II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 628

24. Das veite Land
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Ausschnitt aus: Graser Tagblatt, Gras
vom: 170N. 1975
Abendblatt


I Winzel Tugstan

Tonasaapiie. Sete
Einzelmenschen zeichnet. Auch Grete Imle als
Theater und Kunst.
Handeln Naturnotwendigkeit ist, und hiemit war
Genia stand nicht an ihrem Platz. Auch ihrer
ihnen die Bühnenwirkung genommen.
Wiedergabe dieser komplizierten Frauennatur
Schauspielhaus.
Der teilweise Erfolg des Abends lag in den
merkte man viel liebe= und verständnisvolle
„Das weite Land.“ Tragikomödte in fünf
fast durchwegs sehr günstig besetzten Nebenrollen.
Arbeit an, und manche Einzelheit trat in voller,
Akten von Artur SchnitzlerExsgufführung
In erster Reihe ist Ferdinand Maierhofers
ungetrübter Schönheit hervor; aber sie ist die ge¬
an 16. Jusi 1915.
Natter zu nennen, eine geradewegs aus dem Leben
borene Naiv=Sentimentale und infolgedessen keine
auf die Bühne gestellte urechte Charakterfigur.
Es gibt gewisse Komödien, deren günstiges
Genia, sie muß, gleich Annalise Wagner, streng in
Ebenso war die Anna Meinhold=Aigner durch
Geschick mit einem einzigen Namen steht und
ihrem Fach bleiben und vor allem solche Rollen
Else Godeck wundervoll gezeichnet; Fritz Gro߬
fällt. Für das „Weite Land“ war, wie auch Harry
wählen, die keine großen Gefühlsausbrüche er¬
mann (Dr. v. Aigner), Hans Kainz (Otto
Waldens Versuch bekräftigt hat, Artur Korff dieser
fordern; sie war als Lenchen im „Glück im Winkel“
v. Aigner), Kurt Labatt (Paul Kreindl), Hans
einzige. Es kann eben bloß einen Friedrich
vorbildlich, sie wird es wieder als Klärchen in
v. Pindo (Albertus Rhon), Flora v. Schweick¬
Hofreiter geben, jedes auch nur um ein Geringes
„Sodoms Ende“ sein, und alle Verwandten dieser
hardt (Frau Wahl) und Anna Schrötter
abweichende, vom Darsteller dem eigenen Ich ein¬
beiden Mädchengestalten vom Hannele bis zu der (Adele Natter) lieferten mit den wenigen ihnen
geräumte Zugeständnis verwirrt nicht bloß die
Ottegebe im „Armen Heinrich“ und der Hedwig zur Verfügung stehenden Strichen vortreffliche
wueberbar fein gezogenen Linien dieses Urwiener
in der „Wildente“ sind ihr Reich, das sie nicht ohne Typen und Oskar Veraun holte aus der un¬
L=Charakters, sondern auch jene der übrigen Per¬
Not verlassen soll. Die dritte Hauptrolle lag indankbaren Rolle des Dr. Mauer heraus, was sie
sonen, die handelnd oder leidend mehr oder weniger
Mizi Schürmann=Kovacs' Händen. Wäh¬
eben zu geben hat. Dabei trug der ganze von
in seinem Banne stehen. In der prächtigen Er¬
rend die beiden genannten Darsteller vor Auf¬
Max Brückner geleitete Abend den Stempel
position des ersten Aufzuges trat dies gestern noch
gaben gestellt erschienen, die ihrer Wesenheit fremd
sorgsamer Vorbereitung, und wie dankbar das
nicht so sinnfällig zutage, er war von allen Mit¬
sind, könnte sie eine sehr gute Erna sein, aber sie
Publikum für die seit Jahren erwartete Auf¬
wirkenden so vortrefflich und einheitlich gespielt,
hatte sich anscheinend noch nicht genügend in die
führung dieses Werkes war, zeigte der Umstand,
daß man fast auf etwas Neues, überraschendes
Gestalt eingelebt und ließ diese daher ebenfalls in
daß schon am Vormittag sämliche Sitzplätze ihre
gefaßt sein durfte, auf irgend einen Fund, den
vielen wichtigen Zügen unklar. Bei keinem dieser Abnehmer gefunden hatten.
bisher weder der Autor selbst noch einer seiner
drei Menschen hatte man die Empfindung, daß ihr
E. R. v. Dombrowssi.
Beurteiler in dem Werke gemacht hat. Aber diese
verheißende Note verrann in den folgenden drei
Akten immer mehr. Das Spiel wurde in seiner
Eintönigkeit ermüdend und das Geschehene immer
unnatürlicher; ja auch dem letzten Teile blieb das
Aufleben des in ihm ruhenden großen dramatischen
Schwunges versagt, so daß die andächtig zusam¬
mengeströmte Zuhörerschar immer zager wurde
und schließlich kopfschüttelnd aus dem allzuweiten
Land heimging, in dem sie nicht heimisch zu
werden vermochte. In Max Brückner war wohle
G
ein ausgezeichneter Schauspieler an der Arbeit, #
aber nicht ein alter ego Friedrich Hofreiters,2
und nur ein solcher richtiger Doppelgänger ver¬
mag Züge glaubhaft zu machen, wie z. B. jenen
im ersten Akt, wo es dieser Wiener Don Juan
einerseits als Erlösung empfindet, daß seine Frau
dem russischen Musiker nicht zum Opfer siel, wo
aber andererseits ihre Tugend fast kränkend und
aufreizend auf ihn einwirkt und eine trennende#
Scheidewand zwischen ihm und ihr errichtet. Schon
da wurde das bei Korff Selbstverständliche zu et¬
was Unwahrscheinlichem oder doch schwer Dent¬
barem. Das „Weite Land“ hat sehr viel von den
späteren Werken Ibsens an sich, für die Brückner
ein vorzüglicher Darsteller wäre; aber es ist doch
von einem Wiener Dichter geschrieben. Da liegt der
Unterschied und für Brückner die Grenze, noch
wesentlich verschärft dadurch, daß Schnitzler nicht
gleich seinem nordischen Vorläufer stets einen,
wenn auch nordisch gefärbten, so doch allgemein
menschlichen Typus, sondern einen ganz boden¬
ständigen, i. einen fremden Grund verpflanzbaren!g
neamnennrreh.