II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 603

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24. Das ese eseeite AeA A AAR
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unserei
nannten Gebildeten“ die „Stützen der
Gesellschaft“, hausen und sich in all der
offenen und verborgenen Herrlichkeit
Das
ihrer Seele manifestieren
weite Land, in das der Dichter mit me¬
hinein¬
Spott
lancholisch=bitterem
schaut, ist die Seele. Ein Chaos sieht
er in dem die schneidendsten Gegen¬
sätze dicht beisammen hocken: Liebe u.
Haß, Sehnsucht und Zynismus, Treue
und Verrat. Schnitzler erbringt den
Beweis, daß es mit der Moral der mo¬
dernen gebildeten Gesellschaftsklasse
nicht so weit her ist. Aeußerlich wird
(diese Moral zum Scheine gewahrt, aber
in Wirklichkeit wird alles was morali¬
schen Wert hat und echt ist, in der Seele
niedergetreten und verwüstet. Dem Dich¬
ter gelingt es zum Erstaunen, den Men¬
schen, die er auf seiner Bühne versam¬
melt, die Larve vom Gesicht, und
Schleier nach Schleier von der Seele zu
nehmen, bis sie hüllenlos dastehen, mit
nichts bekleidet als der Kultur ihrer
äußeren Formen, ihrer tadellosen Wohl
anständigkeit und Gesellschaftsdressur.
Das Stück ist kein Publikums=Erzeug
nis. Es geht seinen Weg in das Innere“
der Menschen, breitet die Fülle seiner
Erkenntnisse, seiner feinziselierten
Worte in allzu breit dahinfließendem
Strome aus.
Nur im dritten Akte
biegt es bewußt in populäres Fahr¬
wasser, um hier freilich stark aus der
Sphäre Schnitzlers in die grobkörniger
Lustspielfabrikanten zu geraten. Der
vierte Akt ist dann wieder ganz
Schnitzlers Heimat. In diesem Akts
formt er kann ein Musterbeispiel still¬
ster und dabei dramatischster Ent¬
ladung. Für die breite Masse des The¬
aterpublikums, wird das „weite Land“
wohl nie ein Zugstück werden, da es
mehr auf philosophischer Basis aufge¬
baut ist; aber ein Genuß ist es für
Feinschmecker der Technik und eine
Freude für alle, denen die seelische De¬
kadenz unserer Zeit kein Deklamations¬
thema ist. Die Aufführung des Stük
kes machte der Regie des Herrn Pam¬
mer alle Ehre. Sie war neben dem
flotten Zusammenspiele auch ein Ge¬
schenk geschmack= und stimmungsvoller
Bühnenillusion. Das Beste in den
Einzelleistungen bot Herr Metten, der
aus dem äußerlich so verführeristhen,
seelisch so ungeheuerlich „weit“ veran¬
lagten Hofreiter eine geradezu glänz
zende Menschenstudie formte. Nicht so
Frl. Martella. Sie fand für die ge
folterte Gattin nur mittelgute Linien
Der Benefiziant, der leider nur eine mi
nimale Rolle hatte, gab dem jungen
Liebhaber und schmucken Marinefähn
rich überzeugende Töne und natürliche
Gradheit. Warum sich Herr Serbu
set, der mit den obligaten Lorbeer
und Blumenspenden geehrt wurde, keine
größere Rolle gewählt hat, um zu glän
zen, ist unbegreiflich. In kleineren Rol
len gefielen die Damen Schratten¬
bach, Schuller und Lupetina, so
wie die Herren Dittmer, Lechner,
Lerse und Fischer. Das Haus war
total ausverkauft, was für die Be¬
liebtheit des Benefizianten wohl deut
lich sprach.