II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 668

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24 Das weite-Land
Klose & Seidel
Burcau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
Seitung
0
Zeitung:
Ort:
Breeln
Datum:RRERSeRERRREERR
„Berliner Cheater
— „Tfürn" und „Das weite Land“.
Das Deutsche Theater hat den Bußtag sinngemäß mit!
einer Aufführung des Passionssviels „Ostern“ geseiert, das der
grimme Strindberg dichtete, als er sich aus dem Inferno auf den
Weg nach Damaskus rettete. Es war ein frommer Abend, ob¬
gleich die Musik von Haydn sehlte. (Seltsam; jetzt wird fast jedes
Drama irgendwie musikalisch illustriert, hier nahm man dem
Spiel die vom Dichter vorgeschriebene Musik.)
Karlheinz
Martin suchte mit Glück das geringe Dramatische in diesen
weichen und etwas haltlosen Akten herauszuarbeiten. Man hörte
schärfere Akzente als sonst, und manche Szene erhielt eine
Prägnanz, die der Dichter in seiner Karfreitagsstimmung ihr nicht
gegeben hat. Allerdings war Frau Noma Bahn als Eleonore
fallzu prägnant. Das Kind. das somnambule, weiche, fromme!
Kind war ein hysterisches, fast spitzes Mädchen geworden; und sie,
die keinen harten Klang zu hören vermag, ohne daß ihr Körper!
und Seele weh' tun, wandte selber harte und schrille Dönenan.
Wo sie lieblich und kindlich war, merkte man die Mühe, es zu
sein, und wo sie dramatisch wurde, fehlte das Organische, das
Selbstverständliche. Was organisch und naturquellend ist, das
zeigte uns Engen Klöpfer als der große Kinderschreck, der
Wan=Wau, der bärbeißige, gutmütige St. Nicolaus mit der Rute.
Auch Emilie Unda, die in Berlin bisher me verraten konnte,
was sie zu leisten vermag, weil sie immer falsch beschäftigt wurde,
konnte endlich zeigen, daß der Münchener Ruf einer trefflichen
Strindberg=Spielerin bearündet ist. Das Zimmer der unglück¬
lichen Familie war fast ganz in Weiß gehalten, es war ein
nebliges, milchiges Weiß, das sich selbst auf die gläserne Wasser¬
karaffe erstreckte. Der Beifall war ehrlich.
Am Abend darauf wurden wir im Residenz=Theater
von Schnitzlers linder Hand in „Das weite Land“ der
SeelenAebe geführt. Wieder ein Reigen. Liebes¬
slämmlein zucken hierhin und dorthin, vereinen sich zu Bränden.
Zwei Menschenleben fallen. Tugend, Treue, Untreue, Schuld,
Nichtschuld wirren durcheinander, und alles dreht sich, wie, sthts
bei Schnitzler, in melancholischem Reigen um Liebe und ushts
als Liebe. Und das 10 Jahre alte Spiel endet mit Fragezeichen,
mit mehreren Fragezeichen. Der Wiener Korsf (der auch die
Regje führte), Irene Triesch (vor Jahren schon im Lessing¬
theater in der gleichen Rolle tättal, Rosa Bertens waren die
rühmlichen Hauptträger der Aufführung, die nicht ausgeglichen
war, die schwingende Stimmung zuweilen zerriß, hier und da
vergröberte, aber starken Beifall fand.
Jatob Sherek.
Riole & Seider
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin HO. 45, Georgenkirchplatz 21
Welt am Montag
Zeitung:


erlin
SI.
Datum:
7 1 M00 102
Residenz=Theater.
Die Direktion Rotter hat eine feine Spürnase.
Augenblick da Schnitzlers Name infolge des Reigen¬
inf aller Munde ist, bringt sie sein Gesellschaftsdrar
wklite Land“ neu heraus, das eine einzige Geiße
verlogenen Moral der sogenannten guten Gesellschaft ist.
dem Dichter damit fast eine noch eindrucksvollere Genugtuung
geben, wie dies dem verständigen Gericht in Moabit möglich war.
Regie und Darstellung, vom gleichen Bestreben beseelt, verhalfen
dem Werke zu einer voll gelungenen Wiedergabe. Irene
Triesch' abgeklärter Kunst gelang es alle Schwingungen der
beleidigten Frauenseele widerzuspiegen, während Arnold
Korff für ihren eitlen, flatterhaften Gheherrn stets den rechten
Ton fand. Dann Josef Kleins unglücklicher Du Maur,
Gertrud Welkers liebegireendes Grozstadtpflänzchen.
Harry Hardts frischer Fähnrich und alle anderen. Eine be¬
sondere Froude: einmal wieder Rosa Bertens und Franz
Schönfeld zu begegnen.