24. Das weite Land
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huld war, lasse ich dahingestellt. Es genügt
und bestimmter die Charaktere Hofreiters und Genias zu um= darum trivialen Welt. Ich wage keinem einzigen einen
mende Tatsache konstatiert zu haben, und ich
reißen. Infolgedessen haftet diesen etwas Lehrhaftes, etwas
m Dichter selbst, diesem liebenswerten, klugen,
Vorwurf zu machen. Aber um so leidenschaftlicher klage
zuviel Absicht an. Das weite Land, das menschliche Seele
Seelenfinder meine Reverenz zu erweisen.
ich einen Theaterleiter an, der eine solche Vorstellung
heißt, erscheint künstlich ausgeweitet.
hat die Kunde von der modernen Seele auf
zum unzulänglichen Ereignis, werden ließ.
H. S.
Mit dieser Seele aber hat es noch eine besondere
ie, besondere Weise bereichert. Es ist Sitte ge¬
Bewandtnis. Schnitzler nennt sie natürlich nur ironisch
genart seiner Kunst aus seinem ärztlichen Beruf
In der Beeihoven=Matinee, die als leßte dieses
ein weites Land. (Denn dieser Vergleich, der von einem
Diese Sitte der Feuilletonisten ist mehr bequem
Spieljahres Sonntag, den 19. d. Mts. stattfindet, sind
Dichter stammen soll, ist eher, wie es im Drama heißt,
Denn Schnitzler hält sich nirgends an das
beschäftigt: Jane Freund und die Herren F. Lederer, H.
einem Hoteldirektor zuzutrauen.) Aber er benutzte die Weit¬
Phänomen, nirgends an die Körperlichkeit der
Schuster, K. Müller, Fr. Taussig, Hans Godeck sowie
des Seelenlandes doch dazu, um in ihr ein paar Launen
er ist niemals Naturalist gewesen. Vielmehr
das Orchester und der Singchor des Hoftheaters. Die künst¬
des Schicksals verschwinden zu lassen, die im Drama stark
ts die Grundstimmung einer Welt oder eines
lerische Leitung hat bekanntlich Herbert Eulenberg.
theatralisch wirken. Vor allem ist die Erschießung Otto
ßt erst daraus die Umrisse einer Gestalt und
In Alexander v. Zemlinskys Märchenoper Es
von Aigners eine Laune des Dichters und seiner Gestalt.=
war einmal“, die Sonntag, den 19. d. Mts. ihre Erst¬
wachsen. Er ist eine Ausnahme weiter Kom¬
Derlei paßt gewiß in ein „weites Land“, aber es steht
erschauer verschwimmender Perspektiven, einer
aufführung erlebt, sind beschäftigt: Else Tuschkau, Ingeborg
fremd und unorganisch im Seelenleben Hofreiters. Und
Liheblad und die Herren Jung, Kromer, Marx, Bartling
en, die mit dem Tastsinn der Seele begabt sind.
auch das Schicksal seiner Freunde, des einen, der an seiner
Nieratzky, Voisin und Landory. Regie: Eugen Gebrath.
weiche, zarte Stimmung, durchsichtig und ver¬
Seite im Gebirge sich zu Tode fiel, und auch des andern,
Dirigent: Artur Bodanzky. Der Komponist trifft morgen
hwie ein Schleier, über seinen Werken. Aber
jenes Pianisten, der um Genias willen starb,
hier ein und wird der Generalprobe, wie der Premiere
Zusammenprall und glutigste Theatralik sind
auch
beiwohnen.
dieses Schicksal ist mit spielerischer Laune erfunden und
d. Schnitzler ist bei aller Zartheit seiner Mittel
zu absichtsvoll zur künstlichen Ausweitung der Seelen¬
niemals ein Verweichlicher und Verwässerer.
perspektive benutzt.
inen Dichterträumen wandeln Anatoi und
Wie aber drängt diese Dichtung gleicherweise zum
er scheut auch nicht vor den unbequemen Wirk¬
Seelischen und Theatralischen, zur äußeren Form und zur
Geschlechts= „Reigens“ und vor den brutalen
inneren Gehaltenheit! Es ist eine Lust, den Finessen des
enaissance (in dem wundervollen „Schleier der
Dialogs zu folgen, und zugleich eine tiefe ästhetische Genug¬
tuung zu erkennen, wie fest aus diesen Bausteinen das Ge¬
Tragikomödie „Das weite Land“ ist Anatol,
samtgebäude des Dramas sich fügt.
ihrer ewigen Variation liebt, älter geworden
Von alledem merkte man der gestrigen Aufführung
Hofreiter liebt seine Frau und der Reihe
wenig oder gar nichts an. Ueber alle anderen ragte Frau
ere Frauen, jetzt gerade die abenteuerlustige
Hummel als Genia empor. Sie war von sieghafter In¬
enia seine Frau, weiß von allem und ist ihm
nerlichkeit. Diese Darstellerin hat etwas Gothisches in
Ein Pianist, dem sie sich versagte, hat sich um
sich, eine Differenziertheit des Gefühls, die doch immer
hossen. Nun aber naht sich ihr Otto von
wieder in rührender Schlichtheit endigte. Neben ihr wirkte
nger, stiller Mensch, und wie ihr Gatte die
Herr Koch als Hofreiter ziemlich plump. Er war nicht
gierig an sich reißt, läßt sie sich selbst von
frei, souverän und liebenswürdig genug. Trotzdem war er
ten Jugend Ottos verführen. Hofreiter erfährt
von einer unwandelbaren Echtheit der Gefühle und Töne
Otto von Aigner im Duell. Seine Frau aber
und von einer (manchmal zu wenig gelösten) Gediegenheit
n ihm. Dies Gerippe, das einer Troubadour¬
schauspielerischer Mittel. Im letzten Akt war sein Spiel
hören scheint, trägt in Schnitzlers Drama ein
ebenso diskret wie beredt. Herr Rotmund spielte den
emaltes modernes Kulturbild. Die Handlung
jungen Otto viel zu sehr aufs Ungefähre und Typische hin.
viele Episoden, die aber immer Exponenten
Dieser junge Mensch ist aber eine Charakterfigur im besten
ung sind. Ein verhaltener Strom lebendiger
Sinne des Wortes. Gänzlich versagte Frl. Fein als Erna.
von Seele zu Seele und ist bald von komi¬
Sie spielte dieses junge Mädchen als virtuose Dame, war
tragischen Lichtern überfärbt. Die Charak¬
aber auch in dieser Verstiegenheit ganz gefühllos und
ofreiters als auch Genias wird aus all diesen
leer. Sehr echt und diskret war Frl. Wittels als Mut¬
, wie ein stiller Weiher aus vielen unruhigen
ter Otto von Aigners, sehr delikat Frl. Blankenfeld
iden Gatten stehen glaubhaft in einer Kultur
als verflossene Geliebte Hofreiters und Bankiersgattin.
katur!), weil diese sich in ihnen wie in allen
Geradezu ein Labsal in dieser grob skizzenhaften Auffüh¬
individualisiert. Auch in diesem Drama ist
rung war die Darstellung des Bankiers Natter durch Herrn
Primäre und das Individuum erst das
Kolmar. Diese Gestalt war ein kleines Kunstwerk stim¬
timmung, einer allgemeinen Lebenssituation.
mungsvoller Charakterschöpfung für sich.
er aus der Grundstimmung der dramatischen
Von allem andern laßt mich schweigen. Schauspieler
e Einzelbeispiele losgelöst. um desto sicherer#agierten#mie in einer treinden oder allzu verttautengund 1
box 29/2
a
huld war, lasse ich dahingestellt. Es genügt
und bestimmter die Charaktere Hofreiters und Genias zu um= darum trivialen Welt. Ich wage keinem einzigen einen
mende Tatsache konstatiert zu haben, und ich
reißen. Infolgedessen haftet diesen etwas Lehrhaftes, etwas
m Dichter selbst, diesem liebenswerten, klugen,
Vorwurf zu machen. Aber um so leidenschaftlicher klage
zuviel Absicht an. Das weite Land, das menschliche Seele
Seelenfinder meine Reverenz zu erweisen.
ich einen Theaterleiter an, der eine solche Vorstellung
heißt, erscheint künstlich ausgeweitet.
hat die Kunde von der modernen Seele auf
zum unzulänglichen Ereignis, werden ließ.
H. S.
Mit dieser Seele aber hat es noch eine besondere
ie, besondere Weise bereichert. Es ist Sitte ge¬
Bewandtnis. Schnitzler nennt sie natürlich nur ironisch
genart seiner Kunst aus seinem ärztlichen Beruf
In der Beeihoven=Matinee, die als leßte dieses
ein weites Land. (Denn dieser Vergleich, der von einem
Diese Sitte der Feuilletonisten ist mehr bequem
Spieljahres Sonntag, den 19. d. Mts. stattfindet, sind
Dichter stammen soll, ist eher, wie es im Drama heißt,
Denn Schnitzler hält sich nirgends an das
beschäftigt: Jane Freund und die Herren F. Lederer, H.
einem Hoteldirektor zuzutrauen.) Aber er benutzte die Weit¬
Phänomen, nirgends an die Körperlichkeit der
Schuster, K. Müller, Fr. Taussig, Hans Godeck sowie
des Seelenlandes doch dazu, um in ihr ein paar Launen
er ist niemals Naturalist gewesen. Vielmehr
das Orchester und der Singchor des Hoftheaters. Die künst¬
des Schicksals verschwinden zu lassen, die im Drama stark
ts die Grundstimmung einer Welt oder eines
lerische Leitung hat bekanntlich Herbert Eulenberg.
theatralisch wirken. Vor allem ist die Erschießung Otto
ßt erst daraus die Umrisse einer Gestalt und
In Alexander v. Zemlinskys Märchenoper Es
von Aigners eine Laune des Dichters und seiner Gestalt.=
war einmal“, die Sonntag, den 19. d. Mts. ihre Erst¬
wachsen. Er ist eine Ausnahme weiter Kom¬
Derlei paßt gewiß in ein „weites Land“, aber es steht
erschauer verschwimmender Perspektiven, einer
aufführung erlebt, sind beschäftigt: Else Tuschkau, Ingeborg
fremd und unorganisch im Seelenleben Hofreiters. Und
Liheblad und die Herren Jung, Kromer, Marx, Bartling
en, die mit dem Tastsinn der Seele begabt sind.
auch das Schicksal seiner Freunde, des einen, der an seiner
Nieratzky, Voisin und Landory. Regie: Eugen Gebrath.
weiche, zarte Stimmung, durchsichtig und ver¬
Seite im Gebirge sich zu Tode fiel, und auch des andern,
Dirigent: Artur Bodanzky. Der Komponist trifft morgen
hwie ein Schleier, über seinen Werken. Aber
jenes Pianisten, der um Genias willen starb,
hier ein und wird der Generalprobe, wie der Premiere
Zusammenprall und glutigste Theatralik sind
auch
beiwohnen.
dieses Schicksal ist mit spielerischer Laune erfunden und
d. Schnitzler ist bei aller Zartheit seiner Mittel
zu absichtsvoll zur künstlichen Ausweitung der Seelen¬
niemals ein Verweichlicher und Verwässerer.
perspektive benutzt.
inen Dichterträumen wandeln Anatoi und
Wie aber drängt diese Dichtung gleicherweise zum
er scheut auch nicht vor den unbequemen Wirk¬
Seelischen und Theatralischen, zur äußeren Form und zur
Geschlechts= „Reigens“ und vor den brutalen
inneren Gehaltenheit! Es ist eine Lust, den Finessen des
enaissance (in dem wundervollen „Schleier der
Dialogs zu folgen, und zugleich eine tiefe ästhetische Genug¬
tuung zu erkennen, wie fest aus diesen Bausteinen das Ge¬
Tragikomödie „Das weite Land“ ist Anatol,
samtgebäude des Dramas sich fügt.
ihrer ewigen Variation liebt, älter geworden
Von alledem merkte man der gestrigen Aufführung
Hofreiter liebt seine Frau und der Reihe
wenig oder gar nichts an. Ueber alle anderen ragte Frau
ere Frauen, jetzt gerade die abenteuerlustige
Hummel als Genia empor. Sie war von sieghafter In¬
enia seine Frau, weiß von allem und ist ihm
nerlichkeit. Diese Darstellerin hat etwas Gothisches in
Ein Pianist, dem sie sich versagte, hat sich um
sich, eine Differenziertheit des Gefühls, die doch immer
hossen. Nun aber naht sich ihr Otto von
wieder in rührender Schlichtheit endigte. Neben ihr wirkte
nger, stiller Mensch, und wie ihr Gatte die
Herr Koch als Hofreiter ziemlich plump. Er war nicht
gierig an sich reißt, läßt sie sich selbst von
frei, souverän und liebenswürdig genug. Trotzdem war er
ten Jugend Ottos verführen. Hofreiter erfährt
von einer unwandelbaren Echtheit der Gefühle und Töne
Otto von Aigner im Duell. Seine Frau aber
und von einer (manchmal zu wenig gelösten) Gediegenheit
n ihm. Dies Gerippe, das einer Troubadour¬
schauspielerischer Mittel. Im letzten Akt war sein Spiel
hören scheint, trägt in Schnitzlers Drama ein
ebenso diskret wie beredt. Herr Rotmund spielte den
emaltes modernes Kulturbild. Die Handlung
jungen Otto viel zu sehr aufs Ungefähre und Typische hin.
viele Episoden, die aber immer Exponenten
Dieser junge Mensch ist aber eine Charakterfigur im besten
ung sind. Ein verhaltener Strom lebendiger
Sinne des Wortes. Gänzlich versagte Frl. Fein als Erna.
von Seele zu Seele und ist bald von komi¬
Sie spielte dieses junge Mädchen als virtuose Dame, war
tragischen Lichtern überfärbt. Die Charak¬
aber auch in dieser Verstiegenheit ganz gefühllos und
ofreiters als auch Genias wird aus all diesen
leer. Sehr echt und diskret war Frl. Wittels als Mut¬
, wie ein stiller Weiher aus vielen unruhigen
ter Otto von Aigners, sehr delikat Frl. Blankenfeld
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Primäre und das Individuum erst das
Kolmar. Diese Gestalt war ein kleines Kunstwerk stim¬
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mungsvoller Charakterschöpfung für sich.
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Von allem andern laßt mich schweigen. Schauspieler
e Einzelbeispiele losgelöst. um desto sicherer#agierten#mie in einer treinden oder allzu verttautengund 1