24. Das veite Land
12.37.1017
Egerer Zeitung
* Stadttheater Heur Höbling als Hofreies
er's „weitem Land“ hielt, was seine
#Leistung angedeutet und versprochen hatte.
war eine Gestalt aus einem Guß, an der man
Find helle Freude haben konnte. Nur daß diesmal
leider unser einheimisches Ensemöle mit dem Gaste
nicht Schritt zu halten vermochte. „Das weite Land“
ein tiefflaniges, psychologisches Stück, braucht selbst
in seinen kleinsten Rollen eine durchwegs erftklassige
esetzung und es ist nur zu beklagen, daß eine kleine
mmerbühne eine solche nicht zu stellen vermag.
es wäre Manches besser gewesen, wenn nicht!
dezu eine unverständliche Fehlbesetzung stattge¬
den hätte. Die erste Partnerin des Gastes Fräu¬
n Deeren kam ihm noch am nächsten. Ihre
Leistung kann als durchwegs gut zensuriert werden
und hätte sie einige Affektionen vermieden, könnte ?
man sich selbst ein „Sehrgut“ leisten. Gänzlich ver¬
sagte jedoch die zweite Partnerin, Frau Roland.
Das soll nicht ihr aufs Kerbholz geschrieben,
sondern jinem Faktor, der die Besetzung vornahm,
angerechnet werden. Man fördert nicht eine Künst¬
lerin, wenn man sie auf einen Posien stellt, der #
ihrem ganzen Wesen so gar nicht entspricht. Wie
verkennen nicht, daß sich die junge Dame alle Mühe
gegeben hat und es tat uns nur leid, um den
unnützen Aufwand, der in einer anderen Rolle der
Frau Roland sicherlich einen schönen Erfolg hätte brin¬
gen können. Ebenso war es ein Mißgriff, die Frau
Wahl demFil Falkenstein anzuveitrauen. Diese
Rolle dauf von der Künstlerin nicht selbst schon humori¬
stisch gegeben werden, sie ift vollkommen ernst zu nehmen,
wie ja tatsächlich diese angenehme Spezies unter
unseren Mumenschen sehr zahlreich vertreten ist. Je
einsten gerade diese Rolle aufgefaßt und dargestellt
wird, umso mehr wirkt sie auf den Zuschauer als
eine Persiflage. Auch Frl. Burkhardt war ihrer
Aufgabe keineswigs gewachsen. Die durchgeistigte,
lebenssatte Schauspielerin hätte einer anderen Inter¬
pretin bedurft, Besser war die Rollenverteilung bei
den Heiren, unter denen besonders die Heuren
Bowacz, Rolden, Raul und Hübner recht
sche Leistungen brachten.
—11
box 29/3
Reichenberger deutsche Volkszeitung
Reichenberg, Böhmen
Reichenberger Stadttheater.
4. August 1917.
1. Gastspiel Arnold Korff.
Von all den Cästen, welche unseie Theater¬
leitung bisher zu verpflichten wußte, muß Herr
Arnolo Korff als die gewinnendste und pak¬
tendste Erscheinung gebucht werden. Nicht etwa,
weil er von der Burg kommt, sich dort und in
aller Welt eine, höchst. Achtung gebielende Stel¬
lung selbst unter den Rangältestn und den
Jugendlich=Begabten errungen hat, nicht weil er
Routine und alle anderen Eigenschaften in reich¬
stem Maße besitzt, die ihm das Burgthealerdiplom
und eine Reihe von Orden und höchsten Aus¬
zeichnungen eingetragen haben (derlei Ehrungen
werden ja schließlich, jedem zuteil, wenn er die
nötige Geduld, Beliebtheit und Protektion be¬
sitzt), sondern wull er mit zu jenen (Wenigen gehört,
denen die Kunst nicht so sehr Broterwerb, svielmehr
Bedürfnis ist, wirtliche Menjchen auf die
Bühne zu stell, Menschen mit all ihren Vor¬
zügen und Schwächen, ihren Launen und Citel¬
leiten, ihren Halbheiten und Verrücktheiten, wie
man sie im Lehen wirklich vorfindet, nun sdaß sie
nicht den Mut haben, Farbe zu belennen und
lieber als Sonderlinge das Läch ln oder Mit¬
leid der Menge erregen, als offen zu bekennen:
So bin ich einmal und nicht anders, so müßt
ihr mich nehmen, zum Herdenmenschen kann ich
nicht herabsinken. Herr Korff ist in der Welt
weit herumgekommen, er hat. Menschenkenntnis ge¬
sammelt, ihm sind sie alle begegnet: Die Nietz¬
scheuner und Belenner Schopenhauers, die Kohlen¬
und andere Barone, die Snobs, Hochstapter und
Börsenjuden, die Rralistn mittihren scheinheiigen
Gesichtern und Idealisten von reinster Tenrungs¬
arr“ was Wunder, daß es ihm bei solch genialer
Begabung nicht schwer fällt, aus dem Vollen zu
schopfen und allen Intentjonen des Tichters ge¬
recht zu werden. Und gerade Schnitzter braucht
so selzstlose, begabte Künstler, die in der Tiese
schürfen, den Vorgängen auf der Bühn mensch¬
liches Lebem einhauchen, die sich der schweren
Arbeit unterziehen, der psychologischen Entwick¬
lung des Dramas nachzugehen, persönlichn Ehr¬
geiz hintanhalten und reines Men,chenium zur
Darstellung bringen. Den Friedrich, Hofreiter
wird Herrn Korff nicht gleich ein Zweiter nach¬
spielen; so vollendete Kunst, bar aller Mätzchen
und Effelthascherei, muß auch dem elendsten Mach¬
werk der Pocterei zu vollem Erfolg verhelsen,
geschweige denn gar, wenn Schuütler zu unsspricht.
„Das weite Land“ ist bei der ersten AAufführung
in Wen verschieden beurteilt worden; das darf
einen nicht Wunder nehmen, denn das Studium
der Kritiken in den einzelnen Wiener Blät ern
über die Erstaufführungen ist an und jür sich
eine Komödie der Komödien. Der eine schimpft,
der andere lobt, der glüht vor Begeisterung, der
andere wiederum pfaucht und schnaubt — es ist
zum toll werden. Für viele Referenten ist eben
das Glaubensbekenntnis des Autors u. Chefredak¬
ters moch immer das Maßgebenoste, das Können
kommt erst in zweiter Linie in Berracht.“ Man
braucht kein Menschenkenner ersten Ranges zu
sein; aber die Typen, in Schnitzlers fünfattiger
Traagiromödie, kommen sic im(Leben nicht wirtlich
vor? Der Zabxikant Hofreiter und seine Frau
Genia, die Schauspielerin Aigner und ihr Sohn
Otto, Dr. Mauer und Schriststeller Rhon, Banüer
Nutter, Erna Wahl und wie sie sonst alle heißen?
Und die Fabel der Handlung, wiederholt sie
sich auf unserem weiten Erdenball nicht hunterr
und hundert Mal? „Die Seels „.. ist sein weites
Land, Wie ein Tichter es einmal ausdrückte.“
Herr Korff wurde auf das herzlichste ge¬
ert
12.37.1017
Egerer Zeitung
* Stadttheater Heur Höbling als Hofreies
er's „weitem Land“ hielt, was seine
#Leistung angedeutet und versprochen hatte.
war eine Gestalt aus einem Guß, an der man
Find helle Freude haben konnte. Nur daß diesmal
leider unser einheimisches Ensemöle mit dem Gaste
nicht Schritt zu halten vermochte. „Das weite Land“
ein tiefflaniges, psychologisches Stück, braucht selbst
in seinen kleinsten Rollen eine durchwegs erftklassige
esetzung und es ist nur zu beklagen, daß eine kleine
mmerbühne eine solche nicht zu stellen vermag.
es wäre Manches besser gewesen, wenn nicht!
dezu eine unverständliche Fehlbesetzung stattge¬
den hätte. Die erste Partnerin des Gastes Fräu¬
n Deeren kam ihm noch am nächsten. Ihre
Leistung kann als durchwegs gut zensuriert werden
und hätte sie einige Affektionen vermieden, könnte ?
man sich selbst ein „Sehrgut“ leisten. Gänzlich ver¬
sagte jedoch die zweite Partnerin, Frau Roland.
Das soll nicht ihr aufs Kerbholz geschrieben,
sondern jinem Faktor, der die Besetzung vornahm,
angerechnet werden. Man fördert nicht eine Künst¬
lerin, wenn man sie auf einen Posien stellt, der #
ihrem ganzen Wesen so gar nicht entspricht. Wie
verkennen nicht, daß sich die junge Dame alle Mühe
gegeben hat und es tat uns nur leid, um den
unnützen Aufwand, der in einer anderen Rolle der
Frau Roland sicherlich einen schönen Erfolg hätte brin¬
gen können. Ebenso war es ein Mißgriff, die Frau
Wahl demFil Falkenstein anzuveitrauen. Diese
Rolle dauf von der Künstlerin nicht selbst schon humori¬
stisch gegeben werden, sie ift vollkommen ernst zu nehmen,
wie ja tatsächlich diese angenehme Spezies unter
unseren Mumenschen sehr zahlreich vertreten ist. Je
einsten gerade diese Rolle aufgefaßt und dargestellt
wird, umso mehr wirkt sie auf den Zuschauer als
eine Persiflage. Auch Frl. Burkhardt war ihrer
Aufgabe keineswigs gewachsen. Die durchgeistigte,
lebenssatte Schauspielerin hätte einer anderen Inter¬
pretin bedurft, Besser war die Rollenverteilung bei
den Heiren, unter denen besonders die Heuren
Bowacz, Rolden, Raul und Hübner recht
sche Leistungen brachten.
—11
box 29/3
Reichenberger deutsche Volkszeitung
Reichenberg, Böhmen
Reichenberger Stadttheater.
4. August 1917.
1. Gastspiel Arnold Korff.
Von all den Cästen, welche unseie Theater¬
leitung bisher zu verpflichten wußte, muß Herr
Arnolo Korff als die gewinnendste und pak¬
tendste Erscheinung gebucht werden. Nicht etwa,
weil er von der Burg kommt, sich dort und in
aller Welt eine, höchst. Achtung gebielende Stel¬
lung selbst unter den Rangältestn und den
Jugendlich=Begabten errungen hat, nicht weil er
Routine und alle anderen Eigenschaften in reich¬
stem Maße besitzt, die ihm das Burgthealerdiplom
und eine Reihe von Orden und höchsten Aus¬
zeichnungen eingetragen haben (derlei Ehrungen
werden ja schließlich, jedem zuteil, wenn er die
nötige Geduld, Beliebtheit und Protektion be¬
sitzt), sondern wull er mit zu jenen (Wenigen gehört,
denen die Kunst nicht so sehr Broterwerb, svielmehr
Bedürfnis ist, wirtliche Menjchen auf die
Bühne zu stell, Menschen mit all ihren Vor¬
zügen und Schwächen, ihren Launen und Citel¬
leiten, ihren Halbheiten und Verrücktheiten, wie
man sie im Lehen wirklich vorfindet, nun sdaß sie
nicht den Mut haben, Farbe zu belennen und
lieber als Sonderlinge das Läch ln oder Mit¬
leid der Menge erregen, als offen zu bekennen:
So bin ich einmal und nicht anders, so müßt
ihr mich nehmen, zum Herdenmenschen kann ich
nicht herabsinken. Herr Korff ist in der Welt
weit herumgekommen, er hat. Menschenkenntnis ge¬
sammelt, ihm sind sie alle begegnet: Die Nietz¬
scheuner und Belenner Schopenhauers, die Kohlen¬
und andere Barone, die Snobs, Hochstapter und
Börsenjuden, die Rralistn mittihren scheinheiigen
Gesichtern und Idealisten von reinster Tenrungs¬
arr“ was Wunder, daß es ihm bei solch genialer
Begabung nicht schwer fällt, aus dem Vollen zu
schopfen und allen Intentjonen des Tichters ge¬
recht zu werden. Und gerade Schnitzter braucht
so selzstlose, begabte Künstler, die in der Tiese
schürfen, den Vorgängen auf der Bühn mensch¬
liches Lebem einhauchen, die sich der schweren
Arbeit unterziehen, der psychologischen Entwick¬
lung des Dramas nachzugehen, persönlichn Ehr¬
geiz hintanhalten und reines Men,chenium zur
Darstellung bringen. Den Friedrich, Hofreiter
wird Herrn Korff nicht gleich ein Zweiter nach¬
spielen; so vollendete Kunst, bar aller Mätzchen
und Effelthascherei, muß auch dem elendsten Mach¬
werk der Pocterei zu vollem Erfolg verhelsen,
geschweige denn gar, wenn Schuütler zu unsspricht.
„Das weite Land“ ist bei der ersten AAufführung
in Wen verschieden beurteilt worden; das darf
einen nicht Wunder nehmen, denn das Studium
der Kritiken in den einzelnen Wiener Blät ern
über die Erstaufführungen ist an und jür sich
eine Komödie der Komödien. Der eine schimpft,
der andere lobt, der glüht vor Begeisterung, der
andere wiederum pfaucht und schnaubt — es ist
zum toll werden. Für viele Referenten ist eben
das Glaubensbekenntnis des Autors u. Chefredak¬
ters moch immer das Maßgebenoste, das Können
kommt erst in zweiter Linie in Berracht.“ Man
braucht kein Menschenkenner ersten Ranges zu
sein; aber die Typen, in Schnitzlers fünfattiger
Traagiromödie, kommen sic im(Leben nicht wirtlich
vor? Der Zabxikant Hofreiter und seine Frau
Genia, die Schauspielerin Aigner und ihr Sohn
Otto, Dr. Mauer und Schriststeller Rhon, Banüer
Nutter, Erna Wahl und wie sie sonst alle heißen?
Und die Fabel der Handlung, wiederholt sie
sich auf unserem weiten Erdenball nicht hunterr
und hundert Mal? „Die Seels „.. ist sein weites
Land, Wie ein Tichter es einmal ausdrückte.“
Herr Korff wurde auf das herzlichste ge¬
ert