht seine Frau. Sie ahnt oder
Da ist wieder einmal der rihtige Schnitler dem betrügenden und also betrogenen Gatten,
weiß es. Aber sie ist noch das Weib aus
Und doch nicht der richtige. Da ist er wieder
1
der den Geliebten dann über den Hausen
Schnitzlers „Weihnachtseinkäufen“ zu schwach,
zu Hause. Und doch wieder weht es uns
schießt. Er stellt sich ebenso auf die Seite der
sich für das in der Ehe gebrochene Liebes=t
manchmai wie fremd von der Bühne an. Man
Frau, die iren Mann verläßt, nachdem sie
glück durch einen Geliebten entschädigen zu
fühlt die unmittelbare Nähe des scharf beobach¬
von diesem hintergangen worden war, wie auf
lasen. Erst allmählich reist in ihr der Ent¬
tenden Erotikers, glaubt aber auch, fühlen zu
v
die Seite des Mannes, der seine Untreue mit
schluß beran, — nicht, Ersatz zu suchen, son¬
müs en, daß hinter dem Beobachter der Dichter
den Gründen eines inneren und äußeren
dern, sich zu revanchieren. Der Entschluß wird
ein wenig zurückgeblieben sei, weil er em Zwanges entschuldigt. Hier eine Markierung,
zur Tat, und es berührt förmlich ein wenig
Kompositeur den Vortritt gewährte. Solche und da wieder eine, — aber den Weg sieht
fatalistisch, daß der Geliebte der betrogenen
Galanterie mag eine theatralische Tugend seim man nicht, der auf die Höhe führen sollte.
Frau das Kind einer Ele ist, die in Brüche
ist aber gewiß nur ein Verlust am rein Künst¬)
V„So vieles hat zugleich Raum in uns -
gegangen, als sie an einem Treubruche des
lerischen. Wie sich Schnitzler sonst bei ähn¬
ku
Liebe und Trug ... Treue und Treulosig¬
Mannes zerschellte. Der betrogene Mann ent¬
lichen Gelegenheiten als der starke Betoner
keit ... Anbetung für die eine (Frau) und
deckte die Revanche seiner Frau, erschießt ihren
einer ausdrücklichen Moral erwies, — („Moral“
zie
Verlangen nach einer anderen oder mehreren.
Geliebten, verläßt die Geliebte und die
natürlich nur in ganz übertragener Bedeu¬
Wir versuchen wohl, Ordnung in uns zu
Gatin, formt so aus dem alten Chaos ein neues,
tung): so zeigt er sich hier von einer gewissen schaffen, so gut es gebt, aber diese Ordnung
in das plötzlich der so oft gehörte Schrei des
Unentsch ossenheit der Tendenzführung, ja,
ist doch nur etwas Künstliches ..... Das
Kindes hineinklingt — man weiß nicht, ob bi
um es offen heraus zu sagen — von der Seite
Natürliche ist das Chaos. Die Seele ist ein
wie die Verkündung eines neuen Lebens.
einer leisen Zerjahrenheit seines sonst so rich¬
weites Land ...“
Sollte es Schnitzler um
Denn das C aotische der Menschenseele wurde
tunggebenden Willens. Ich meine: man weiß
G
nichts anderes zu tun gewesen sein, als dieses
in dem Stücke viel zu oft und viel zu ein¬
zum erstenmale nicht ganz so klar, wie sonst,
f
weite Land, dieses Chaos unseres Naturelles
dringlich betont, als daß man hoffen könnte,
was Schnitzler, der doch so viel zu sagen hat,
wil
zu zeigen? —
es schließe mit dem Hinweise auf einen Zu¬
mit dieser „Tragikomödie“ aus prechen wollte.
Wenn es ihm tatsächlich darum zu tun
kunftsmenschen, der Licht und harmonische
Daß es sich im nicht darum allein handeln
war, dann muß man in dieses Stück wie in
Neugestaltungen in das Chaos zu bringen
konnte, eine Begebenheit nach seinem Geure
vermöchte.
ein gewaltiges Stück der ganzen Trostlosigkeit
dramatisch zu erzählen, das ahnt man. Man
des Lebens blicken. Es gibt hier keinen, aber
will aber doch „die Moral aus der Geschicht““
Das Stück atmet erdrückenden Pessimis¬
auch nicht einen Menschen, der kein Chaos, mus. Der Geist der Rache wandelt drohend ke
erkennen. Man will, daß sich der Dichter, wie
sondern eine harmonische Natur wäre. Der durch seine geistigen Wandelgänge. Der Treu= bi
man es bisher an ihm gewohnt war, zu irgend
einem bestimmten Grundsatze bekennt, statt,
wie er dies augenscheinlich in diesem Stücke
tut, zu — mehreren.