II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 645

24. Das veite Land
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19 Msl 19.0
Ma Türtinar Zaftane



gsn
Feuilleton.
oder eine halbe? Ist der Brirf ein absoluter bei Aeußerlichkeiten beginnen, wie sich der Gesell¬
Beweis für ihre Tugend? War doch mehr als schaftsmensch gibt; man glaubt z. B. diesem Hof¬ b
Flirt im Spiel? Warum zeigt sie dem Gatten den reiter die Meisterschaft im Tennisspiel, er ist, so¬
Theatek.
Brief, da ihr doch sein Verdacht gleichgültig sein
bald er im Tennisanzug dasteht, auch innerlich
Pfauentheater: „Das wecte Land“ von
könnte, wenn sie ihn nicht liebt. Was soll der
anders angezogen, sportlich in der Seele. Be¬
Arthur Schnitler (17Wai).
Mann denken, für den ein Akt der Untreue viel
herrscht, wenn die Säulen der Gesellschaft um
faßlicher als dieser Tugendbeweis ist, der ihn
# u die Sekeist ein weites Land: Gleichviel,
ihn sind, nervös gereizt, wenn er mit seiner Frau
seiner Frau noch mehr entfremdet, um so mehr, als
ob dies Wort von einem Dichter oder einem Hotel¬
allein ist, rücksichtslos in jener bösartigsten Form,
er den Tod eines Menschen kostete. So sehr ist alles
dipektor stammt, es wird wahr in Schnitzlers hier
die sich des verbindlichsten Tones der Welt be¬
ins Fragliche gehoben, daß der Dichter allen Fra¬
„on guten Aufführungen her bekannten Tragi¬
dient, weltmännischer Beherrscher aller Situatio¬
gern erwidern müßte: Weiß ich, was zwischen
komödie. Der Dichter räsonniert etwa folgender¬
nen, kann er ruhig, die Zigarre im Mundwinkel, p
Genia und Korsakow geschah? Ja, sie liebt ihren
maßen: Sehen Sie sich diese Ehe des Fabrikanten
über die gefährlichsten Dinge reden, ohne mit
Hofreiter mit seiner schönen Frau Genia an! Die
Mann, ihre Untreue, ihre Liebe zu dem Fähnrich
einem Worte zu straucheln. So ist erstaunlich,
ist Protest, und wenn der Fabrikant zwischendurch
Ehe ist unglücklich zur Evidenz! Die Frau weiß,
wie Herr Korff als Hofreiter zu jeder Person
wohin der Mann seine Liebe abressiert, und er
glaubt, Erna zu lieben, so ist diese Liebe selbst sich einstellt. Man beachte, wie er mit dem Hotel¬
wieder ein Irrtum, denn wenn er die eigene Frau
leugnet nicht einmal; und der Mann hört aus
portier noch eine Nuance mundartlicher spricht,
nicht geliebt hätte, würde er den Fähnrich nicht
dem Munde seiner Frau wiederum, daß Alexei
wie er in der großen Auseinandersetzung mit
zum todernsten Duell gefordert haben! Schnitzlers!
Korsakow, der sich das Leben nahm, leider nicht
seiner Frau jene nervöse Ueberreizung nicht mehr
Stück braucht zweiundzwanzig (dennoch oft mit
ihr Geliebter war. Und um ganz klar zu sehen,
verbergen kann, längst bevor er selber sagt, er
wenig Worten belebte) Personen und andere
präsentiert sie dem Gatten einen Abschiedsbrief
sei nervös; oder wie er ohne Pathos den Fähn¬
Dinge, sogar den Gong, um die seelische Aus¬
Korsakows, aus dem hervorgeht, daß sie ihren
rich forderi.
sprache der beiden bald zu verhindern, bald zu
Mann nicht verlassen wollte, obwohl sie ihn nicht
Diese innere Ueberlegenheit Hofreiters kurz
prolongieren. Des Gefühles wird man nicht ledig,
liebt. Und doch mit einemmal ist die seelische Ver¬
vor seinem Zusammenbruch gibt starke dramatische
daß ohne Tennisspiel und ohne den Redeschaum
wirrung geschaffen: Kein Mensch kennt sich im
Alzente, bewunderungswürdig bleibt, wie das
in der Hotelhalle dieser prädestinierte Dreiakter
andern Menschen aus, weil kein Mensch in dem
Spiel Korffs nie den Eindruck des Mosaikartigen
nicht zum Fünfakter hätte auschwellen müssen.
weiten Land seiner Seele — in den Möglichkeiten
erweckt, sondern ebenso charakteristisch in den im¬
Herr Arnold Korfs, der am Burgtheater
und Dispositionen der Seele — sich auskennt. Auf
pulsiven Uebergängen der Affekte ist wie in der
nicht nur die Rolle des Fabrikanten Hofreiter
die Frage, warum Genia nicht Korsakows Geliebte
an Zwischeniönen reichen Konversation.
inne hat, sondern kreiert hat, ist ein Schnitzler¬
wurde, den sie doch liebte (vielleicht nicht genug),
Neben Herrn Korff hat Frau Laßmann,
antwortete sie dem Mann: „Ich hätte nicht können.
Darsteller, der die innigsten Wünsche des Dichters
die sich in letzter Stunde in das Studium der
Weiß Gott, warum?“ Weil sie ihren Mann doch
befriedigt ohne seine Zuhörer und Zuschauer zu
Rolle der Genia stürzen mußte, die Interessen der
vernachlässigen. Man war erfreut, diesen Künstler
liebt! Weiß sie es schon? Oder lügt sie ihn jetzt an,
unglücklichen Gattin mit feinem Takt und fester
kennen zu lernen, der in den Grenzen seines Be¬
Einfühlung wahrgenommen. Besonders ein¬
oder betrügt sich selbst sagt sie die ganze Wahrheit reiches ein untadeliger Meister ist. Man könnte) drucksvoll gelang ihrem intelligenten Spiel die