24. Das geite-Land
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Ernst Decsey.
Deutsches Volkstheater. Arnold Korff war vor un¬
gefähr dreizehn Jahren ein Star im Burgtheater. Als solcher
verließ er, einem lannenhaften Impuls folgend, unsre erste
Sprechbühne. Seither war er ein Wandervogel. Nun scheint
er seßhaft werden zu wollen. Er hat nämlich im Deutschen!
Volkstheater ein ständiges künstlerisches Heim gefunden. Vor¬
gestern stellte er sich dem Publikum dieser Bühne als der
Fabrikant Hofreiter in Artur Schnitzlers fünfaktiger Tragi¬
komödie „Das weite Land“ vor. Man kennt das Stück
vom Burgtheater her, wo Korff diese Rolle kreierte. Dort hat
er sie als Virtunse gespielt. Jetzt hat er sie als scharmanter,
vollendeter Techniker und als tief schürfender Künstler gestaltet.
Sein alternder Scharmeur ist nicht zerfahren, sondern, so bunt
er auch schillert, einheitlich geschlossen. Man spürt, daß er
seine Frau heiß liebt, trotzdem er in seiner dünkelhaften
Herrenmoral von Genuß zu Begierde und von Begierbe zu
Genuß taumelt. Jeder Betrug an seiner Frau ist nämlich ein
Experiment, ist eine stumme Frage: „Liebst du mich trotzdem?“
Eine glühende Frage, auf die er eine stumme, glühende Be¬
jahung erwartet. Es ist ein geistiger Sadismus! Daher seine
dumpfe Wut, als sich seine Frau endlich aufbäumt und Ver¬
geltungsrecht an ihn übt. Korff hat auf diese Weise der Ge¬
stalt, die sonst zerflattern würde, erst einen Kern verliehen
und sie überdies aus Eigenem mit einer den Wortlaut des
Textes überragenden Geistigkeit ausgestattet. Da sieht man
— ein seltenes Schauspiel — einen mitschörferischen Künstter
am Werke. Das empfand das Publikm. Daher denn auch
der stürmische Beifall, der ihn den ganzen Abend hindurch
G
P
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Ernst Decsey.
Deutsches Volkstheater. Arnold Korff war vor un¬
gefähr dreizehn Jahren ein Star im Burgtheater. Als solcher
verließ er, einem lannenhaften Impuls folgend, unsre erste
Sprechbühne. Seither war er ein Wandervogel. Nun scheint
er seßhaft werden zu wollen. Er hat nämlich im Deutschen!
Volkstheater ein ständiges künstlerisches Heim gefunden. Vor¬
gestern stellte er sich dem Publikum dieser Bühne als der
Fabrikant Hofreiter in Artur Schnitzlers fünfaktiger Tragi¬
komödie „Das weite Land“ vor. Man kennt das Stück
vom Burgtheater her, wo Korff diese Rolle kreierte. Dort hat
er sie als Virtunse gespielt. Jetzt hat er sie als scharmanter,
vollendeter Techniker und als tief schürfender Künstler gestaltet.
Sein alternder Scharmeur ist nicht zerfahren, sondern, so bunt
er auch schillert, einheitlich geschlossen. Man spürt, daß er
seine Frau heiß liebt, trotzdem er in seiner dünkelhaften
Herrenmoral von Genuß zu Begierde und von Begierbe zu
Genuß taumelt. Jeder Betrug an seiner Frau ist nämlich ein
Experiment, ist eine stumme Frage: „Liebst du mich trotzdem?“
Eine glühende Frage, auf die er eine stumme, glühende Be¬
jahung erwartet. Es ist ein geistiger Sadismus! Daher seine
dumpfe Wut, als sich seine Frau endlich aufbäumt und Ver¬
geltungsrecht an ihn übt. Korff hat auf diese Weise der Ge¬
stalt, die sonst zerflattern würde, erst einen Kern verliehen
und sie überdies aus Eigenem mit einer den Wortlaut des
Textes überragenden Geistigkeit ausgestattet. Da sieht man
— ein seltenes Schauspiel — einen mitschörferischen Künstter
am Werke. Das empfand das Publikm. Daher denn auch
der stürmische Beifall, der ihn den ganzen Abend hindurch
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