II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 629

24. Das veite Land
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Ausschnitt aus: Grazer Tagespost
18 JUMa-ISShiermark
vom:

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Cheater und Musik.
Schauspielhaus.
„Das weite Land“, Tragikomödie von A#tac###
Das viel besprochene und viel angekündigte neue
Stück von Schnitzler fand am Mittwoch bei aus¬
verkauftem Hause statt, keineswegs aber mit dem großen
Erfolge, den man hätte erwarten sollen. Schon der
Titel ist unklar und vieldeutig. „Die Seele“, sagt Dr.
Aigner im dritten Akte, „ist ein weites Land, wie
ein Dichter es einmal ausbrückte.“ Damit meint er
wohl nur die weite Welt der menschlichen Seelen¬
regungen mit ihren mannigfaltigen, bewußten und un¬
bewußten, hohen und niederen, freudig jauchzenden und
wieder zu Tode betrübten Empfindungen, die das Tun
und Handeln der Menschen bestimmen. Aber Schnitzler
schwenkt doch die Weite dieser Welt seiner Veranlagung
und seinen dichterischen Instinkten nach unbewußt ledig¬
lich auf das grotische Gebiet ein. Ich sage un¬
bewußt, denn ich las itgendwo eine Außerung von
ihm wiedergegeben, daß er es reichlich satt habe, sich
immer den Dichter des „süßen Mädels“ nennen zu
hören, und daß doch einige Zweifel daran erlaubt seien,
ob das Erotische sein stärkstes und gar sein einziges
Thema sei. Er hat allerbings später den „Schleier
der Beatriee“, „Den jungen Medardus“ geschrieben, aber
sein junger Ruhm ist doch zunächst aulf den „Anatol“ Und
die „Liebelei“ begründet. Und auch das „weite Land“,
das er auf die Bretter bringt, ist doch im Grunde
nur ein großer Liebesnet als ob die weite Gottes¬
welt keinen anderen Zweck hätte. Alles liebt und
flirtet, auf dem Tennisplatz des Kurgartens, ver¬
stohlene Küsse tauscht man in der schweigenden Berg¬
welt der Dolomiten, man begehl Ehebrüche wie in der
Villa zu Baden, so auch im Hotel am Karersee, man
ertappt sich bei galanten Abenteuern und schießt sich
aus Eifersucht und gekränkter Gattenliebe im Duelk
tot = überall klingt der Refrain aus Anatol „Mein
Lebensluuf ist Lieb und Lust“ durch und es scheint,
als ob es im Leben der Frau keine Stunden gebe,
die anders, als durch Liebe und Flikt ausgefüllt wer¬
den können. Aber, weil der Dichter das Land der
Liebe als ein weites, unabsehbares und an Widersprüchen
mit Süße und Bitterkeit gefülltes ansteht, so war es
ihm möglich, so manches, was mit den Empfindungen
der Alltagswelt und mit philiströsen Anschäuungen
psychologisch unvereinbar erscheint, bei seinen handelnden
Personen glaubwürdig zu machen und zu rechtfertigen.
So wenn der Glühstrümpffabrikant und Posenmann
Hofreiter, eine Art Anatol mit ergräüten Haaren, dem
die Frauen und Mädchen zufliegen und der zugleich
ein trefflicher Tennisspieler und güter Pistolenschütze
ist, seiner Fräu Geniä fast einen Vorwurf baraus macht,
daß sie dem Pianisten Korsakotb, der sich aus un¬
glücklicher Liebe zu ihr erschössen hat, kein Gehör ge¬
schenkt häbe, und doch dannt, als diese später einen
jungen Märinefähnrich in ihr Schlafzimmer nimmt,
diesen im Duell erschießt, und dann ploßlich am Schlusse
des Stückes sich für die Liebe zu alt erklärt. Die
junge Erna, seine neueste Eroberung im Karer=Hotel,
die sein Leben mit ihm teilen will, zurückweist und
plötzlich seine Liebe zu dem Kinde Perey, das er jahre¬
lang außer dem Hause erziehen ließ, entdeckt, und
niemanden mehr auf der Welt angehören will. So
diese Erna selbst, die lieber Hofreiters Maitresse werden
will, als der stillen Werbung des wackeren Dr. Meyer
Gehör zu schenken, dann das ganz unvermittelt auf¬
tauchende und überraschende Verhältnis der stillen,
sinnigen Genia, die ihrem Gatten trotz seiner Seiten¬
sprünge bisher so rfel die Treue gehalten hat. All
das findet im Sinne des Dichters im weiten, un¬
ermeßlichen Lande der 'menschlichen Liebesempfindungen
Erklärung und Bescheinigung. Was die Handlung an¬
belangt, so ist sie etwas schwerfällig und abgestückelt;
es ist dem Dichter nicht gelungen, die Menge der
sich nebeneinander abwickelnden Nebenhand