II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 652

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Rioie & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21!
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„Das weite Land“ im Residenz Theater. Wenn Arthur
Schuitler, wie er es in dieser Tragikomödie versucht, zu mora¬
lisieren beginnt, so wird er lungweitig. Das bewies dies in
Ben vor einem Jahrzehnt mit kurzer Libensdauer aufgeführte
#iel gestern aufs neue. Es führt uns in der Tat durch ein
A##es Land, ober diesem fehlt die interessierende große Linie, und
wreinzelt stößt man auf grüne Oasen in diesem grauen Eineriei
eines Stückes, bei dem alles unwahr ist; zumal der Kunliesselt
des Duells amSchluß. War das bei dieser völlig herunterge¬
kommenen Gesellschaft — fast muß man sagen Bande — nötig?
So konnte auch der laute Voifall des Rotterschen Stammpublikums,
wrgs necheedurch Neugierige verstärkt wurde, denen der in letzter
Zeit so viel genannte Name Schnitzler besondere „Genusse“ ver¬
sprach, nicht darüber hinwegtäuschen, daß diesem Zwitterwesen
von Moral und Verderbtheit nur ein Achtungserfolg beschieden
war. Und wenn Arnoid Korff mit einer geradezu genialen
Gestaltungskraft nicht alls der undankbaren und schiefen Rollef“
des
Fabrikanten Hofreiter ein
Stück interessanten
sympathischen Menschontumsgeschaffen hätte, so wäre
das Stück —malt durchgerasielt. Trotz Irene Triesch
die
sich
eigentlich
darüber
Klar
sein müßte,
daß
in Schnitzlerschen Stücken für klassische Heroinen kein Platz
I vorhanden ist. Besser waren die beiden Mütter der Wiener jeu¬
tesse doré Rose Bertens und Gisela Schneider¬
Nissen Ebenso wußte Gertrnd Welker als demi-vierge
den richtigen Ton zu treffen. Aber die Herrenrollen! Mit Aus¬
nahme des durch Krankheit entschuldigten Josef Klein als
Dr. Franz Maur blieben sie von einer geradezu verblüffenden
Stillosigkeit. Eine gewisse gesellschaftliche Nonchalance ist nicht
geeichbedentend mit lümmelhaftem Herumflegeln.
Hier muß
Arnold Korffs starke Regiekunst mal gründlich durchgreifen. Summa:
Das Stück war — sagen wir mal milde —— nicht kurzweilig. Und
das deutet im Residenztheater auf ein baldiges Ende hin. Was
süir nicht bedauorn.
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Riote & Seialr
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 45, Georgenkirchplatz 21!
Velkszeitung
Zeitung:
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Datum:8
Schnitzler: „Das weite Land“.
Residenztheater.
(Tab“,wein Land“ ist das Gebiet der Beziehungen der Geschlechter
zueinauper, das, obwohl ewig durchforscht, noch keinen Hedin oder
Stankeh fand. Auch Schnitzler fand die Wege nicht. Am aller¬
wenigsten in diesem Drama, das die drei Menschen, die sich in dem
weiten Land verloren haben, von einem Massenaufgebot von neben¬
sächlichen Personen und über das Erträgliche hinausgezogenen
Redereien erdrücken läßt.
Der Mann, den die Natur zum Ehebrecher geboren hat, dessen
Willen es nicht verhindern kann, immer wieder in neue Abenteuer
zu stürzen, ist bei Schnitzler nur in der Tändelei glaubhaft, da, wa
er im tragischen Moment steht, vermißt man die tragfähige Brücke.
Auch der Schritt der Frau, die, ihrem Stolz vor dem Gatten zuliebe,
einem jungen Mann das Zimmer öffnet, erscheint nicht zwingend.
nicht schicksalgewollt. Er ist geschrieben. Gedichtet.
Von dem, was um die beiden Menschen herumirrt, sei nicht
weiter gesprochen. Der Dramatiker von heute, ja: Schnitzler von
heute würde auf diesen Rahmen verzichtet haben, der das Auge vom
Bilde ablenkt.
Daß die Tragödie dennoch — auch zwei Jahrfünfte, nach ihrer
ersten Aufführung — tiefe Wirkung löste, ist wesentlich der hohen,
wenn auch nicht einheitlichen Darstellung zu danken. Dem Regisseur
Korff hätte vom Schauspieler Korff eine energischere Hand aus¬
geliehen werden müssen.
Denn der Schauspieler hätte noch immer über viele Vergleiche
hinaus Bewundernswertes geben können. Wie dieser Künstler sich
gibt, so schier ohne jegliche Mühe, ohne jeden Ansatzt das ist kostbares
künstlerisches Leben, herrliche Schule (wenn es auch eine von
gestern ist).
Heinrich Schroth spielte den Bankier Nakter mit stärkster
Nüancierung, und Josef Klein gab dem Doktor echte Schnitzlersche
Ferbe.
Rosa Bertens, in der Rolle der Frau Meinhard, war, wie
stets, von überwindender Eindringlichkeit, und Gertrud Welcker
zeigte zum anderen Male, daß die auf sie gesetzten Hoffnungen be¬
rechtigt waren.
Die Stimme der Triesch über dem Ganzen: Erlebnis, auf¬
richtendes Erlebnis — trotz alledem!
k. v.