II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 691

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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
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Rostocker Anzeiger
Rostock
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Rostocker Stadttheater.
Das weite Land.
Tragikomödie in 5 Akten von Arthur Schnitzler.
Schnitzler hat in diesem Jahr seinen 60. Geburts¬
tag gefeiert und darum sprach der Spielleiter Herr
Donadt von Beginn des Spiels über den Dichter
und sein Werk. Er traf das Eigentliche und gab das
Richtige.
Schnitzlers, „Das weite Land“ ist halb Leben“
und halb Betrachten. Eins bricht das andere. Zum
rein Tragischen sind diese Menschen des Salons nicht
ursprünglich, bewegt=leidenschaftlich genug, zur Ko¬
mödie fehlt ihnen der leichte sprudelnde Frohsinn.
Sie sind zu klug und haben zu viel Psychologie.
Sich selbst nehmen sie nicht mehr ernst, aber vor den
andern suchen sie den Ernst, halb feierlich und halb
überlegen, zu wahren. Nur ihr Verstand ist weit,
aber ohne Tiefe, denn sie kennen nur die Welt, soweit
sie Gesellschaft ist, an allen andern Kräften ist ihre
Seele arm. Die Menschen sind Knäuel, nicht aus
einem starken Faden geschlungen, vielmehr aus bun¬
ten Fädchen zusammengewirrt. Und nun ergreift
mit kühlem Bedacht, mit leiser Ironie der Dichter
spielend bald dies, bald jenes Fädchen und spinnt
ein Gewebe, das anzieht, weil es dem Psychologen
interessant ist, das aber nicht ergreift und Staunen
weckt, weil seine Farbe das graue Einerlei des
modischen Gesellschaftslebens ist. Nicht das packende
Leben erfahren wir, wir sind nur Hörer von Dialo¬
gen über selische Regungen. Schnitzler ist Arzt und
anatomisiert seinen Gegenstand, die Seele. Nur das
überlegene Wissen um ihr Selbst gibt den Menschen
die Haltung; „In uns zog nie ein Selbstvergessen
ein
Und um sie das gepflegte Milieu:
der feine Garten mit den prächtigen, duftlosen Blu¬
men, das moderne Hotel, der vornehme Sakon. Diese
Umwelt ist notwendiges Zubehör, und Herr Do¬
nadt hatte mit den Mitteln unseres Theaters
getan, was möglich war. Besonders der Hintergrund
des Gartens und der Salon im letzten Akt konnten¬
gefallen.
Die Mischung von überlegenem Wissen und letzten
Resten menschlich lebendiger Ursprüngsichkeit zu
spielen, ist ein schwieriges Unternehmen. Der Fried¬
rich Hofreiter des Herrn Langewisch und die
Genia des Frl. Ilsche stellten ihre Rollen trefflich
dar, so weit sie bewußt Wissende waren. Im Hotel
hätte ich den Hofreiter im Spiel mit der Erna mehr
dringlich=triebhafter sehen mögen und am Ende etwas
wenig ergriffen pathetisch. Frl. Ilsche führte ihr
Spiel einheitlich durch, sie hätte es noch wirksamer
im Sinne Schnitzlers gemacht, wenn sie das rührend
Menschlich=Weibliche mehr zugunsten des starr Be¬
wußten hintangestellt hätte. Sie liebt ihren Mann,
und ihre Liebe zu dem Fähndrich ist nur ein Spiel
zu dem Herzen ihres Gatten hin. Ist der Genia
Herz wirklich so leidenschaftlich bemegt um den farb¬
losen, mehr als jugendlichen Otto des Herrn
Weiße? Restlos überzenaten die Adele der Erna¬
Braune und die Frau Wahl der Ella Heiderich¬
und vor allem die treffliche Erna Wahl der Edith¬
Merten. Viel berechtiate Heiterkeit lösten die Ko¬
mik des Schriftstellers Rhon, den Henry Vahl gab,
und des Dr. Meyer aus. den Herr Marlow spielte.
Und seine Freude mußte jeder haben an dem richtigen
Schnitzlerschen Menschen Albert Rucks, der den
Dr. von Aigner darstellte und der in mehr als
einem Punkt von seiner Gattin abstach.
Dr. Kz.
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