24. Das veite Land
Lessing-Theater
Sonnabend, den 29. Novemnber, 7 Uhr:
Eröffnungsvorstellung der Schauspielsaison:
DasweiteLand
MARIA KARStE/ ∆T von Arthur Schnitzler
Iirene Triesch, Arnold Korff, Adele Sandrock, Julius Falkensteln,
Olga Limburg, Georg Alexander, Schneider-Nissen, Heinrich Schroth,
Hansi Burg, Josef Klein, Ellen Tletz, Berthold Rosé u. a. m.
Bis Donnerstag, den 27., finden täglich 8 Uhr die Vorstellungen der grossen Revue
„Wien gibt acht“ statt. — Am Freitag, den 28. Nov. bleibt das Theater geschlossen.
Heute, nachmittag 4 Uhr, Kindervorstellung: Hänsel und Gretel.
Kritische Telegramme.
Ai-Theater. (#r
Neuerössnung des Lessingtheaters.
Beim Einzug ins Lessingtheater erwies die
Direktion Rotter der Brahm=Barnowskyschen
Ueberlieferung ihre Neverenz, indem sie Artur
Schnitzlers Schauspiel „Das weite Land“ an
gleicher Stelle vor 13 Jahren aus der Taufe
gehoben, hervorholte. Wie kürzlich bei Schnitz¬
lers „Einsamem Weg“, spürte man abermals
den seltsamen Gegensatz zwischen diesen Spiege¬
lungen der weichen, müden Wiener Vorkriegs¬
kultur und dem Geist unserer, durch grimmiges
Erleben gehärteten Gegenwart. Man fragt sich
bei dieser verwöhnten Gesellschaft, die nichts
als erotischen Kitzel im Kopfe hat: „Haben die
50
Leute wirklich gar keine anderen Sorgen?" Aber
wieder nahm gleichwohl des Dichters Kunst
weltmännischer Plauderei, seine feine Lebens¬
weisheit und Menschenkenntnis die Hörer ge¬
fangen. Irene Triesch ergriff heute, wie da¬
mals 1911, durch die wunderbare Beseelung der
weiblichen Hauptfigur, durch ihre Meisterschaft
verhaltener Empfindung, durch die beredte
Sprache ihrer dunklen Augen. Neben der tiefen
Gefühlswärme dieser Frau geriet ihr Gatte und
Gegner, der Fabrikant, Frauenverführer und
Teufelskerl bei Arnold Korff doppelt kalt und
äußerlich. Auch die übrige Aufführung war
nur ein erster Versuch, dem alten Lessing¬
Theater=Niveau nahezukommen. In kleineren
Rollen traten Adele Sandrock und Ferdinand
Bonn, beide immer noch in den vorderen Reihen
marschierend, sowie Heinrich Schroth hervor.
—rn.
Dr. Max Goldschmiet
Büro für Zeitungsausschnitte
BERLIN N 4
Teleion: Norden 3051
Ausschnitt sus:
Der Tag, Berlin
29. No
Geeiter-
„Das weite Land“ am Friedrich¬
Karl=Afer.
Zur Wiedereröffnung des Lessing=Theaters.
Die Waffen ruhen. Des Krieges Stürme
schweigen. Auf blut'ge Schlachten, — nein,
Gesang und Tanz folgen nicht. Die hat
man im Gegenteil schon mittels Revue
vorweggenommen. Nicht ein Wiener Tanz¬
mädchen blieb zurück. Alle, alle zogen sie
hinaus ins weite Land und ließen die Gebrüder
Rotter mit ihrem — Glück oder Schmerz endlich
erteilter Konzession, wer wagt das zu unter¬
scheiden, mutterseelen allein.
Also der Krieg ist zunächst aus. Ein ganzes
Waffenarsenal nicht immer klarer Einwände Un¬
beteiligter reichte nicht, um zu verhindern, daß
Brahms und Victor Bar¬
use Otto
nun im
nowskys wieder ernsthafte Komödic gespielt wird,
daß hier wie früher auch. Schnitzler, Hauptmann,
inem,
dürfen, vor
werde
Ibser
von
un
igen
che
Publikum und Kritik. Und, damit auch das letzte
er Deutsche
dei
hr
1
nun auch
rektor, beim Rotter=Konzern,
ört, das Amt eines Syn¬
heater
ernehmen.
nd
in
cheint also alles i
einmal zu
lachwelt wird
war,
es
ent
zier¬
hreren Verli
ten, das
aterleitung andaue
ren Bühne
g
uf einer n
n.
sodaß
n schicken
pf mit
mußt
das Lessing¬
Es darf also von heute abend
Theater wieder Lessing=Theater sein, Publikum
rt, wieder
as Recht
ist gnäd
und Kr
ie Kunst
selbständig auch an
Das Selbstver¬
urteilen.
an Rotter=Bühnen
mTrotz, im
llen Quertreibereie
e he
gen. und
Sinne den
r noch nicht
nur die wenigen Leute, die sich ir
nnen, sich über gewisse Dinge in
abgewöhnen
rdie Köpfe
wundern werden weit
Berlin
schütteln.
Als Eröffnungsstück wurde Schnitzlers „Das
ewssen
iner
Nach
weite Land“ gewählt.
Die
ist
Methode die gar nicht unn
„versemten“ Brüder Alfred und Fritz Rotter
lan, ihre am
verfolgen nämlich zunächst den
eich auf¬
erfolg
Residenz= und Kleinen Theate
geführten Stücke auf dem „geheiligten“ Boden des
Brahm=Hauses wo sie einst am 8. Januar 1909
debutierten,
mit ihrer „Akademischen
in gleicher Besetzung und Inszenierung weiter
zu geben, also einer breiteren Oeffentlichkeit
gegenüber gewissermaßen ihren „Befähigungs¬
nachweis“ zu erbringen. Die Tr
esch, Korff,
Schroth Georg Alexander Falken¬
stein, Josef Klein, Ferdinand Bonn,
Olga Limburg, die Schneider=Nissen,
Adele Sandrock siedeln in ihren größeren
oder kleineren Rollen sämtlich mit hinüber.
Dr. Kanehl führt auch hier die Regie. Kurz¬
um — rein äußerlich ist an diesem Ereignis
schwerlich etwas auszusetzen. Denn auch die
seuerpolizeilichen Vorschrifton, denen die Rotters
an ihren anderen Bühnen nicht immer genügt
haben sollen, und für die nun ebenfalls der ge¬
schäftsführende Direktor mit seiner Person haftet,
dürften für das Lessing=Theater, das tadellos
liegt und gebaut ist, schwerlich in Frage kommen.
Auch das übrige Repertoire der nächsten.
Wochen soll so eine Art Programm der Ueber¬
siedlung bedeuten. Nicht etwa von Wien nach
Berlin. Nur so vom hiesigen Osten nach dem
Westen. „Die Frau ohne Bedeutung", „Pro¬
fessor Bernhardi“, verschiedene Stücke von Ibsen
und Shaw.
So wenigstens berichtete mir Direktor Al¬
Lessing-Theater
Sonnabend, den 29. Novemnber, 7 Uhr:
Eröffnungsvorstellung der Schauspielsaison:
DasweiteLand
MARIA KARStE/ ∆T von Arthur Schnitzler
Iirene Triesch, Arnold Korff, Adele Sandrock, Julius Falkensteln,
Olga Limburg, Georg Alexander, Schneider-Nissen, Heinrich Schroth,
Hansi Burg, Josef Klein, Ellen Tletz, Berthold Rosé u. a. m.
Bis Donnerstag, den 27., finden täglich 8 Uhr die Vorstellungen der grossen Revue
„Wien gibt acht“ statt. — Am Freitag, den 28. Nov. bleibt das Theater geschlossen.
Heute, nachmittag 4 Uhr, Kindervorstellung: Hänsel und Gretel.
Kritische Telegramme.
Ai-Theater. (#r
Neuerössnung des Lessingtheaters.
Beim Einzug ins Lessingtheater erwies die
Direktion Rotter der Brahm=Barnowskyschen
Ueberlieferung ihre Neverenz, indem sie Artur
Schnitzlers Schauspiel „Das weite Land“ an
gleicher Stelle vor 13 Jahren aus der Taufe
gehoben, hervorholte. Wie kürzlich bei Schnitz¬
lers „Einsamem Weg“, spürte man abermals
den seltsamen Gegensatz zwischen diesen Spiege¬
lungen der weichen, müden Wiener Vorkriegs¬
kultur und dem Geist unserer, durch grimmiges
Erleben gehärteten Gegenwart. Man fragt sich
bei dieser verwöhnten Gesellschaft, die nichts
als erotischen Kitzel im Kopfe hat: „Haben die
50
Leute wirklich gar keine anderen Sorgen?" Aber
wieder nahm gleichwohl des Dichters Kunst
weltmännischer Plauderei, seine feine Lebens¬
weisheit und Menschenkenntnis die Hörer ge¬
fangen. Irene Triesch ergriff heute, wie da¬
mals 1911, durch die wunderbare Beseelung der
weiblichen Hauptfigur, durch ihre Meisterschaft
verhaltener Empfindung, durch die beredte
Sprache ihrer dunklen Augen. Neben der tiefen
Gefühlswärme dieser Frau geriet ihr Gatte und
Gegner, der Fabrikant, Frauenverführer und
Teufelskerl bei Arnold Korff doppelt kalt und
äußerlich. Auch die übrige Aufführung war
nur ein erster Versuch, dem alten Lessing¬
Theater=Niveau nahezukommen. In kleineren
Rollen traten Adele Sandrock und Ferdinand
Bonn, beide immer noch in den vorderen Reihen
marschierend, sowie Heinrich Schroth hervor.
—rn.
Dr. Max Goldschmiet
Büro für Zeitungsausschnitte
BERLIN N 4
Teleion: Norden 3051
Ausschnitt sus:
Der Tag, Berlin
29. No
Geeiter-
„Das weite Land“ am Friedrich¬
Karl=Afer.
Zur Wiedereröffnung des Lessing=Theaters.
Die Waffen ruhen. Des Krieges Stürme
schweigen. Auf blut'ge Schlachten, — nein,
Gesang und Tanz folgen nicht. Die hat
man im Gegenteil schon mittels Revue
vorweggenommen. Nicht ein Wiener Tanz¬
mädchen blieb zurück. Alle, alle zogen sie
hinaus ins weite Land und ließen die Gebrüder
Rotter mit ihrem — Glück oder Schmerz endlich
erteilter Konzession, wer wagt das zu unter¬
scheiden, mutterseelen allein.
Also der Krieg ist zunächst aus. Ein ganzes
Waffenarsenal nicht immer klarer Einwände Un¬
beteiligter reichte nicht, um zu verhindern, daß
Brahms und Victor Bar¬
use Otto
nun im
nowskys wieder ernsthafte Komödic gespielt wird,
daß hier wie früher auch. Schnitzler, Hauptmann,
inem,
dürfen, vor
werde
Ibser
von
un
igen
che
Publikum und Kritik. Und, damit auch das letzte
er Deutsche
dei
hr
1
nun auch
rektor, beim Rotter=Konzern,
ört, das Amt eines Syn¬
heater
ernehmen.
nd
in
cheint also alles i
einmal zu
lachwelt wird
war,
es
ent
zier¬
hreren Verli
ten, das
aterleitung andaue
ren Bühne
g
uf einer n
n.
sodaß
n schicken
pf mit
mußt
das Lessing¬
Es darf also von heute abend
Theater wieder Lessing=Theater sein, Publikum
rt, wieder
as Recht
ist gnäd
und Kr
ie Kunst
selbständig auch an
Das Selbstver¬
urteilen.
an Rotter=Bühnen
mTrotz, im
llen Quertreibereie
e he
gen. und
Sinne den
r noch nicht
nur die wenigen Leute, die sich ir
nnen, sich über gewisse Dinge in
abgewöhnen
rdie Köpfe
wundern werden weit
Berlin
schütteln.
Als Eröffnungsstück wurde Schnitzlers „Das
ewssen
iner
Nach
weite Land“ gewählt.
Die
ist
Methode die gar nicht unn
„versemten“ Brüder Alfred und Fritz Rotter
lan, ihre am
verfolgen nämlich zunächst den
eich auf¬
erfolg
Residenz= und Kleinen Theate
geführten Stücke auf dem „geheiligten“ Boden des
Brahm=Hauses wo sie einst am 8. Januar 1909
debutierten,
mit ihrer „Akademischen
in gleicher Besetzung und Inszenierung weiter
zu geben, also einer breiteren Oeffentlichkeit
gegenüber gewissermaßen ihren „Befähigungs¬
nachweis“ zu erbringen. Die Tr
esch, Korff,
Schroth Georg Alexander Falken¬
stein, Josef Klein, Ferdinand Bonn,
Olga Limburg, die Schneider=Nissen,
Adele Sandrock siedeln in ihren größeren
oder kleineren Rollen sämtlich mit hinüber.
Dr. Kanehl führt auch hier die Regie. Kurz¬
um — rein äußerlich ist an diesem Ereignis
schwerlich etwas auszusetzen. Denn auch die
seuerpolizeilichen Vorschrifton, denen die Rotters
an ihren anderen Bühnen nicht immer genügt
haben sollen, und für die nun ebenfalls der ge¬
schäftsführende Direktor mit seiner Person haftet,
dürften für das Lessing=Theater, das tadellos
liegt und gebaut ist, schwerlich in Frage kommen.
Auch das übrige Repertoire der nächsten.
Wochen soll so eine Art Programm der Ueber¬
siedlung bedeuten. Nicht etwa von Wien nach
Berlin. Nur so vom hiesigen Osten nach dem
Westen. „Die Frau ohne Bedeutung", „Pro¬
fessor Bernhardi“, verschiedene Stücke von Ibsen
und Shaw.
So wenigstens berichtete mir Direktor Al¬