II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 669

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24. Das weite Land
Klose & Seidel
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Zeitung:
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Ort:
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HOU. 1001—
S
Berliner Theater=Woche,
streicher, von dessen leidenschaftlicher Sehnsucht ein Gefühl von bedeutete der riosige
Heiligkeit auf jedermann übergehen soll, und der dabei als eine ganz
Unser Berliner Theaterkritiker schreibt uns:
der Gewalt der Mu
schwache Kreatur von einer Verführung in die andere durch Lügen,
Als Edmund sah m
Schmutz und Verbrechen taumelt. Ihm folgt die andere Haüptgestalt
Die Berliner Bühnen haben in dieser Woche wieder so Massesthäft
jendes Talent heran
des Stückes der zweifelnde Thomas, der in seiner reinlichen Stube
und zum Teil so gleichzeitig Premièren ausgeschnitten, daß es auch dem
Friedrich Kay
grübelnd Gott suchte und von der Lebenskraft des Fremden unwider¬
##friasten Besucher icht möglich war, sie alle zu sehen, und daß der
Aehnlichkeit mit den
stehlich angezogen wird. Schließlich erreicht er den heiligen Sünder,
Berichterstatter sich wenigstens bei einigen dieser welterschütternden
Unreisem aber doch
um von ihm das gut russische Geheimnis zu erfahren: daß der Weg
Ereignisse mit der bloßen Aufzählung begnügen muß. Also die Ge¬
Vater aber stand al
zu Gott durch die Hölle führt und daß die eigentliche Sünde ist, nicht
bruder Rotter haben für ihr Residenztheater das alte
Stück von Art
gesündigt zu haben. —
schied durch seine zu
Das alles ist weder sehr selbständig erdacht
LSchnitzler „Das weite Land“ gela
Mit einer Fülle
part, das uicht gerätt zu den zartesten und tiefsten Merken Wie¬
noch fünstlerisch sehr gekonnt; die Gestalten gewinnen kein überzeu¬
Kayßler den kon
ners gehort und wahrscheinlich gerade deshalb für dieso Buh.e noch
gendes Lehen, weil ihre Handlungen sehr schematisch und vom lyvisch
Blutes zarten Mon
zugfräftig zu machen geht, und sie haben eine Reihe zum Tuil recht
elstatischen Worterguß ganz überschwemmt sind. Aber trotz allem
in der verzweifelten
namenhafter Schauspieler (die Triesch die Bertens, Arno
lebt in einigen Szenen, in einigen Wendungen ein echtes, suchendes
sinns. Eine schausp
5 Karsf sind darunter) für dies Unternehmen in Bewegung“gesetzt.
#menschliches Gefühl, das auf eine Zukunft dieses Dichters hoffen läßt.
das Gewicht-dieser 7
Das Theater am Zoo grub ein altes Lustspiel von Lud¬
Dies problematische Erstlingswerk, das der Regisseur Bernhard
wig F
Reich mit Sorgfalt und Geschmack, freilich ohne wirklich bezwin¬
a „Der Dummkopf“ aus, um barin dem Hof¬
burgschauspieler Treßler eine Gastierrolle zu geben. Und in der
gende Menschendarsteller, inszeniert hatte, fand einen anerkennenden
Köniagrätzerstraße wurde für Ludwig Hartau Wede¬
Beifall, der allerdings mit dem Protest der Unzufriedenen ziemlich
heftig zu kämpfen hatte.
##nds schon viel gegebenes Werk „Hidalla“ wieder einstudiert.
Gleichfalls schon zum vierten oder fünften Male erschien auf den
Auch das wichtigste Ereignis dieser Theaterwoche wor ein Werk
Berliner Brettern am Bußtag Abond Strindbergs „Ostern“,
der Volksbühne. In ihrem großen Hause am Bülowplatz
das Passiwisspiel das mit so vielen ergreifenden, seinen Einzelzügen
wagte sich der Regissenn Jurgen Fehling an das gewaltigste
ein im ganzen jo lindlich grobes Lesebuch=Beispiel gibt für den Hoch¬
Werk der dramatischen Literatur, on Shakespeare Weltuntergangs¬
mut, der gebeugt, und die Demut, die belohnt wird Karlheinz
Gedicht „König Lear“. Er bestand in diesem schwersten Kampfe
Martin hatte wohl um sich nach den nur halb verschuldeten Un¬
aufs rühmlichste und hätte vollig gesiegt, wenn er den rein lechnischen
#ucksfällen seiner Zirkusinszenierung zu rehabilitieren, dies Stück in
Notwendigkeiten mehr Rechnung getragen und nicht seine eigene Wir¬
Eene gesetzt, und in der Tat eine sehr schöne, zart abgetönte und doch
lung durch eine fast sechsstündige Dauer der Vorstellung gelähmt
verhaltnismäßig lebenskräftige Aufführung erreicht. Allerdings stand
hätte. Es war sehr rühmlich, im Gegensatz zu den üblichen Inszenie¬
ihm eine außerordentliche gute Besetzung zu Gebote; vor allen Din¬
rungen, die namentlich die zweite Halfte des Werkes eiend zusammen
###en kannte Emilie Unda in der Rolle einer Strindbergschen Mut
zu streichen pflegen, nahezu alle jene Szenen zu bringen, die dies
ter eigentlich den Berlinern zum ersten Mal zeigen, wos für eine
erhabene Schicklalsgewebe zusammenknupfen, aber da mußte die Zeit
Künstlerin in ihr steckt; diese innere Gehetztheit, diese böse Stumpf
durch schnellste Verwandlungen lückenlosen Vorwärtsgang eingebracht
heit war nicht minder ergreifend wie der ganz schlichte Ton der Liebe.
werden. Die Umbauten vollzogen sich aber so schwerfällig, daß die
die schließlich diese arme verirrte Seele überflutet und rein wäscht.
Pausen zuweilen länger waren als die Spielzeit! Man hätte ohne
Nicht minder ausgezeichnet waren die beiden Kinder: Roma Bahn
Schaden manche Schauplätze zusammen legen und gewisse Szenen so
hektisch schön, lieblich und unheimlich, Haus Brausewetter
vereinsachen konnen, daß sie auf die Drehbühne hätten gesetzt werden
wahrhaft rührend jung und frisch. Und ganz wundervoll wieder
können. Von diesem technischen Manko abgesehen, war aber auch
Eugen Klöpfer, der den scheinbosen Riesen, den gütigen Weih¬
das szenische ausgezeichnet. Der Maler Strohbach hat hier nahe¬
nachtsmann die Vorsehung dieses Fibelstückes ebenso herzhaft wirklich
zu vorbildlich die Mitte zwischen dem nötigen Mindestmaß der Illu¬
wie phantastisch groß darzustellen mußte.
sionen und monumentaler Vereinfaibung getroffen. Und diese recht¬
Aus der Schule Strindbergs kommt, wie all die jungen Leute
eckig weißen Mauern, diese Pfeiler, Säulen und weiten Erdwellen
des epressionistischen Dramas, der Wiener Paul Baudisch, des
gaben auch die düster heroische Stimmung der Dichtung ausgezeich¬
sen Erstlingswerk die Volksbühne in ihrem kleinen Theater in
net. Die Menschen hatte Fehling nach Möglichkeit auf jene höchst
der Köpenickerstraße als Sonderaufführung herausbrachte. Das Werk
gespannte leidenschaftliche Energie eingestellt, von der diese Tragödic,
nennt sich „Passion“ und wenn seine Szenentechnit gonz von
der sich selbst zerstorenden Königskraft lebt. Wo nicht die Innerlich=
Strindberg ist, so nimmt es Leitmotiv und Hauptgestalt recht aus dem
keit reicher Schauspieler ausgestoltend hinzutritt, entstcht da leicht
ein außerlich anmutenden Larm, und nicht überoll reichte das
Hern der russischen Literatur. Denn im Mittelpunkt steht ein Land= Ensembie der Volksbühne aus. Eine angenehme Ueberraschung aber